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SSRQ ZH NF I/1/3 72-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 72-1

Licence : CC BY-NC-SA

Pensionenverbot von Bürgermeister und Räten der Stadt Zürich

ca. 1503 – 1522.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich erlassen das folgende Verbot, das sie gegenüber Gott und den Heiligen beschworen haben: Künftig soll niemand mehr aus der Stadt Zürich und ihrem Herrschaftsgebiet Pensionen und Zuwendungen von auswärtigen Herrschern annehmen oder annehmen lassen, in welcher Form auch immer (1). Zuwiderhandelnde sollen als ehrlos und meineidig gelten und nicht mehr als Richter, Ratsherren und Zeugen zugelassen werden. Bei groben Verstössen können auch härtere Strafen verhängt werden. Für die Verurteilten soll auch niemand bitten oder ihre Begnadigung bewirken, bei einer Busse von 100 Gulden, im Falle von Zahlungsunfähigkeit bei Verbannung (2). Gesuche um Ausserkraftsetzung des Verbots seitens von Auswärtigen sollen unter Hinweis auf den geleisteten Eid gar nicht erst vor den Rat gebracht werden. Wer dies trotzdem tut, wird mit der Busse von 100 Gulden bestraft (3). Weiterhin erlaubt sind Geschenke zwischen Bürgern, Landleuten und Personen, die innerhalb der Eidgenossenschaft ansässig sind (4). Mitglieder von Gesandtschaften zu auswärtigen Fürsten dürfen lediglich Beträge im Umfang ihrer Reisespesen geltend machen (5). Verstösse gegen das vorliegende Verbot müssen der Obrigkeit angezeigt werden. Wer dies unterlässt, wird auf gleiche Weise bestraft wie die Fehlbaren selbst (6). Das Verbot soll halbjährlich im Anschluss an die Eidleistung der Stadtgemeinde verlesen werden. Personen, die vorsätzlich dem Schwörtag fernbleiben, sind dennoch zur Einhaltung des Verbots gebunden (7). Die Vögte sollen das Verbot anlässlich der Eidleistungen in ihren Landvogteien ebenfalls verlesen lassen (8).

  • Cote : StAZH A 42.1.13, Nr. 31
  • Date : ca. 1503 – 1522 (Datierung aufgrund des Inhalts)
  • Tradition : Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 22.0 × 31.5
  • Langue : allemand

Der Entstehungszeitraum des vorliegenden Verbots lässt sich auf den Zeitraum zwischen den Jahren 1503 und 1522 eingrenzen. Im erstgenannten Jahr setzte die Stadt ZürichLieu : , gestützt auf einen Beschluss der TagsatzungOrganisation : , das Annehmen von Pensionen unter Strafe (StAZH A 166.1, Nr. 44; vgl. EA, Bd. 3/2, S. 28-29). Im Jahr 1522 erging ein Erlass, der dem vorliegenden inhaltlich nahesteht, jedoch um einige Abschnitte erweitert ist (StAZH A 42.1.13, Nr. 34; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 293).

Zu den verschiedentlich erneuerten Verboten der Annahme von Pensionen vgl. die Aufstellung bei Romer 1995, S. 349; allgemein zur Thematik vgl. auch die Einigung zwischen ZürichLieu : und seinen Untertanen betreffend das Pensionenwesen nach dem sogenannten Lebkuchenkrieg (SSRQ ZH NF I/1/3 105-1).

Texte édité


Wir, der burgermeister, rät unnd der groß rat, so man nempt die
zweyhundert, der statt ZürichLieu :
Organisation :
, bekennen offenlich unnd thuͦnd kund
aller mengkAjout au-dessus de la lignealichen hiemit, das wir haben betrachtet unnser stat
lob, nutz unnd er unnd vil reden, so der pensionen, jargelten, schenckynen, von fürsten unnd herren unnd andren harruͤrend, gebrucht
werden, unnd daruf zuͦ enthalt unnd handt habung unnser statt,
land und lütt, ouch damit frid unnd ruͦw unnd einikeit dester baß
gefürdert moͤge werden, dis nachgeschriben satzung mit volbedachtem
ratt geordnet, angenomen unnd uffgericht unnd soͤlche zuͦ halten,
zuͦ gott unnd an die helgen geschworen, in wis unnd form, wie
hernach volget, dem ist also:

