check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/2/1 172-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 172-1

Licence : CC BY-NC-SA

Vereinbarung zwischen der Stadt Winterthur und der Grafschaft Kyburg über die Bezahlung von Schulden

1498.

Fordert ein Gläubiger aus Winterthur von seinem Schuldner aus der Grafschaft Kyburg die Bezahlung anerkannter Schulden, soll ihm der Weibel ein angemessenes Pfand des Schuldners zuweisen, das 14 Tage bei dem Gericht hinterlegt wird. Nach Ablauf dieser Frist soll der Weibel auf Antrag des Gläubigers dem Schuldner die Versteigerung verkünden und dem Gläubiger das Pfand übergeben, das er nach Gantrecht versteigern kann. Überschüsse aus dem Erlös soll der Gläubiger dem Schuldner erstatten. Wird die geschuldete Summe nicht erzielt, kann er weitere Pfändung fordern. Macht der Schuldner Einwände geltend, soll er unmittelbar nach der ersten Pfändung dem Gläubiger eine gerichtliche Klärung anbieten. Die Kosten der Pfändung und des Gantverfahrens trägt der Schuldner (1). Der Schuldner soll dem Gläubiger keine Pfänder verweigern, sondern diese zur Versteigerung geben (8). Ist die Schuldforderung umstritten, soll der Gläubiger vor dem für den Schuldner zuständigen Gericht klagen. Sind die Schuldner in den hohen und niederen Gerichten der Stadt Zürich ansässig, ist der Rechtsstreit in einem Zeitraum zwischen 14 Tagen und drei Wochen durchzuführen, sind sie in den Gerichten der Adligen oder geistlichen Institutionen ansässig, beträgt die Frist zwischen acht und 14 Tagen. Wenn der Beklagte ohne triftige Gründe dem Gerichtstermin fernbleibt, sollen die Richter die Bezahlung der Schulden und angefallenen Kosten ohne Einwände seitens des Schuldners anordnen. Ist der Schuldner der Ansicht, dass der Gläubiger mehr verlangt, als ihm zusteht, kann er diesen vor dessen Gericht beklagen (3). Leistet ein Schuldner vor dem Weibel den Eid, über keine beweglichen Pfänder zu verfügen, soll er dem Gläubiger unbewegliche Pfänder geben. Sie sollen aber erst nach sechs Wochen und drei Tagen versteigert werden (6). Kann ein Schuldner keine Pfänder zur Verfügung stellen, soll nach Weisung des Rats von Zürich gehandelt werden (10). Bei verbrieften Gülten oder Schulden gelten die Bestimmungen der Schuldurkunden (9). Die Vergütung der Dienste des Weibels und des Untervogts richten sich nach dem Aufwand (2,7). Der Fürsprecher soll nach der Gewohnheit des jeweiligen Gerichts entlohnt werden (4). Bei Abwesenheit des Untervogts oder Weibels ist ein Stellvertreter zu ernennen, damit niemandem die Bezahlung seiner Forderungen verzögert werde (5). Der Vogt von Kyburg soll seine Untervögte und Weibel dazu anhalten, ihren Amtspflichten nachzukommen (11). Die Winterthurer sollen nicht länger mit geistlichem Gericht gegen ihre Schuldner in der Grafschaft Kyburg vorgehen. Vorbehalten bleiben ihnen jedoch Klagen vor geistlichen Gerichten gegen Schuldner, die in Niedergerichtsbezirken von Adligen oder geistlichen Institutionen ansässig sind, welche diese Ordnung nicht annehmen wollen (12). Ulrich von Landenberg und Hans von Goldenberg, deren Niedergerichtsbezirke in der Grafschaft Kyburg liegen, haben der Ordnung zugestimmt (13).

  • Cote : winbib Ms. Fol. 27, S. 355-357
  • Date : milieu du 18. s.
  • Tradition : Abschrift
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 24.0 × 35.5
  • Langue : allemand

Am 1. Dezember 1473 hatten Landvogt Felix SchwarzmurerPersonne : und Oswald SchmidPersonne : , Mitglied des Rats der Stadt ZürichLieu : Organisation : , als Vertreter der Grafschaft KyburgLieu : ein Abkommen mit dem Schultheissen und Rat von WinterthurLieu : Organisation : über die Schuldpfändung getroffen (STAW B 2/2, fol. 24r; STAW B 2/3, S. 214). Geregelt wurden das Pfändungsverfahren bei unbestrittenen Forderungen und die Entlohnung des Weibels, vergleichbar den Artikeln 1 und 2 der vorliegenden Ordnung, der Rechtsweg bei strittigen Forderungen (ohne die detaillierten Bestimmungen des Artikels 3), die Vertretung des Weibels bei Abwesenheit enstprechend Artikel 5, die Pfändung von Liegenschaften anstelle von beweglichen Gütern wie in Artikel 6 und das Verfahren bei Mangel an Pfandgütern, wobei abweichend von Artikel 10 dem Gläubiger die Klagemöglichkeit vor beliebigen Gerichten eingeräumt wurde. Dagegen entspricht die Pfändungsvereinbarung zwischen WinterthurLieu : und KyburgLieu : vom 13. Oktober 1494 (STAW B 2/2, fol. 54r-55v) der Ordnung von 1498 inhaltlich, doch unterscheidet sich die Reihenfolge der Artikel. Zum Betreibungsverfahren in ZürichLieu : vgl. Malamud/Sutter 1999.

