check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/2/1 154-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 154-1

Licence : CC BY-NC-SA

Urfehde des Hans Seli von Winterthur wegen Ungehorsams gegenüber der Obrigkeit

1489 juin 27.

Hans Seli, Bürger von Winterthur, schwört dem Schultheissen und Rat von Winterthur Urfehde. Er hatte die Schultheissen Erhard von Hunzikon, Hans Ramensperg und Josua Hettlinger verleumdet, ihm ein Rechtsverfahren vorenthalten zu haben. Darüber hinaus hatte er den Schultheissen und Rat wahrheitswidrig beschuldigt, ihn zu Unrecht inhaftiert zu haben, bezüglich des Schmalzkaufs im Spital den gemeinen Nutzen ausser Acht zu lassen, im Prozess zwischen Jakob Napfer und den Henau parteiisch gewesen zu sein und ihn selbst zum Eid gezwungen zu haben, sich im Konflikt mit Hugo Müller dem Urteil des städtischen Gerichts zu unterwerfen. Er hatte beabsichtigt, seine Klagen vor der Gemeinde zu erheben, wodurch Aufruhr hätte entstehen können. Durch die Fürsprache des Abts von Rheinau, der städtischen Priesterschaft, des Hugo von Hegi und anderer Personen, durch die Bitten seiner Frau und Kinder, und weil er Gnade statt Recht erbeten hat, ist er der Anklage wegen Meineids entgangen und aus der Haft entlassen worden. Er verzichtet auf Vergeltung und verpflichtet sich, nichts mehr gegen den Schultheissen, den Rat oder die Stadt zu unternehmen und ohne Erlaubnis nicht mehr vor die Tore zu gehen. Hält er sich nicht an diese Auflagen, soll man ihn hinrichten. Er verzichtet auf alle Rechtsmittel. Auf seine Bitte siegelt Hugo von Hegi.

  • Cote : STAW URK 1657
  • Date : 1489 juin 27
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 39.0 × 27.0
  • 1 sceau :
    1. Hugo von HegiPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, poli
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Konrad Landenberg

Im Zuge der Unruhen auf der ZürcherLieu : Landschaft, die 1489 zum Sturz des Bürgermeisters Hans WaldmannPersonne : führten (vgl. hierzu den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/1/3 16-1), ereigneten sich auch in WinterthurLieu : mehrere Fälle des Widerstands gegen die Obrigkeit (vgl. STAW URK 1654; STAW URK 1661; STAW B 2/5, S. 365, Eintrag 1; Edition: Gagliardi, Waldmann, Bd. 2, Nr. 287; STAW B 2/5, S. 365, Eintrag 2). Zentrale Vorwürfe gegen die Amtsträger waren Bereicherung und Parteilichkeit bei der Rechtsprechung. Die innerstädtischen Konflikte konnten unterdrückt werden, die Autorität des Schultheissen und RatsOrganisation : blieb letztlich ungefährdet. Zur politischen Lage in der Stadt Ende der 1480er Jahre vgl. Niederhäuser 2014, S. 131, 140; Niederhäuser 1996, S. 171-191; vgl. auch den Überblick über die Haltung der Stadt im sogenannten Waldmannhandel bei Häberle 1972.

Der in den Eidbüchern des 17. Jahrhunderts erstmals überlieferte Bürgereid verpflichtete die Bürger von WinterthurLieu : zu Gehorsam gegenüber dem Schultheissen und RatOrganisation : (winbib Ms. Fol. 241, fol. 1r-v; STAW B 3a/10, S. 1-2). Illoyalität gegenüber der Obrigkeit wurde als Eidbruch gewertet, die Betreffenden galten als «meineidig», vgl. Ebel 1958, S. 37, 40, 134, 137, 158. Zur städtischen Praxis, Delinquenten gegen einen Urfehdeeid, verbunden mit der Stadtverweisung oder anderen Auflagen, aus der Haft zu entlassen, statt sie vor Gericht zu stellen, vgl. den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/2/1 73-1.

