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SSRQ ZH NF II/11 82-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, par Ariane Huber Hernández et Michael Nadig

Citation : SSRQ ZH NF II/11 82-1

Licence : CC BY-NC-SA

Verleihung der Gerechtigkeit zum Graben von Lehm an den Ziegler Rudolf Bräm in Schwamendingen durch das Grossmünsterstift

1563 janvier 19.

Rudolf Bräm, der die Ziegelhütte in Schwamendingen mit Haus und Hofstatt dem Heini Hüwiner abgekauft hat, meint, die Gerechtigkeit zum Lehmgraben sei durch den Kauf ebenfalls an ihn übergegangen. Hüwiner habe Bräm erklärt, die Gerechtigkeit sei ihm von den Bauern von Schwamendingen verliehen worden. Das Stift belehrt Bräm eines Besseren: Die Huber haben dem Hüwiner hie und da erlaubt, Lehm zu graben, jedoch ohne Erlaubnis des Stifts, um von Hüwiner einen vorteilhaften Preis für die Ziegel zu ihrem Eigengebrauch zu erhalten. Nun verleiht das Stift dem Ziegler die entsprechende Gerechtigkeit um 6 Pfund jährlichen Zinses. Da dieser Zins sehr tief ist, stellen Kapitel und Stiftspfleger die Bedingung, dass Bräm den Zinsleuten des Stifts bei Bedarf mangelhafte Ziegel günstig ersetze. Das Stift behält sich vor, den Zins künftig bei Bedarf neu festzulegen und stellt sieben Punkte in den Vertrag, die vor allem dem Schutz des Waldes dienen. Bei Übertretung der Vereinbarungen sind dem Stift entsprechende Bussgelder zu entrichten.

Die Ziegelhütte in SchwamendingenLieu : war keine herrschaftliche Gründung, sondern eine eher graduelle Etablierung. Nach dem Bericht von Stiftsverwalter HallerPersonne : (im Amt 1555-1601) hatte man Ruedi HüwinerPersonne : von BassersdorfLieu : , der sich ein wenig auf das Zieglerhandwerk verstand, vermutlich um etwa 1500 erlaubt, die guten Lehmvorkommen in SchwamendingenLieu : am Berg auszuschöpfen, woraufhin er dort eine Ziegelhütte und einen Ofen errichtete und dem StiftOrganisation : jährlich etwas Zins versprach; später übernahmen seine Söhne ThomannPersonne : und HeinrichPersonne : Hüwiner die Ziegelei, dann HeinrichPersonne : allein (StAZH G I 3, Nr. 16). Laut dem vorliegenden, ebenfalls auf HallerPersonne : zurückgehenden Stück wäre das Ziegeleigewerbe von Heinrich HüwinerPersonne : sogar nur zwischen ihm und den Hubern von SchwamendingenLieu : vereinbart worden, ohne Erlaubnis des StiftsOrganisation : .

Der Betrieb der Ziegelhütte führte jedoch wiederholt zu Konflikten mit dem Hubern aufgrund der durch die Lehmgewinnung entstehenden Schäden an Boden und Wald sowie wegen des grossen Holzbedarfs für die Ziegelbrennerei (1544/1545: StAZH G I 2, Nr. 26; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 55; StAZH G I 2, Nr. 29; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 58; 1548: StAZH G I 230, S. 26-27; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 61; 1559: StAZH G I 22, fol. 62v-63r; fol. 66r). Die Huber stellten sich auf den Standpunkt, dass HüwinerPersonne : keine Hube oder Schuppose besitze und daher nur wie ein Tauner zu behandeln sei (StAZH G I 230, S. 26-27). Auch seine Ansprüche auf Bauholz waren 1543 deswegen schon bestritten worden (StAZH G I 2, Nr. 17; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 51; StAZH G I 230, S. 11-12; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 52).

1561 verkaufte HüwinerPersonne : seine Ziegelei an Rudolf BrämPersonne : . Zwar liessen sie diese Handänderung vom StiftOrganisation : bestätigen (StAZH G I 22, fol. 91r), dennoch wurde BrämPersonne : 1563 vor die Pfleger geladen, da die Verleihung der Erlaubnis, Lehm abzubauen, durch das StiftOrganisation : zu erfolgen habe und nicht durch die Huber von SchwamendingenLieu : . Dies ist wohl im Zusammenhang mit diversen Kompetenzstreitigkeiten von 1562 zwischen GrossmünsterOrganisation : und den Hubern zu sehen (vgl. SSRQ ZH NF II/11 79-1; StAZH G I 3, Nr. 97; SSRQ ZH NF II/11 81-1). Auf die unerlaubte Verpfändung der Allmende um hundert Gulden wird im vorliegenden Stück explizit Bezug genommen. Verschiedene der in diesem Stück aufgeführten Punkte bildeten später die Grundlage für eine Ordnung des Zieglers (SSRQ ZH NF II/11 107-1)

Auch mit BrämPersonne : gab es danach jedoch weitere Konflikte: Am 18. Mai 1564 wurde aufgrund der Beschwerde der Huber wiederholt, dass der Ziegler seine Produkte den SchwamendingernOrganisation : verbilligt abzugeben habe und Holz und Boden nicht schädigen dürfe (StAZH G I 3, Nr. 120, S. 39-41). Am 20. August 1566 wurde BrämPersonne : nach wiederholten Verstössen gegen die im vorliegenden Stück genannten Bedingungen und Nichtbezahlen von Zinsen zu einer Busse und der Nachzahlung des Lehenzinses der letzten drei Jahre verurteilt (StAZH G I 22, fol. 183r-184r).

