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SSRQ ZH NF I/1/3 181-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 181-1

Licence : CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Pflege und Unterbringung von Pestkranken sowie Bestattung von Pesttoten

1541 août 15.

Bürgermeister Heinrich Walder und beide Räte erteilen den Almosenpflegern und dem Almosenobmann angesichts der vorherrschenden Pest und der grossen Anzahl Kranker, die aufgrund mangelnder Pflege zu sterben drohen, die folgenden Aufträge: Alle erwachsenen Almosenbezüger beiderlei Geschlechts sind dazu angehalten, bei der Pflege der Kranken mitzuwirken. Über die in der Pflege eingesetzten Almosenbezüger soll eine Liste geführt werden. Diejenigen, die sich weigern, werden künftig vom Almosen ausgeschlossen (1). Das ehemalige Kloster Selnau, das vom Spital genutzt wird, ist in Absprache mit dem Spitalmeister zu räumen und als Unterkunft für bedürftige Pestkranke zu nutzen. Zur Pflege der dortigen Kranken ist eine geeignete Person einzustellen, die aus Mitteln des Almosenamts entlohnt wird (2). Ein Teil der Almosenbezüger soll dazu eingesetzt werden, die Bestattung derjenigen Toten vorzunehmen, für deren Begräbnis keine Zunft zuständig ist (3).

Texte édité


Alßdann jetz die kranckheit der pestilenntz anhept zeregieren
unnd usszegand unnd clag vor handenn ist, das
die personen, so mit sölichenn gebraͤstenn angriffenn,
mit gebürlicher pflaͤg unnd rattsamme nit versechenn
werdind, dardurch etwan biderblüth, rich unnd
arm, jung ald allt, rattloße halb verderbenn möchtind,
so habend die ermeltenn min herrenn von ordenlicher
oberkeits waͤgenn irenn gesetztenn pflaͤgern sampt dem
obman dess gemeinen allmuͦßensOrganisation : 1 die sach befolchenn
unnd mit nachvolgender bescheidenheit darinn zehandlenn übergebenn.
Namlich, das sy angenntz unnd
on verzogenlich nach denen gewachßnen personen, die
sygind wyb oder man, so das allmuͦßenn nemmend, schicken
unnd inen mit hochem erntst sagenn söllind, das
mine herrenn von inen unnd jedtlichem innsonderheit
wellind gehept habenn, das sy sich darin gebind unnd
darnach richtind, sover etwar krancker iro zuͦ nottwendigCorrection par-dessus, remplace : yaer pflaͤg begaͤrenn wurde, das sy alßdann
desse sich nit widerind, sonders gehorsam sygind
unnd also biderbenn lüttenn inn allenn trüwenn wartind. Unnd innsonderheit soͤllennd die verordnottenn pflaͤger dero nammen, so das allmuͦßen nemmend
unnd krannckenn lüttenn wartenn werdend, eygentlich
uffschrybenn, damit man wüssenn, wo dieselbenn
vorhandenn unnd zefindenn sygind. Unnd wann
aber sich etlich, über das es inen irer lyben halb vermüglich unnd sy gesund werind, ussziechenn unnd
disem miner herrenn ansechenn ungehorsamlichenn
widersetzenn, den unnd dieselbigenn wurdend
egeruͤrte mine herrenn uss dem allmuͦßen thuͦn lassenn
unnd damit wyter nit bedennckenn, wellichs man
inen ouch hiemit heiter soll anzeigen, sich darnach
inn trüwenn wüssenn mögen zehalten.
[p. 2]Saut de page

Wyter, so ist ouch miner herrenn erntstlich meynnug, das sy, die genantenn pflaͤgere, sampt dem obman
dess allmuͦßensOrganisation : , unverzogenlich verschaffenn unnd
mit dem spittallmeister redenn, das das hus
daussenn an SelnowLieu :
Organisation :
,2 so dem spittalLieu : zuͦgehoͤrt unnd
hußlüth darinn hatt, gerumpt, namlich dieselbenn
hußlüth geurloubet unnd also geordnot werde,
damit man arm lüth oder andere, so dhein underschlouff
hand unnd aber mit vorgeruͤrter krankheit
beladenn wurdind, darin thuͦn unnd enthaltenn
möge, deßglichenn sich ouch umb einen guͦtenn
unnd darzuͦ tougenlichenn gesellenn umbsechenn
unnd bewerbenn, der inn gemelt hus an
SelnowLieu :
Organisation :
gethan, vom allmuͦßennOrganisation : mit spyss unnd
lon, sampt den kranckenn, so dahin komend, erhalten
werde, unnd also denselbenn braͤsthafftenn das
best thuͤyge unnd nach erfordrung der notturfft mit
narung unnd suntst verseche, wie dann das
vornacher im grossenn sterbend ouch brucht worden.

Unnd so denne etwan arm biderblüth vorermelter
krankheit mit tod abgand, die dhein zunfft3 noch
niemand habend, dadurch dann dieselbenn
nit one begrabenn liggenn blybind, sonders nach
unnserm christenlichenn bruch zur kilchenn
gefertigot werdind, so söllend die vilgemelten
pflaͤgere unnd verordnotenn etlich darzuͦ schybenn
unnd bestellenn, die sölliche jetzgedachte aberstorbne lüth zuͦ kilchenn tragind, das man
die ouch nach gebür begrabenn unnd desst [p. 3]Saut de page
minder unwillenns davon kommen möge unnd
also sy, die pflaͤger, harinn gewallt habenn, das
nach irem bestenn flyss zuͦversechenn, wie mine
herrenn inen das sonders wol vertruwind.4
Actum
mentags nach LaurentiiPersonne : anno etcAbréviation xxxxjDate : 15.08.1541, pntpresentibus
her burgermeister WallderPersonne : unnd beid rathOrganisation : .
[p. 4]Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVIe siècle :] 1541Date : 01.01.1541 – 31.12.1541
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Mandat, daß die allmuͦsens genößigen dennen mit der pestilentz angegriffenen
menschen abwarthen sollind, 1541Date : 01.01.1541 – 31.12.1541

Annotations

  1. Correction par-dessus, remplace : y.
  1. Zum AlmosenamtOrganisation : vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 125-1.
  2. Zur Nutzung des ehemaligen Klosters SelnauLieu : als Pestlazarett vgl. Mörgeli 2000, S. 46.
  3. Zur Bedeutung von ZünftenOrganisation : und Bruderschaften für Bestattung und Totengedenken vgl. die Gründungsurkunde der Bruderschaft der Schuhmachergesellen (SSRQ ZH NF I/1/3 18-1).
  4. Angesichts der grossen Anzahl von Pesttoten wurde im Jahr 1541 bei der PredigerkircheLieu : ein neuer Friedhof angelegt (SSRQ ZH NF I/1/3 180-1).