Texte édité


Ich, Hanns SeliPersonne : , burger zuͦ WinterthurLieu : , bekenn offenlich mit disem briefe:
Als ich in der ersamen, wisen schulthais und
raute zuͦ WinterthurLieu :
Organisation :
, miner gnedigen herren, vangknuß kommen bin sāchenhalb, das ich us fraͤffenlichem, frigen willen
geredt hab, ire drigQuantité : 3 schulthaißen, namblich Erhart von HuntzikonPersonne : , Hanns RamenspergPersonne : und Josue HetlingerPersonne : , haben mich rechtloß gelaussen, desglichen schulthais und raͤteOrganisation : gemeinlich haben mich zum drittenmaln mit gewalt, wider got, er und recht
getu̍rnt. Sy sigen ouch nit so frōm, das sy den gemeinen nutz betrachten, wie es umb den schmaltzkouff im spitalOrganisation : gange. Sy
sigen ouch in der sach des rechten zwu̍schen Jacoben NapferPersonne : und den HenōwOrganisation : unglich richter gewēsen und ouch mich gezwungen an geschworner eid statt, das recht zuͦ WinterthurLieu : gegen Hugen Mu̍llerPersonne : ōn ferer wēgrung ze nēmen und darby
zuͦ beliben. Das alles ich unwarlich von inen geredt und us eigner boshait willen gehept hab, soͤlichs vor einer gantzer gemeind
zuͦ WinterthurLieu :
Organisation :
, wō ich des bistand erfunden, von den genanten schulthaiß und raͤttenOrganisation : mich zuͦ erclagnen, daruß merglicher
unwillen und vindschaft zuͦ schaͤdlicher uffruͦr dienende zwu̍schen den selben raͤtenOrganisation : und gemeindenOrganisation : erwachsen moͤchte sin.
Sonder mich ouch wolbedachtlich damit zum drittenmaln meineidig worden sin erkennt, deshalb sy mich fu̍r recht gestelt
und mir widerfaren lassen wolten haben, was recht gewēsen waͤre, dann das der erwirdig geistlich herrn Johans Conrat, apte
zuͦ RinowLieu :
Personne :
, ouch die wirdig priesterschaft zuͦ WinterthurLieu : Organisation : , min gnedige herren, durch ir botschaft, desglichen der edel junkherr
Hug von HegiPersonne : und vil wirdig und erber lieb frōwen, edel und unedel, ouch ander erber personen, durch anruͤffen miner
elichen husfrōwen und kinden, so ernstlich und flislich fu̍r mich gebetten, ich ouch fu̍r mich selbs in sachen gnad und nit rechtz
begert, das die genannten min gnedige herren von WinterthurLieu : mich desselben rechten erlaussen und vorab durch got und
gemelter bitt willen mir gnad und barmhertzikait mitgeteilt und usser soͤlcher vangknuß ledig gelaussen.
Darum so hab
ich frig, ledig aller banden, unbezwungen, fu̍r mich, all min erben, fu̍r fru̍nd und fru̍nds fru̍nd, die alle vestenklich hertzuͦ verbunden,
ein uffrecht, redlich urfecht liplich zuͦ got und den hailgen geschwōren ze halten, soͤlche vangknuß und sach, und was sich darunder
verlouffen haut, gegen den obgenannten schulthaisen und raͤteOrganisation : gemeinlich und gmeiner statt WinterthurLieu : , allen den iren
noch gegen den, so an miner vangknuß schuld, raut oder getaut gehept, nieman usgescheiden, niemermer ze anden, ze aͤffern
noch ze rechen durch mich selbs noch yͤmand andern ze tuͦnd gestatten mit worten, wercken, raͤten, getaͤtten, heimlich noch offenlich,
weder mit gericht noch ōne gericht, geistlichem noch weltlichem, suß noch so, in dhein wise. Sonder hab ich ouch in disen eid genommen,
fu̍rohin zuͦ ewigen ziten wider die obgenannten mine herren schulthais, raͤteOrganisation : und gemeine statt WinterthurLieu : mit worten
noch wercken niemermer ze tuͦnd, ouch usser der statt WinterthurLieu : fu̍r die thār ōn ir gunst und wu̍ssen nitmer ze gōnd noch mich
in dhein wise daruß ze fuͤgen.
Wēr aber sach, das got nit woͤlle, das ich an mir selbs so lichtfertig und disen minen eid und urfecht
in einem oder mer puncten und artikel nit hielti, wie sich das fuͦgte, so setz ich, obgenannter Hanns SeliPersonne : , wolbedachtlich uff mich
selbs, das ich alsdann aber ein meineider boͤswicht und ein erloser, u̍beltaͤttiger, verurteilter man heissen und sin sol und das
ouch die obgenannten min gnedig herren, schulthais und raͤte zuͦ WinterthurLieu : Organisation : , und ire nachkomen, oder wēm sy das ze tuͦnd
bevēlhen, zuͦ mir griffen, anfallen und vāhen mu̍gen in gefrigten oder ungefrigten cloͤstern, frighaiten, stetten, doͤrffern,
landen, uff wasser, wō und an woͤlchen enden sy mich betretten mu̍gen, mich hinrichten, schaffen und tuͦn laussen
vom leben zum tod als einen u̍beltaͤttigen, erlosen, verzalten und mit dem rechten verurtailten menschen, der dann sin lib
und leben mit untaͤtten verwu̍rckt und verloren haut. Und sol mich ouch noch alle die minen hievor nu̍tzet schirmen, dhein
unnser antwurt, dhein frighait, recht noch gesatzt, dhein indult, dispensacion, uffhebung, absolvierung, dhein landtfrid, trostung,
reformacion, gleit, stett- noch landtrecht noch sunst, mit nammen nu̍tzetu̍berall, so ich oder yemand ander von mintwāgen
hierinne zuͦ schirm fu̍rziehen, erdencken, ouch hiewider geniessen moͤchten, dann ich mich des alles hierinne gentzlich
verzigen und begeben hab, mit urkund, incraft ditz briefs, geverd und arglist hierinne gantz abgescheiden.
Unnd
des alles zuͦ guͦter, vester sicherhait so hab ich, Hanns SeliPersonne : , obgenant, mit flis erbetten den obgenannten junkher Hugen
von Hegi
Personne :
, minen gnedigen, lieben junkherrn, das er sin eigen insigel fu̍r mich, all min erben und nachkommen,
doch im und sinen erben in allwēg unschaͤdlich, getān hencken haut an disen brief.
Geben an samstag vor
sant UͦlrichsPersonne : tag, nach Cristi gepu̍rt viertzehenhundert achtzig unnd nu̍n jāre
Date : 27.06.1489
.
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso :]
SelisPersonne : urfecht
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Urphed Hans SeliPersonne : zu WinterthurLieu : wegen
lästeren und schmählens über seine obrigkeit,
nimmermehr vor die thür aushin zu gehen,
anno 1489 aDate : 1489

Annotations

  1. Ajout à la hauteur de la ligne par une main du XIXe siècle : 27 JuniDate : 27.06.1489.