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SSRQ ZH NF II/11 81-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, par Ariane Huber Hernández et Michael Nadig

Citation : SSRQ ZH NF II/11 81-1

Licence : CC BY-NC-SA

Beschluss im Streit zwischen den Stiftspflegern und den Leuten von Schwamendingen um Rechtsbefugnisse

1562 novembre 20.

Die Leute von Schwamendingen haben die Rechte des Grossmünsterstifts in Schwamendingen bezüglich des Weibels, der Weide und des Waldes in Frage gestellt. Das Stift habe sich jedoch aus Gnade bisher sehr grosszügig gezeigt mit der Ausgabe von Holz und Streue sowie auf Bussen, Fallabgaben und Ehrschatz verzichtet. Die Pfleger entscheiden, sich in Zukunft strikt an die Offnung zu halten, Bussen und Fallabgaben wieder einzuziehen und den Leuten von Schwamendingen kein zusätzliches Holz über die in der Offnung festgehaltenen Ansprüche hinaus zu genehmigen.

Um die Nutzung von Wald und Weide in SchwamendingenLieu : kam es immer wieder zu Konflikten zwischen dem GrossmünsterOrganisation : und den Hubern von SchwamendingenLieu : . Das GrossmünsterOrganisation : war der Ansicht, dass es frei darüber verfügen könne, da alles Eigentum des StiftsOrganisation : sei und die Huber nur auf gewisse Nutzungsrechte ein Anrecht hätten, aber keine eigentliche Allmende der Gemeinde vorhanden sei. Die Huber wiederum fürchteten um ihren Anteil an Holz und Weide, wenn das Stift gewissen Personen zusätzliche Nutzungsrechte einräume. Vorausgegangen war ein Streit um die Besetzung des Weibel- und des Hirtenamts, das bisher in Personalunion ausgeübt worden war. Er endete damit, dass der Weibel wie bisher vom Stift berufen wurde, das Hirtenamt aber neu von den Hubern besetzt werden durfte. Um die Einkunftseinbussen, die ihr Weibel dadurch erlitt, zu kompensieren, erlaubte ihm das StiftOrganisation : , zusätzliche Stück Vieh auf die Weide zu treiben (SSRQ ZH NF II/11, Nr. 79). Auch der Ziegler in SchwamendingenLieu : durfte ein zusätzliches Tier zur Weide führen (zum Ziegler in SchwamendingenLieu : vgl. SSRQ ZH NF II/11, Nr. 82). Dagegen klagten die SchwamendingerOrganisation : vor dem RatOrganisation : , worauf das GrossmünsterOrganisation : seinerseits wegen der unerlaubten Verpfändung der Allmende um 100 Gulden klagte. Der RatOrganisation : entschied am 15. Juli 1562 (worauf im vorliegenden Entscheid auch Bezug genommen wird), dass das GrossmünsterOrganisation : berechtigt sei, den Weidgang des Zieglers zu erweitern und dass die 100 Gulden wieder ausgelöst werden müssten; für die Untersuchung der übrigen Streitpunkte wurden vier Ratsmitglieder delegiert (StAZH G I 3, Nr. 97; StArZH VI.SW.A.1.:16; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 103, Sp. 93-94). Am 22. September 1562 bestätigte diese Delegation das Recht des StiftsOrganisation : , auch den Weibel mehr Tiere zur Weide bringen zu lassen. Ausserdem ermahnte sie die Huber von SchwamendingenLieu : , sich des Holzes wegen an die Offnung zu halten und nur mit Erlaubnis des StiftsOrganisation : Wald, Wiesen und Weiden zu nutzen, da diese Eigentum des GrossmünstersOrganisation : seien (StAZH G I 3, Nr. 120, S. 3-10; StArZH VI.SW.A.1.:17; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 105, Sp. 96-100).

Unter Verweis auf den vorliegenden Entscheid wurden bis mindestens 1566 wieder Fallabgaben eingezogen (StAZH G I 3, Nr. 105). Die Konflikte waren mit den genannten Entscheiden nicht beigelegt, weshalb am 10. Oktober 1573 drei Ratsabgeordnete eine neue Holzordnung erliessen (SSRQ ZH NF II/11 89-1).

