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SSRQ ZH NF I/1/3 8-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 8-1

Licence : CC BY-NC-SA

Vergleich des Bischofs von Konstanz in der Auseinandersetzung zwischen Äbtissin Anna von Hewen und Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich betreffend Besetzung des Klosteramtmanns

1470 avril 25.

Hermann von Breitenlandenberg, Bischof von Konstanz, urteilt im Rechtsstreit zwischen Anna von Hewen, Äbtissin des Fraumünsters, und Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich. Seinem Urteil nach soll der durch Bürgermeister und Rat gewählte Klosteramtmann in seinem Amt verbleiben, dasselbe gilt für die durch die Stadt eingesetzten Pfleger. Künftige Klosteramtleute sollen durch Äbtissin, Kapitel und die städtischen Pfleger gemeinsam gewählt werden. Der Amtmann hat sich eidlich zu verpflichten, Nutzen und Ehre der Äbtissin, des Kapitels und des Klosters zu fördern und ausstehende Einkünfte, Zinsen, Zehnten und Renten für das Kloster einzuziehen. Über die Finanzen soll er jährlich gegenüber Äbtissin, Kapitel und den städtischen Pflegern Rechnung ablegen, im Beisein des Rats der Stadt Zürich. Äbtissin und Kapitel steht es zu, Pfründen sowie geistliche und weltliche Lehen zu verleihen. Alle Urkunden, Bullen und Freiheitsbriefe der Abtei, die sich derzeit bei Meister Johannes Häring und anderen befinden, sollen an den dafür bestimmten Ort im Fraumünster zurückgebracht werden. Es sollen drei Schlösser mit drei Schlüsseln zuhanden von Äbtissin, Kapitel und Rat angefertigt werden, damit keine der drei involvierten Parteien alleine Zugang zum Klosterarchiv hat, die darin befindlichen Urkunden behändigen oder verändern kann. Die Regelung der geistlichen Angelegenheiten verbleibt in der Kompetenz des Bischofs von Konstanz. Die vier Frauen, die vor Ausbruch des vorliegenden Rechtsstreits in das Kloster gekommen sind, sollen dort mit Zustimmung ihrer Obrigkeit bleiben. Es siegeln der Bischof von Konstanz, Äbtissin Anna von Hewen sowie Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich.

  • Cote : StAZH C II 2, Nr. 370.1
  • Date : 1470 avril 25
  • Tradition : Original (über die Siegelstreifen mit C II 2, Nr. 370.2 verbunden)
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 41.5 × 24.5
  • 3 sceaux :
    1. Bischof Hermann von BreitenlandenbergPersonne : , cire, ovale pointu, attaché à une lanière en parchemin, bien conservé
    2. Äbtissin Anna von HewenPersonne : , absent
    3. Stadt ZürichPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, endommagé
  • Langue : allemand
  • Teiledition
    • Wyss 1851-1858, Beilage Nr. 480 (nach der Zweitausfertigung im StArZH)
    Nachweis
    • REC, Bd. 4, Nr. 13714

