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SSRQ ZH NF I/1/3 119-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 119-1

Licence : CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Fleischverbot in der Fastenzeit

1524 février 17.

Nachdem gegenwärtig in der Fastenzeit zahlreiche Personen in Stadt und Land offen in Wirtshäusern und sonstigen Versammlungen und Gesellschaften Fleisch gegessen und die Wirte ihnen dieses gekocht und vorgesetzt haben, wodurch vielen Fremden und Einheimischen grosses Ärgernis entstand, verordnen Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich, dass kein Wirt während der Fastenzeit in Stadt und Land seinen Gästen, Fremden wie Einheimischen, Fleisch kochen und vorsetzen darf. Desgleichen soll niemand offen in Versammlungen und Gesellschaften Fleisch essen. Wer gegen diese Bestimmungen verstösst, wird dafür bestraft. Es ist jedoch erlaubt, aus Notdurft und ohne Mutwillen während der Fastenzeit Fleisch zu geniessen, entsprechend dem Wort Gottes. Vermerk von derselben Hand: Das Mandat wurde am 21. Februar 1524 öffentlich verkündet.

  • Cote : StAZH A 42.1.12, Nr. 8
  • Date : 1524 février 17
  • Tradition : Aufzeichnung (Einzelblatt)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 21.5 × 32.5
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Kaspar Frei, Stadtschreiber von Zürich
  • Edition

  • Cote : StAZH B VI 249, fol. 93r-v
  • Date : 1524 février 17
  • Tradition : Eintrag
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 21.5 × 32.5
  • Langue : allemand

Bereits im Jahr 1522 fand in ZürichLieu : eine Reihe demonstrativer Verstösse gegen das Fastengebot statt, mit der die Anhänger der neuen Lehre weit über die Stadt hinaus für Aufsehen sorgten. Das bekannteste dieser Ereignisse war das Wurstessen in der Offizin des Buchdruckers Christoph FroschauerPersonne : im Beisein von Huldrych ZwingliPersonne : . Der Rat der Stadt ZürichLieu : Organisation : liess diese Vorfälle gerichtlich untersuchen (für die entsprechenden Zeugenaussagen vgl. StAZH B VI 288, fol. 129v-132r; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 233). Zudem wurde eine Gesandtschaft des Bischofs von KonstanzLieu : empfangen, die vor Propst und Kapitel des GrossmünsterstiftsOrganisation : sowie vor dem RatOrganisation : die Einhaltung des Fastengebots anmahnte. Auch ZwingliPersonne : erhielt Gelegenheit, sich zu dieser Angelegenheit zu äussern.

Am 9. April 1522 entschied der RatOrganisation : , den Fleischgenuss während der Fastenzeit bis auf Weiteres unter Strafe zu stellen, erbat aber vom Bischof von KonstanzLieu : näheren Bescheid über die Grundlage des Fastengebots in der Heiligen Schrift (für das Mandat vgl. StAZH A 42.1.12, Nr. 7; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 237; für den dazu gehörenden Ratsbeschluss vgl. StAZH B VI 247, fol. 231v-232v; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 236). ZwingliPersonne : legte im Anschluss an diese Auseinandersetzung seinen Standpunkt in der Schrift «Von Erkiesen und Fryheit der Spysen» (ZBZ 18.421,2) dar.

Erst das vorliegende Mandat setzte das Fastengebot faktisch ausser Kraft, indem der Fleischgenuss ausserhalb der Öffentlichkeit sowie aus gesundheitlichen Gründen («notturfft») ausdrücklich erlaubt wurde. Letzteres war auch bereits in vorreformatorischer Zeit grundsätzlich möglich gewesen, allerdings war dazu die Bestätigung eines Arztes sowie des Beichtvaters der betroffenen Person notwendig, worauf eine kirchliche Dispens erteilt werden konnte. Das vorliegende Mandat überliess dagegen die Frage des Fleischgenusses jedem Einzelnen. Laut Gerold EdlibachPersonne : wurde das Fastengebot zu diesem Zeitpunkt schon von weiten Teilen der Bevölkerung missachtet (Edlibach, Aufzeichnungen, S. 49-50).