Texte édité


Ruͦdolf BrämPersonne : , ziegler
zuͦ SchwamendingenLieu :


Als dann die gmeinen huͦber
zuͦ SchwamendingenLieu : vor etlichen
jaren sich hinder den gstiffts
pflägeren mit Heintzen HüwinerPersonne : ,
dem ziegler, ingelaßen und
imm zuͦ siner ziegelhütten inn
dem berg hin und har vergunnen leim zegraben, damit er
inen die ziegel, die sy im
abkouffen wurdint, alweg
ein tusentQuantité : 1000 um vi Unité monétaire : 6 livres gäben
söltte,1 und im derhalben den
boden zuͦ graben als um so
vil gnießes (das sich dann
gar vil träffen mocht) verlichen hattend. Alda der
HüwinerPersonne : diser hütten behusung und gwerb dem Ruͦdolf
a Brämen
Personne :
zekouffen gäben, dessCorrection par-dessus, remplace : undb inn uff disen tag
die pfläger für sich beschickt,
diewyl sy berichtet, das er
etwo lang hin und wider
und nach sinem gefallen schädlich gegraben, und aber desse
kein erlouptnuß noch gwalt von
dem gstifft und pflägeren nie
empfangen habe, sölichen sinen
gwerb uß dess gstiffts holtz
und berg zevertigen, der imm
aber gar großes jerlichDurée répétée : 1 année ertragen
möge.

Alda er vermeinen wellen, er
habe die grächtigkeit dess leimgrabens von dem HüwinerPersonne :
mit sampt der hütten erkoufft,
der HüwinerPersonne : aber habe die
selbig von den puren empfangen, also das er inen die ziegel um so vil näher dann
ander lüten zekouffen gäbe.
Dagegen aber die pfläger dem
ziegler anzeigen laßen, sy
kerend sich nit an das, was
die puren mit dem HüwinerPersonne :
gemachet habind, diewyl sy
dess weder fuͦg noch gwalt
gehaben, als wenig als
desse das sy hinderruggs [fol. 112v]Saut de page
dem gstift vor etlichen jaren ouch
hundert guldinUnité monétaire : 100 florins uff den berg
ufgenommen, der aber nit iren,
sonder dess gstifts sige.2 Derhalben sölle er diss lähen und
gwaltssamme zegraben nit von
den puren, sonder von den pflägeren empfahen.

Also hat man im verlihen ze
graben jerlichDurée répétée : 1 année um vj Unité monétaire : 6 livres , doch
das er in ansähen diss geringen zinses den puren, des gstiffts
zinslüten, die ziegel, so sy deren mangelbar, ouch dester um
ein ringeren pfennig c–von 2 Unité monétaire : 2 livres Ajout dans la marge de gauche–c werden
laße. Doch wil man inn ouch
nit doran gebunden haben das
er inen das drisig um vj Unité monétaire : 6 livres
laßen müsse. Man wil ouch
die hand offen haben, inn fürhin by sölichem zins zebliben
laßen oder nitt. Er möchte ouch
mit graben so schädlich wellen faren,
und die huͦber, dess gstiffts zinslüt, mit dem gält, was er inen
gebe, so gar geschwären wellen,
man wurde inn nit fürfaren
laßen, dess sol er

1. Für sich selb nienen anfahen
nüw zegraben, by der buͦß als
ob er einen houw ufgebrochen und
gewuͤstet hette.

2. Der gstifft kelnhofer und
weibel söllend im alweg zeigen, wo zuͦ dem aller unschädlichisten zegraben sige, damit das
der holtzgrund dest minder gschenden
und das holtz, so da were, nie
nütz vor dannen tan werde.

3. Und besonder in keinem jungen houw sol er nüt graben,
nun wo alt holtz stat.

4. Ob er ouch schaden thuͦn wurde
mit holtz umgraben, oder etwas
selb zenemmen, sol er das nach erkantnuß der pflägeren buͤßen.

5. Er sol ouch kein houw ufbrächen, by x Unité monétaire : 10 livres buͦß, ouch
alle gätter zuͦthuͦn, wo er us
und ynfart, damit kein schaden
von vech und süwen beschehe,
dann so einicher schad durch sin
schuld und sumnuß beschehe, sol
er den selbigen abtragen und
buͤßen.
[fol. 113r]Saut de page

6. Man wil ouch mit im
die hand offen han uff alle
jar
Durée répétée : 1 année
zehandlen mit dem zins
zehandlen, nach dem und er
sich dann schädlich oder unschälich haltet. Den zins aber
sol er gen uff MartiniDate : 11. novembre (des fêtes religieuses comme délai) alle
jaar
Durée répétée : 1 année
.

7. Und als man imm nach uß
gnaden ein roß erloupt uff
die gmeinen weiden, wil man
ouch die hand offen han, inn
daby beliben zelaßen oder
nit, lut miner herren urteil,
dann man im das sonst gen
nit schuldig.3

Annotations

  1. Suppression : Hüw.
  2. Correction par-dessus, remplace : und.
  3. Ajout dans la marge de gauche.
  1. Vgl. das Ratsurteil vom 7. Januar 1545, StAZH G I 2, Nr. 29; Edition: Hotz, UB Schwamendingen, Teil 1, Nr. 58.
  2. Dieser Fall wurde am 15. Juli 1562 vom Rat entschieden, vgl. StAZH G I 3, Nr. 97.
  3. Vgl. StAZH G I 3, Nr. 97.