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SSRQ ZH NF I/2/1 40-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 40-1

Licence : CC BY-NC-SA

Burgrechtsvertrag der Stadt Winterthur mit der Stadt Zürich

1407 septembre 2.

Bürgermeister, Rat und Bürger von Zürich erklären, dass Schultheiss, Rat und Bürger von Winterthur vorbrachten, durch den Krieg der Herzöge von Österreich, ihrer Herrschaft, mit den Landleuten von Appenzell und deren Verbündeten grossen Schaden erlitten zu haben. Bei dem Feldzug der Appenzeller und der Landleute von Schwyz in den Thurgau seien die Stadt Wil, die Burgen Sonnenberg und Spiegelberg, Burg und Amt Tannegg, die Burg Bichelsee, Burg und Stadt Elgg sowie Burg und Amt Kyburg, das an Winterthur grenzt, erobert worden. Die adlige Gefolgschaft der Herzöge hätte mangels Unterstützung kapituliert. Um besser bei ihrer Herrschaft verbleiben zu können und Schutz und Frieden für sich und ihr Gut zu erhalten, wollten die Winterthurer ein unbefristetes Burgrechtsabkommen mit Zürich schliessen. Damit Stadt, Land und Leute in Frieden leben können, nehmen die Zürcher die Winterthurer zu folgenden Konditionen dauerhaft als Bürger auf: Die Winterthurer behalten sich die ihrer Herrschaft zustehenden Dienste und Rechte vor (1). Die Zürcher sollen den Winterthurern nach Mahnung gegen alle Widersacher raten und helfen wie ihren eingesessenen Bürgern. Die Winterthurer sollen ihrerseits den Zürchern raten und helfen, wenn sie dazu aufgefordert werden (2). In Konflikten ihrer Herrschaft mit den Zürchern oder deren Eidgenossen sollen sie neutral bleiben, Handel können sie jedoch mit beiden Seiten treiben (3). Die Zürcher haben nicht das Recht, den Winterthurern Steuern aufzuerlegen (4). Streitigkeiten unter Bürgern der beiden Städte sollen vor Gericht ausgetragen werden, massgeblich ist der Gerichtsstand des Beklagten. Darüber hinaus sind Schuldpfändungen und die Eintreibung ausstehender Zinsen vor geistlichen oder weltlichen Gerichten oder durch Pfändung erlaubt (5). Beide Seiten haben die Einhaltung des Burgrechts gelobt. Auf Antrag ist das Burgrecht zu erneuern. Die Aussteller siegeln mit dem Siegel der Stadt Zürich.

  • Cote : StAZH C I, Nr. 3148
  • Date : 1407 septembre 2
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 58.0 × 39.0 (Plica : 4.0 cm)
  • 1 sceau :
    1. Stadt ZürichOrganisation : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, endommagé
  • Langue : allemand
  • Edition
    Regest
    • URStAZH, Bd. 4, Nr. 5321
    • EA, Bd. 1, Nr. 268

  • Cote : STAW URK 422 (r)
  • Date : 1407 septembre 2
  • Tradition : Abschrift (Einzelblatt, aus zwei Stücken zusammengenäht)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 31.0 × 55.0
  • Langue : allemand

Die Kriegserfolge der AppenzellerOrganisation : veranlassten die WinterthurerOrganisation : , sich unter Vorbehalt der stadtherrlichen Rechte der Herzöge von ÖsterreichOrganisation : dem Schutz der Stadt ZürichLieu : zu unterstellen, da sie von ihrer Herrschaft keinen Beistand erwarteten. Ausbürger und Neubürger mussten sich zur Einhaltung der Bestimmungen des Burgrechts verpflichten (STAW B 2/1, fol. 18r-v, 20v; Edition: Hauser 1899, S. 63-64). Zu den Hintergründen des Burgrechtsabkommens und der politischen Situation in WinterthurLieu : während der Appenzellerkriege vgl. Niederhäuser 2019, S. 38-41; Niederhäuser 2004; Hauser 1899.

Auf habsburgischerOrganisation : Seite beschwerte man sich, dass ZürichLieu : die Bestimmungen des Zwanzigjährigen Friedens missachtet und ihre Gefolgsleute, Städte und Dörfer ins (Aus-)Bürgerrecht aufgenommen habe (Niederhäuser 2004, Anhang S. 51-52). Auf Druck der Herrschaft lösten die WinterthurerOrganisation : das Burgrechtsverhältnis am 24. März 1408 wieder auf, wie eine um 1420 entstandene Redaktion der Chronik der Stadt ZürichLieu : berichtet. Diese erwähnt einen mit dem WinterthurerLieu : Stadtsiegel versehenen Burgrechtsvertrag, der sich damals noch im Besitz ZürichsLieu : befunden haben soll (Tschudi, Chronicon, Bd. 7, S. 138, Anm. 91).