Von der vorliegenden Urkunde ist eine Zweitausfertigung erhalten (StArZH I.A.364.). Sie ist über die Pergamentstreifen der Siegel mit einer weiteren, ebenfalls vom Bischof von KonstanzLieu : ausgestellten Urkunde desselben Datums verbunden (StAZH C II 2, Nr. 370.2). Diese trifft Bestimmungen hinsichtlich der Reform des Klosterlebens, welche die Bekräftigung der Gehorsamspflicht sowie Klausur- und Kleidervorschriften zum Inhalt haben und insgesamt eine striktere Befolgung der Benediktsregel beabsichtigen. Die vorliegende Urkunde hingegen stärkt die Mitsprache des RatsOrganisation : in finanziellen Angelegenheiten. Gegen die Ernennung von Pflegern und deren Mitwirkung bei der Wahl des Amtmannes hatte die Äbtissin sich anfänglich zur Wehr gesetzt, der Bischof unterstützte jedoch in dieser Frage die Position des RatsOrganisation : . Vom Bischof ausgehende geistliche Reformbestrebungen verbanden sich auf diese Weise mit dem Bemühen der weltlichen Obrigkeit, ihren Zugriff auf die Wirtschaftsführung kirchlicher Körperschaften in ihrem Herrschaftsbereich auszubauen. In der Bestimmung betreffend Vergabe von Pfründen und Lehen sowie hinsichtlich Zugang zum Klosterarchiv zeigt sich jedoch, dass klösterliche Angelegenheiten weiterhin nicht ohne die Äbtissin und ihr KapitelOrganisation : entschieden werden konnten. Vergleichbare Entwicklungen vollzogen sich Ende der 1470er Jahre beim GrossmünsterOrganisation : , als der Rat von Papst Sixtus IV.Personne : das Präsentationsrecht für einen Teil der dortigen Pfründen erhielt (SSRQ ZH NF I/1/3 11-1).

Zur vorliegenden Urkunde vgl. HS III, Bd. 1, S. 1986; Steinmann 1980, S. 87-88; Steffen-Zehnder 1935, S. 48-49; für die Übergabe der Stadtherrschaft durch die Äbtissin an den RatOrganisation : im Zug der Reformation vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 121-1; zum Verhältnis der Stadt zum Bischof von KonstanzLieu : vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 74-1.