Texte édité

Erkantnuß deren von SchwamendingenLieu : halben

[fol. 105r]Saut de page

Uff den 20. novembris im 1562 jarDate : 20.11.1562 habend sich ouch die herren pfläger mit gmeinem radtOrganisation : erkent, sid und die von SchwamendingenLieu : so unfrüntlicher und ungepürlicher wys ein gstifft vor unseren gnädigen herren, einem eersammen radtOrganisation : , hievor am 15. julii dises 62 jarsDate : 15.07.15621 fürgenommen und ein gstifft und die herren pfläger mit unbefuͤgten gründen understanden zezwingen und inen ire rechte, alte fryheit und gwaltsamme under dem schyn dess rechten understanden, uss den händen zenemmen und an sich unbefuͤgter wys zuͦbringen, also das sy weder dess weibels noch der weid und dess holtzes so vil gwalts haben söltind, das sy dem weibel und dem ziegler fuͦg hettind, uff ire weiden etliche houpt vech zuͦ erlouben und gan zelaßen.
Und man aber inen bishar lange zyt so vil gnaden gethan und bewisen mit holtz usgäben, verkouffen und verschencken, und mit der ströwe ab den gmeinen wisen, die zuͦ iren huͦben nit beschriben und derhalben inen nit gelihen noch hörend, gält dorab zuͦ erlösen und an iren nutz zuͦ verwenden; dess glichen von den buͦßen inen vil guͦts willens gelaßen, das aber inen von keinem rechten nie gehört, und mit den huͦbfälen und eerschätz sölich mitlyden mit inen gehaben, das man inen deren stucken, die sy aber lut dess rotenbuͦchs2 und der offnungen zuͦbezalen schuldig sind, uß gnaden lang nie nüt gehoüschet noch abgenommen. Dagegen aber sy also unpürlich mit dem [fol. 105v]Saut de page holtz umgangind und sölichen hochmuͦt und fräfel tribind und minen herren gar kein guͦt wort gäbind von wegen, das kein danck in inen sige, so sölle ein gstift fürhin, diewyl sy guͦte besiglete urtel und vertrags brief von unseren gnädigen herren wider sy erlanget habind, inen kein holtz mee weder schäncken noch zuͦverkouffen gäben und inn alweg nach der rechtsamme der offnung aller articlen geläben, und die fäl und eerschätz, so bishar ein zyt uß gnaden underlaßen, fürhin, so die selbigen gefallend, inziehen, die holtzbuͦßen und fräfel lut der offnung und miner herren urteil und vertrags briefen zuͦ iren handen nemmen, das ab- und windfellig holtz, so je wurde, durch iren kelnhofer und weibel verkouffen laßen, und sich irer dryeren3 nüt mer beladen, diewyl sy nieman uber das unser, sonder uber ire zün, straßen und andere stuck, so iren erblähen zuͦhörind, zesetzen habind, das ouch dieselben fürhin inn dem holtz a weder schaltten noch waltten söllind, und also die pfläger inen jederzyt thuͦn und gäben söllind, was man inen lut der offnung zethuͦn und zegäben schuldig ist, und dagegen fürhin von inen vorderen und in zühen, was sy hinwider lut der offnung schuldig sigind. Und wo sy sich desse widrigen wurdent, sölle ein gstift unser gnedig herren, als die uns schon lut unser alten fryheit und der offnung gnuͦg besicheret, jeder zyt anruͤffen und schirm by den selbigen suͦchen.

Annotations

  1. Suppression : welre.
  1. An diesem Datum war über die Erlaubnis des StiftsOrganisation : an den Ziegler, mehr Vieh auf die Allmende zu treiben und über die Verpfändung der Allmend um 100 Gulden durch die Gemeinde SchwamendingenOrganisation : entschieden worden, vgl. StAZH G I 3, Nr. 97 bzw. StArZH VI.SW.A.1.:16.
  2. Dieses Buch wird auch in einem Nachtrag zur Offnung von SchwamendingenLieu : genannt (SSRQ ZH NF II/11 15-1, Art. 7). Es scheint sich um eine Sammlung von Rechten des StiftsOrganisation : in SchwamendingenLieu : gehandelt zu haben, die jedoch nicht überliefert ist. In dem als «Rotes Buch» bekannten Kopialbuch der Stadt ZürichLieu : von 1428 finden sich keine Einträge zu SchwamendingenLieu : (StAZH B I 276 - B I 277).
  3. Gemeint sind die drei Geschworenen.