Die Vorlage der 1538 aufgezeichneten Abschrift, die der Edition zugrundeliegt, und der um 1534 entstandenen Teilbaschrift (StAZH F II a 271, S. 190-193) ist nicht überliefert.

Texte édité


Ordnung von bezalüng weͣgen
der schulden zwüschen der statt
WinterthurLieu : und der graffschafft
KiburgLieu : , a–ano etcAbréviation lxxxxviijDate : 01.01.1498 – 31.12.1498 angesechennVariante alternative dans StAZH F II a 271, S. 190 : angesehenn anno etcAbréviation lxxxxviijDate : 01.01.1498 – 31.12.1498–a


Des ersten, wann einer uß der statt WinterhurLieu : Ainsi von einem, in der graffschafft KyburgLieu : gesessen, umb bekantlich schuld bezalt wil sin, so sol der
weybel dem schuldner umb sollich bekantlich schuld under sinen ougen oder
desselben botten von dem schuldner pfand geben und bestimen, die deß geltz oder
schuld nach des weybels guͦt beduncken wol wert sigen. Söllich pfand sol denn
xiiij tagPériode : 14 jours in den selben gerichten ligen. Und so die selben xiiij tagPériode : 14 jours unbezalt verschinend, wann dann der cleger begert, so sol der weybel am abendPériode : le soir dem schuldner verkünden zuͦ der gandt und morndes dem cleger oder sinen botten söllich
bestimpte pfand an sin hand geben, die mag er nach gandtreͤcht verganten. Und
het er an sollichen pfanden vor, so sol er daß dem schuldner wider geͣben. So
ver aber er hinder hete, so mag er nach ferer pfenden umb sin bezalung klagnen, die söllen im, wie obstat, geben werden. Unnd so der schuldner dem cleger
umb sin schuld vordrung ettwaß in redt zehaben vermeinen wolte, wann
er im dann uff obgemelte pfanndung des ersten nit glich angentz reͣcht bütet,
so sol er im darnach nit mer recht büten, sonder mit den pfannden, wie obstat,
volfaren lassen. Unnd waß costens und schaden uff sollichs pfandung unnd
gandt gat, es sige von gerichtz wegen, bottenlon, brief, cost, zerung oder weybellon, das sol uff söllich pfannd und des schuldners costen gan.

Item des weybels lon ist iiij hallerUnité monétaire : 4 mailles , wann er wonet an denen eͣnnden, alda der schuldner wonhafft ist, deßglichen, wo er in unnder ougen ergrifft, ist ouch iiij ħUnité monétaire : 4 mailles .
So ver aber der schuldner usserthalb dem dorff oder an andern eͣnden, dann daOmission dans StAZH F II a 271, S. 191b der
weybel sitzet, und nit unnder ougen komen mag, sonder Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 191 : erc verer suͦchen muͦß, so
ist der lon j Unité monétaire : 1 sou/sol . Und wann er dem schuldner, usserthalb dem dorff gesessen, zuͦ der
gandt verkündt, ist j Unité monétaire : 1 sou/sol , deßglichen, wann er dem cleger die pfand antwurt, ist
ouch j Unité monétaire : 1 sou/sol .

Item unbekantlich schuld sol der cleger geͣgen dem schuldner in den gerichten, alda
er gericht gehörig ist, mit recht gichtig machen unnd dar nach aber darmit [fol. 22v]Saut de page
handlen alls des gerichts reͣcht, wie ob vom pfänden gemelt ist. Unnd sol ouch dem
cleger gegen denen, so in unnser herren von ZürichLieu : hochen unnd nidern gerichten sitzend, allwegen ob xiiij tagenPériode : 14 jours und unnder drygen wuchenPériode : 3 semaines, und gegen denen, so in der
edlen lüten oder gotzhüßern gerichten sitzend, ob viij tagenPériode : 8 jours unnd under xiiij tagenPériode : 14 jours
fürderlich on verzug recht gan. Unnd welchem fürbotten wirt und deß ersten nit
kompt oder nit erschinet libs oder herren not zuͦ reͣcht gnuͦgsam, so söllen die richter
erkennen, das der schuldner den cleger on ferer inred umb sin schuld und an vordrung
ußrichte. Unnd ob dann der schuldner vermeinen wolte, daß der cleger umb sin schuld
zevyl von im gevordert und abgenomen hette, darumb mag er den cleger vor sinem richter recht verggen. Deßglich, wenn der schuldner dem cleger umb sin schuld
mitVariante alternative dans StAZH F II a 271, S. 191 : nitd recht fellig wirt, so sol er in aber mit sampt dem costen nach inhalt dißer
ordnung bezallen, on verer intrag unnd widerred.