Namlich des ersten, das niemant inn unnser statt ZürichLieu : , unnsren
graffschafften, herschaften, landen unnd gepieten wonend oder gesässen, er sye burger, landtman oder hindersaͤss, geistlich oder weltlich, edel oder unedel, rich oder arm, in was stands oder wesens
die sind, von disem tag hin, weder von keysern, küngen, fürsten unnd
herren, stCorrection à la hauteur de la ligne, remplace : sbtten, geistlichen unnd weltlichen staͤnden, ouch gar unnd
gantz von niemant überal, dhein pension, promision, gnad noch
dienst gelt, miet, gab noch schencken, sy syen versessen, zuͦ gesagt
unnd gvallen oder dieAjout au-dessus de la lignec hinfür jemant zuͦ stan oder verheissen unnd
zuͦ gesagt moͤchten werden, es sygen brieff oder sigel, darumb
gemacht, sy dienind zuͦ lechen, zuͦ lipting ald das ein soͤlicher
herr eim siner tochter oder frouwen zuͦ heimstür ald des glich sust
nach so u̍tzit verhieß oder zuͦ seite oder wie im das zuͦgseit werden
oder namen moͤcht haben, nitt nemen, empfachen noch in soͤlicher
gstalt u̍tzit entlechen, uffbrechen noch under dem schin das
sin versetzen, weder durch sich selbs, sin wib, kind, fründ, dienst
noch ander, damit soͤlchs in sinen nu̍tz kommen moͤcht, d heimlich oder offenlich, in dhein e wis noch weg.

Unnd jeman soͤlichs nitt halten unnd sich das uff inn mit der
warheit wurde erfinden, der unnd die selben soͤllenAjout au-dessus de la lignef von allen eren gesetzt
sin unnd fürer ir leben lang zuͦ dheinen erlichen sachen, alls zuͦ gericht,
ratt, kuntschafften unnd der glich haͤndlen gebrucht, sunder alls erloss,
mein eydig, verwürckt lüt unnd die niemant weder schadCorrection dans la marge de gauche, remplace : stadtg noch nütz
sind, gehallten unnd geachtet h werden.
[p. 2]Saut de page

Unnd einer moͤchte sich ouch darinn so groͤblich überfaren, wir wurdint
inn zuͦ sampt soͤlichem, wie vorstaͧt, noch hoͤher, witter i–und fu̍rerAjout dans la marge de gauche avec un signe d’insertion–i straffen, je noch
gestalt siner verhandlung unnd unnsers guͦten bedenckenns.

Es soll ouch für die selben niemant bitten, deßglich inen deßhalb kein gnad
beschechen, unnd ob der unnser dheiner hiewider u̍tzit erdachten, damit
soͤlichs wurde angebracht, anschlag daͤte oder rette, das soͤlichem zuͦ
apruch oder versetzung dheins wegs moͤcht dienen, der unnd die selben,
sy thuͤgen das heimlich oder offenlich, sol ir jeder zuͦ rechter straff unnd
pen unnser statt verfallen sin hundert guldinUnité monétaire : 100 florins , die wir ouch on alle
gnad unnd ablassen von im und inen in ziechen soͤllent unnd
woͤllent lassen, on all us zu̍g, ursachen unnd geverd.

Ob aber einer soͤlichs taͤte, so arm, das im die hundert guldinUnité monétaire : 100 florins zebezalen
nitt moͤglich were, so sol der selb schweren zestund unnd on verziechen,
uß unnsern gerichten unnd gepieten unnd nitt wider darin zekomen,
er habe dann zuͦvor solich c guldenUnité monétaire : 100 florins bezalt.

Begebe sich ouch, das jemantz, der unns nitt verwandt were, burgrechts
oder hinder sitzens halb, für unnser burgermeister, statthalter unnd
obrist meister keme unnd deshalb für rattOrganisation : begerte unns zebitten,
von dem abzestand, den unnd die selben soͤllen unnser burgermeister,
statthalter, obrist meister, wer die je zuͦ zyten sind, abwysen unnd
inen sagen, das er innAjout au-dessus de la lignej deßhalb nüt für rattOrganisation : lassen doͤrfiAjout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertionk, alls er unnd anderAjout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertionl das verschworen haben. Unnd ob ein burgermeister, statthalter oder oberst
meister das anbraͤchten ald frag darumb hetten ald darüber für
liessen, der soll ouch inn gestalten, wie vorstatt, siner eren entsetztCorrection au-dessus de la ligne, remplace : zetztm,
min eyd und erloß sin, unsern ratt Organisation : bedüchte dann, das er sich
deßhalb witter unnd mer verwürckt hette etcAbréviation.