Dass die Ausfertigung der ZürcherOrganisation : heute im Staatsarchiv Zürich liegt und von der Urkunde der WinterthurerOrganisation : nur eine von demselben Schreiber angefertigte Abschrift überliefert ist (STAW URK 425i), spricht nicht gegen ein Inkrafttreten des Burggrechts. Vorwürfe des herzoglichen Landvogts, die ZürcherOrganisation : verzögerten WinterthursLieu : Angelegenheit (Niederhäuser 2004, Anhang S. 51-52), könnten darauf hindeuten, dass diese trotz Aufkündigung des Burgrechts die Rückgabe der Verträge verweigerten.

Texte édité


Wyr, der burgermeister, die raͤt und alle burger gemeinlich der statt Zu̍richLieu : Organisation : ,1 tuͦn kunt menlichem und verjechen offenlich mit disem brief, das die fromen, wisen, der schultheiss, der râtOrganisation : und die burger gemeinlich der statt WinterthurLieu : Organisation : , u̍ns ze wissen getan und fu̍rbracht hant, das die hochgebornen, durchlu̍chtigen fu̍rsten, ir genedige herschaft von OͤsterrichOrganisation : etcAbréviation, etwe vil zites krieg und misshellung gehept habent
mit dem amman, mit den lantlu̍ten ze AppazellLieu : Organisation : und mit dien, so zuͦ inen gehaft sint. Dar under vil loͤiffen ufgestanden sint, das da von grosser gebrest und schad komen were von roͧb, von brand,
von todslegen2 und das herren, stett, so zuͦ der obgenobgenanten herschaft gehoͤrent, und oͧch si durch der selben ir herschafft willen lip und guͦt gewaget und we getan hettin und noch hu̍tt dis tages gern tetind. So
werind jetz uff dis zitt die vorgenvorgenanten von AppazellLieu : , die lantlu̍t von SwitzLieu : Organisation : und ander, die zuͦ inen gehaft sint, in dem TurgoͤweLieu : uff dem veld und habend do erzwungen und zuͦ iren handen ingenomen die
statt WileLieu : , die vesty SunnenbergLieu : , die vesty SpiegelbergLieu : , die vesti und das ampt ze TanneggLieu : , die vesti BichelseLieu : , die vesti und die statt ze ElggoͤwLieu : , die vesti und das ampt ze KyburgLieu : , daz
selb ampt ze allen siten an si stiesse. Dar zuͦ hettend ander herren, ritter und knecht, die der obgenobgenanten ir herschaft zuͦgehorten und in irem land gesessen sint, zuͦ den egenegenanten von AppazellLieu : und zuͦ den
iren gelopt und gesworn, durch das si ir lip und guͦt behaben moͤchtin, won die selben herren noch si von der vorgeseiten ir hêrschafft noch von den iren zuͦ disen ziten kein entschu̍ttung, hilffe noch
schirm nicht habend noch von ir wartend syend. So entsaͤssen oͧch die vorgenvorgenanten von WinterthurLieu : jetzuͦ gegenwu̍rteklich von dien obgenobgenanten von AppazellLieu : und iren helffern ir schedlich verderben an ir lipp und
guͦt.
Und her umb und von ander nott und gebresten wegen, so inen und ir statt uflege, und oͧch dar umb, das si bi der egenegenanten ir herschaft dester bas beliben und von ir nicht getrengt wurden, woͤltend si eweklich u̍nser burger werden und ein burgrecht bi u̍ns haben durch schirmes und friden willen ir libes und guͦtes.3 Und won wir, die obgenobgenanten von Zu̍richLieu : , all zit vil kost und arbeit haben, daz wir
gern sechin, das u̍nser statt, gemein land und lu̍t bi eren und in friden beliben moͤchten, dar umb so haben wir mit gemeinem, einhelligem rât und mit sinneklicher vorbetrachtung die vorgenvorgenanten von
WinterthurLieu : eweklich ze burger genomen und enpfangen mit dien stuken und gedingen, als hienach geschriben stând.
Des ersten ist berett und hant oͧch die vorgenvorgenanten von WinterthurLieu : inen selber in disem
burgrecht vorbehept und ussgelassen die dienst und rechtung, so die hochgebornen durlu̍chtigen fu̍rsten, ir genedige herrschaft von OͤsterrichOrganisation : , von rechtz wegen zuͦ inen hant, ungefarlich.