Texte édité


Wir, HermanPersonne : , von gottes gnaden bischoffe zuͦ CostentzLieu : , bekennent als von solicher spenn wegen zwuͤschen der hochwirdigen, unnser lieben, andëchtigen
frow AnnenPersonne : , abbtissin des gotzhus der apptige, genant FrowenminsterOrganisation : zuͦ Zu̍richLieu : , an ainem, und den fu̍rsichtigen, ersamen und wisen, unnsern besundern, guͦtten
fruͤnden, burgermaister und ratt der statt Zu̍richLieu : Organisation : am andern teile, habent wir zwu̍schent den benanten parthyen, als die zuͦ gutlichen, unverbundnen tagen darumben vor unns gewesen sind, in gegenwu̍rttikeit unser raͧtten, so wir umb solichs zuͦ dem treffenlichisten zuͦ unns beruͤffen lassen habent, die genanten partigen ir
spennen halb gu̍tlich helffen ze betragen, soͤlich mittel in unnserm ratschlag also angesehen und fu̍rgenomen, wie hienach stat.
Und also ist, das unser egenante
frow, die abbtissin, unnd ir cappittelOrganisation : , frowen und herren, den aman, den unnser vorgenant frund von Zu̍richLieu : zuͦ diser zitt zuͦ ainem aman genomen hand, nemen
und haben soͤllent, und das oͧch sy und ir vorgenant cappittelOrganisation : nun hinfu̍r dasselb aman ampt mit wissen und ratt der pflegern von den vorgenanten von Zu̍richLieu :
dem obgenanten gotzhusOrganisation : geben, versechen, besetzen unnd entsetzen moͤgent, nach irem guͦtt bedunken und des gotzhusOrganisation : ere, nutz und notdurfft, ungevaͧrlich. Und das
derselb und ander aman einen eyde zuͦ got und den helgen schweren sollent, unnser obgenanten frowen abtissin, des cappitelsOrganisation : und des gotzhusOrganisation : ere und nuͤtz
zuͦ furdern und schaden zuͦ wenden, so verr sy sich des verstaͤnd, konnent oder moͤgent, und zuͦ dem gotzhusOrganisation : und dem sinem getru̍wlich zuͦ sechen. Und des gotzhusOrganisation :
nutz, zinß, zechenden und rentte in zu ziechen, so verr sy das vermoͤgent, und das alles nach dem besten zuͦ des gotzhusOrganisation : handen zuͦ besorgent und darus zuͦ gebent
und us zu richtent, das davon usgericht unnd geben werden sol. Und von irem innemen und usgeben unnser vorgenant frowen, der abtissin, irem cappittelOrganisation :
und den pflegernn, in by wesen der raͤtten von Zu̍richLieu : Organisation : , so sy dartzuͦ ordnent, jerlichDurée répétée : 1 année rechnung ze gebent, als das von alter her beschechen und gebrucht ist. Unnd
das die pfleger, so unnser vorgenantten frund von Zu̍richLieu : yetz dem gotzhusOrganisation : geben hand, beliben soͤllent, unnd das die hinfu̍r dem gotzhusOrganisation : phleger geben moͤgend,
wie sy meinent des gotzhusOrganisation : notdurfft das ye sye. Und das den selben pflegern des gotzhusOrganisation : sachen, die im ye denn angelegen und notdurfftig us zuͦ richten
und ze besorgen sind, allezitt anbraͧcht und die mit irem wissen und ratt gehandelt und usgericht werden soͤllent, nach des gotzhusOrganisation : ere, lob und nutz, getruwlich und unvertzogenlich, ungefaͤrlich.
Und och das unnser obgenante frow abbtissin und ir cappittelOrganisation : ir pfru̍nden, och geistliche und weltliche lechen
lichen moͤgint, wie die von inen und iren vorfaren vorgelichen sind. Unnd das och alle brieff, bullen und fryheitten, was dero meister Hanns HeringPersonne : 1
oder annder inn habent, furderlich widerumb geantwurt und geleitt werden soͤllend an die end und stett, da dann die vor in des gotzhusOrganisation : namen gelegen sind
und da denn ander der gelich bullen und brieff des gotzhusOrganisation : ligent und ligen soͤllent. Und zuͦ dem selben gehalt druͤQuantité : 3 schloß und dryQuantité : 3 schluͤssel gemacht werden
unnd unnser vorgenante frow, die äbbtessin, dero einenQuantité : 1, das capittelOrganisation : einenQuantité : 1 und der vorgenanten von Zu̍richLieu : pfleger einenQuantité : 1 haben und dehain teil an
den andern u̍ber solich bullen und brieff gaͧn oder die verendern, alda dannen tuͦn oder nemen soͤl, umb das dem gotzhusOrganisation : die nit entfroͤmbt werden moͤgint.
Und von der geistlicheit wegen, das solichs hin zuͦ unns stan und die von unns nach lob und ere des almechtigen gotz angesechen werden sol. Unnd das die
vierQuantité : 4 frowen, so nu̍wlich vor disen spennen in das obgenant gotzhusOrganisation : komen sind mit verwilgung ir obern by dem gotzhusOrganisation : beliben soͤllent.
Unnd
des alles zuͦ warem urkund, so haben wir unnser bischoflich insigel offelich an disen brief lassen hencken unnd wir, AnnaPersonne : , von gotes gnadenn
abbtissin des gotzhus Zu̍richLieu : Organisation : , unnd wir, burgermaister und rat der statt Zu̍richLieu : Organisation : , bekennen alles das, so hievor geschriben staͧt und des auch zuͦ urkund, so haben wir unnser abbtyOrganisation : und gemainer statt insigel auch offelich hie an disen brief tuͦn hencken fu̍r unns und unnser nachkomen, der geben
ist uff mittwochen sant MarxenPersonne : , des hailigen ewangelisten tag, von der geburd Cristi vierzehenhundert unnd sibentzig jareDate : 25.04.1470.
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVe siècle :]
1470Date : 01.01.1470 – 31.12.1470
Waͧs gerechtigkeit wir zum FrowenmünsterOrganisation : hand etcAbréviation.

Annotations

    1. Chorherr Johannes HäringPersonne : stellte 1481 ein Urbar mit Abschriften von Urkunden der AbteiOrganisation : aus den Jahren 853-1481 zusammen (StArZH III.B.1.).