Nichtsdestotrotz stellt auch das vorliegende Mandat den offenen und demonstrativen Fleischverzehr weiterhin unter Strafe. Ausschlaggend dafür war die Furcht der Obrigkeit vor Unruhen in der angespannten Situation der Fasnachtszeit des Jahres 1524, als die Fragen der Bilderverehrung und der Entrichtung des Zehnten die Bevölkerung spalteten. Die Grundlage für die Ausfertigung des vorliegenden Mandats bildete ein Ratsbeschluss desselben Datums (StAZH B VI 249, fol. 93r-v), der überarbeitet und am 21. Februar 1524 öffentlich verlautbart wurde.

Allgemein zu den Speisevorschriften während der Fastenzeit und den Möglichkeiten zur Erlangung einer kirchlichen Dispens vgl. Ettlin 1977, S. 29-33; 80-86; zum Wurstessen des Jahres 1522 vgl. Stucki 1996, S. 189-190; Gäbler 2004, S. 51-54; zur Fasnacht des Jahres 1524 vgl. Jezler et al. 1984, S. 290.

Texte édité

Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v :
Mittwuchen nach der alten vaßnachtDate : 17.02.1524,
pntpresentibus her burgermeister SchmidPersonne : , rët und
burger
Organisation :
a

Alß dann an unser gnaͤdigOmission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-vb herren, c–burgermeister, clein
und groß raͤtt der stat ZuͤrichLieu :
Organisation :
,
Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : burgermeister, raͤt und
dem großen raͤtt, genampt die zweyhundert der
statt Zu̍richLieu :
Organisation :
–c gelangt ist, wie ettlich
wirt in irVariante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : derd stat und uff dem land, deßglich ettlich
sondrig personen, offenlich in den wirtzhusern und
sust in versamlungen und gselschafften Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : miteinanderenne jetz in der
fasten f–mit ein andernOmission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v–f fleisch essent, iren gesten
kochen und fuͤrstellen, dardurch menglichem frombden und heimschen groß, mercklich ergernuͤß erwachsen und gepaͤrenVariante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : entspringenntg etcAbréviation. Uff daß habent sich
die genanten unser ggnedig herren erkennt und woͤllent
oͧch, daß hinfuͤr kein wirt in der stat und uff dem
land fleisch in der fasten kochen und iren gesten,
froͤmbden noch heimschen, fuͤrstellen. Deßglich
sol nieman oͧch, weder in der stat nach uff dem
land, in versamlungen nach Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : sunsth gselschafften, dardurch
alsoVariante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : soͤlich großi ergernuͤss geben werden, fleisch niessenVariante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : bruchenj und
mit muͦttwillen essen. Dann alle, die hiewyder
handleten, woͤllent unser herren, so dick daß
beschicht, on gnad straffen.

Ob aber jemants in der stat oder uff dem land
uß siner notturfft fleisch ze essen geursachet wurde,
sol doch soͤllichß (wie daß imOmission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-vk goͤttlichen wort l–erfunden
wirt
Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : ußwyßdt
–l) m–nit uß muͦttwillen, sonder on ergernuͤßVariante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : one alle ergernuß und muͦtwillen–m
geprucht werden, dann wo eß anders gehandelt,
wurde mann die selbigen, wie obstat, oͧch straffen.
Darnach wisse sich menglich ze richten.
n–Actum
mittwuchen nach invocavit, anno etcAbréviation xxiiijoDate : 17.02.1524
Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v
–n
o–
Verkuͤnt dnicadominica
reminiscere anno 24
Date : 21.02.1524
Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v
–o
p–
Statschriber
ZurichLieu : stscripsit
Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v
–p
[fol. v]Saut de page

Annotations

  1. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v :
    Mittwuchen nach der alten vaßnachtDate : 17.02.1524,
    pntpresentibus her burgermeister SchmidPersonne : , rët und
    burger
    Organisation :
    .
  2. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.
  3. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : burgermeister, raͤt und
    dem großen raͤtt, genampt die zweyhundert der
    statt Zu̍richLieu :
    Organisation :
    .
  4. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : der.
  5. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : miteinanderenn.
  6. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.
  7. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : entspringennt.
  8. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : sunst.
  9. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : soͤlich groß.
  10. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : bruchen.
  11. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.
  12. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : ußwyßdt.
  13. Variante alternative dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v : one alle ergernuß und muͦtwillen.
  14. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.
  15. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.
  16. Omission dans StAZH B VI 249, fol. 93r-v.