Doch so ist harinn usgelossen unnd vorbehalten, das ein inn lendischer burger,
ouch lantman ald einer waͤr, der do ist, so inn den zwoͤlfQuantité : 12 orten der EidgnoschafftLieu : sitzt, dem andren ungevarlicherCorrection dans la marge de gauche, remplace : ungevarlichern wyß von sinem eignen guͦt wol
schencken unnd erung thuͦn moͤge, wie das von alter har sidt unnd gewonheit ist gewesen.
[p. 3]Saut de page

Witter, ob sichCorrection au-dessus de la ligne, remplace : seo fuͤgen, das jemant von uns zuͦ fürsten, herren oder
andren geschickt wurde, uff ir begeren, da sy den kosten haben woͤlten,
dann sol der selb unnser rattzbott nitt witter nemen dann sin zerung, ouch
beschlecht unnd sattel gelt unnd darzuͦ des tagsPériode : 1 jour uff zweiQuantité : 2 roß ein guldinUnité monétaire : 1 florin ,
unnd dem knecht sin ritt unnd roslon by stroff unnd entsCorrection à la hauteur de la ligne, remplace : zpetzung der qeren,
wie vorstatt.

Unnd ob jeman, wer der were, wider soͤlich unnser satzung unnd ordnung
handelte unnd taͤte unnd jemant das für keme, der sol soͤlichs leiden und
fürbringen einem burgermeister bim eyd unnd welicher das nitt r
leidttete, der sol oͧch gestrafft werden unnd siner eren entstetzt, wie vor statt.

Unnd bi dem allem soͤllen unnd woͤllen wir all gemeingklich ein andren
hanthaben unnd schirmen und so fCorrection à la hauteur de la ligne, remplace : vser sich jemant ungehorsam unnd widerwertig wurd erzeigen, dis ordnung an zuͦ nemen unnd zuͦ schweren, der und
die selben soͤllen unnser statt unnd land rumen, ouch miden, unnd darin
fürer nitt mer kommen, biß er gehorsami thuͦt. Ob sich ouch jemant, so diß ordnung geschworen unnd angenommen wyrt, mit geverden hinder halten unnd
abziechen wurdAjout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertiont, damit er wider das, so hievor statt, moͤchte handlen oder sust
nitt under ougen were, das sol inn doch nitt schirmen, sunder in diß
ordnung binden zuͦ glicher wiß, als ob er under ougen gsin were, unnd soͤlichs
selbs geschworen hette.1 Unnd zuͦ vestem bestand des alles, so ist beredt, das
die satzung unnd ordnung zuͦ allen halben jarenDurée répétée : 6 mois, so wir ein burgermeister
unnd ratt
Organisation :
schweren, vor der gemeindOrganisation : gelesen und geschworen sol werden,
damit soͤlicher satzung und ordnung dest trüwlicher nachgangen unnd
gelept werde, on ußzug unnd geverd.

Witter ist oͧch darvon geredt, das unnser voͤgt, so si die unsern jetz schweren wellen lassen, soͤlich unnser satzung unnd ordnung ouch sollen sagen
unnd erscheinnen, unnd das wir das darumb gethan haben, inen, ouch uns
zuͤ dest besserer einiCorrection à la hauteur de la ligne, remplace : euckeit unnd enthalt guͦter früntschafft unnd
ruͦwen, etcAbréviation.2
[p. 4]Saut de page
[Note dorsale au verso :]
Verbott der pensionen und dienstgellteren.

Annotations

  1. Ajout au-dessus de la ligne.
  2. Correction à la hauteur de la ligne, remplace : s.
  3. Ajout au-dessus de la ligne.
  4. Suppression : hinlich.
  5. Suppression : weg.
  6. Ajout au-dessus de la ligne.
  7. Correction dans la marge de gauche, remplace : stadt.
  8. Suppression : soͤllen.
  9. Ajout dans la marge de gauche avec un signe d’insertion.
  10. Ajout au-dessus de la ligne.
  11. Ajout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertion.
  12. Ajout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertion.
  13. Correction au-dessus de la ligne, remplace : zetzt.
  14. Correction dans la marge de gauche, remplace : ungevarlicher.
  15. Correction au-dessus de la ligne, remplace : se.
  16. Correction à la hauteur de la ligne, remplace : z.
  17. Suppression : er.
  18. Suppression : leidttete.
  19. Correction à la hauteur de la ligne, remplace : v.
  20. Ajout au-dessus de la ligne avec un signe d’insertion.
  21. Correction à la hauteur de la ligne, remplace : e.
  1. Zu den halbjährlichen Schwörtagen im GrossmünsterLieu : und den zu diesem Anlass verlesenen Verboten vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 168-1; zu der in der vorliegenden Aufzeichnung verwendeten Formulierung, wonach das Verbot der Pensionen auch bei Abwesenheit vom Schwörtag Gültigkeit besitzen sollte vgl. Sieber 2001, S. 24; Weibel 1988, S. 363.
  2. Zu den Schwörtagen auf der Landschaft vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 169-1.