Item des fürsprechen lon sol sin nach eins jegklichen gerichtz gewonheit unnd sölicher cost aber gan uff den schuldner, ob er im rechten verlustig wirtt.

Item ob der unndervogt oder weybel nit an heimsch were, so der cleͣger sin schuld oder
pfand vordern welte, darumb söllen sy, so dick sy sich abweßig machten, einen
knecht oder nachpuren bestellen, fliß ze haben, ob jemands in irem abweßen pfand
vordert, das im die durch den selben knecht oder nachpuren, wie obstat, bestimpt und
geantwurt, hiemit niemand anVariante alternative dans StAZH F II a 271, S. 192 : ine siner bezalung gesuͦmpt werde.

Item ob einer nit varend pfand hette unnd das vor einem weybel by sinem eyd sagte,
so sol er dem cleger umb sin schuld und erliten schaden ligende pfand, wie obstat,
bestimen unnd geben, daruß er völlige bezallung lösen möge. Die selben pfand
söllen dann ligen vj wuchen und iij tagPériode : 6 semaines 3 jours unnd darnach vergantet werden
noch gant recht, wie obstat.

Item des weybelß unnd under vogtz lon im ober ampt, wenn er für bietten oder
pfennden wyl, es sige zu WilpergLieu : , ErikonLieu : , NiderschalckenLieu : , AnbreitiLieu : , HermantschwylLieu : derÀ corriger en : odergVariante alternative dans StAZH F II a 271, S. 192 : oderf zuͦ DettenrietLieu : , ist ij Unité monétaire : 2 sous/sols .

Item gen WißlingLieu : , EschwylLieu : unnd LendikonLieu : söllen der undervögt und weybel
nit mer dann xviij hallerUnité monétaire : 18 mailles zelon neͣmen.

Item gen DelingLieu : , RümlikonLieu : , MädenschwylLieu : und RußikonLieu : ist der lon j Unité monétaire : 1 sou/sol .
[fol. 23r]Saut de page

Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 193 : Itemh Unnd welcher einen unndervogt oder weybel an die obgemelten end oder anderschwa hin bruchen wil einen gantzen tagPériode : 1 jour, der sol im zelon geben v Unité monétaire : 5 sous/sols , dar zuͦ
eßen und trincken.

Es sol ouch keiner umb bekantlich schuld sinem schuld vordrer pfandOmission dans StAZH F II a 271, S. 193i, so er die, alß
obstat, vordert, versagen, sonnder im und sinen botten in obgemelter wiße
one intrag volgen laßen zuͦ der gandt, alßVariante alternative dans StAZH F II a 271, S. 193 : wiej obstat.

Item waß verbrieffter gült oder schulden sind, die söllend umb bezalung ersuͦcht
und ingezogen werden nach der selben briefen inhalt.

Item von dero weͣgen, so weder ligend noch varend guͦte nach gar nützit zuͦ bezallung irer schulden hand, da sol von unnßern herren von ZürichLieu : umb sölch bezallung geͣgen den selben armen verer ordnung angesechen werdenn.

Item es sol ouch allwegen ein vogt zuͦ KyburgLieu : sine undervogt und weybel dar zuͦ
halten, daß sy meͣngklichem zuͦ irem reͣchten und schuld bezallung, wie obstat,
vorhelfen gefürdert werden, sovil inen ampts halb zethund gepürt, on intrag und widerrede.1

Unnd wie also obgemeͣlte ordnung gehalten und derren gelept wirt, alß vor
stat, so sol der geistlich zwanng durch die von WinterthurLieu : gegen denen
in der graffschafft KyburgLieu : ir schulden halb abgestellt sin unnd nit mer gebrucht
werden.

Und welche edellüt oder gotzhußer ir cleinen gerichten halb diße ordnung nit annemen wölten, gegen den selben mügen die von WinterthurLieu : die geistlichen
gericht zuͦ ir bezalung füro hin wie biß her überÀ corriger en : übenk.

Item in diße ordnung haben junckher Uͦlrich von LanndenbergPersonne : unnd junckher Hannß GoldenbergPersonne : ir kleinen gerichten halb, so sy in der graffschaft
ligen haben, ouch verwillgot etcAbréviation.

Annotations

  1. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 190 : angesehenn anno etcAbréviation lxxxxviijDate : 01.01.1498 – 31.12.1498.
  2. Omission dans StAZH F II a 271, S. 191.
  3. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 191 : er.
  4. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 191 : nit.
  5. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 192 : in.
  6. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 192 : oder.
  7. À corriger en : oder.
  8. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 193 : Item.
  9. Omission dans StAZH F II a 271, S. 193.
  10. Variante alternative dans StAZH F II a 271, S. 193 : wie.
  11. À corriger en : üben.
  1. Hier endet die Abschrift im Band StAZH F II a 271, S. 190-193.