Dann ist verdinget,
das wir, die vorgenvorgenanten von Zu̍richLieu : , die vorbenvorbenanten von WinterthurLieu : , die iren und alle ir mitburger und ir nachkomen und jeklich besunder handhaben, schirmen, behulffen und beraten sin su̍llent mit lip
und guͦt, als verr wir mugent, als ander u̍nsern ingesessenen burgern gegen menlichem, nieman ussgelassen, wer die werend, die si hinnanhin trengen woͤltin oder beku̍mbertin an lip, an eren oder
an guͦt, âne allen fu̍rzug, âne alle widered, ungefarlich, wenne wir des von inen in u̍nsern râtOrganisation : mit botten oder mit briefen ermant werdent. Da wider su̍llent oͧch die vorgenvorgenanten von WinterthurLieu : gemeinlich und ir jeklicher besunder u̍ns, dien vorgenvorgenanten von Zu̍richLieu : , und allen dien u̍nsern mit ir liben und guͦt behulffen und beraten sin gegen menlichem, als verr si mugent, als dik si des von u̍ns
in irem râtOrganisation : mit botten oder mit briefen ermant werdent, âne alle widered, âne geverd.
Aber her inne ist oͧch verdinget, ob die obgenobgenante herschaft von OͤsterrichOrganisation : mit u̍ns, dien egenegenanten von Zu̍richLieu : ,
oder mit u̍nsern eidgnossen hinnanhin dehein misshellung oder krieg gewunnent, das got lang wende, so ensu̍llent die vorbenvorbenanten von WinterthurLieu : der herschaft noch der eidgnoschafftLieu : dewederm teil in den kriegen nicht behulffen noch beraten sin mit reisen noch mit soͤlichen sachen, in dehein wise, won das si, die wile der krieg werot und nicht bericht noch gefridet ist, darunder su̍llent still sitzen, ungefarlich. Doch su̍llent die selben von WinterthurLieu : und die iren u̍ns, dien vorgenvorgenanten von Zu̍richLieu : , und u̍nsern eidgnossen, die wile der krieg werot, aller leye
koͧff geben, âne widered. Das selb su̍llent wir inen ze gelicher wise hin wider tuͦn, âne geverd. Si mugent der obgenobgenanten herschaft und den iren oͧch also koͧff geben, ob si wellent, âne
alle geverd.
Es ist oͧch her inne eigenlich bedinget und berett, das wir, die obgenobgenanten von Zu̍richLieu : , u̍ber die egenegenanten von WinterthurLieu : noch u̍ber ir statt mit stu̍ren noch mit andern sachen
keinen gewalt nicht haben su̍llent, in dehein wise, dann so verr, als an disem brief geschriben stâd, ungefarlich.
Oͧch ist berett, were, das u̍nser, der vorgenvorgenanten von Zu̍richLieu : , burger oder jeman,
der zuͦ u̍ns gehoͤrt, der egenegenanten von WinterthurLieu : burger oder der iren nu oder her nach u̍tzit anzesprechen hettind, dar umb su̍llent wir die u̍nsern heissen und wisen, das si ze WinterthurLieu :
vor dem râtOrganisation : oder vor irem gericht4 das recht von dem ansprechigen nemen und niendert anderswo, und sol man oͧch da dem klager unverzogenlich richten. Ze gelicher wise su̍llent
wir der von WinterthurLieu : burger und dien, so zuͦ inen gehoͤrent, in u̍nser statt Zu̍richLieu : vor u̍nserm râtOrganisation : oder vor u̍nserm gericht das recht von den u̍nsern schaffen, als vor vor stâd, ungefarlich. Es mag oͧch uff jetwederm teil jederman sin rechten gelten oder bu̍rgen, der im gelopt hât, umb jeklich schuld verbieten und im sin guͦt verheften so vil, untz er von im
bezalt wirt, als dik daz ze schulden kunt, âne geverd. Oͧch mag uff jetweder sitt menlich sin zins inzu̍chen mit gerichten, geistlichen ald weltlichen, oder mit pfenden, als untz her gewonlich ist gewesen, âne all geverd.
Die obgenobgenanten, der schultheiss, der râtOrganisation : und all burger gemeinlich der vorgenvorgenanten statt WinterthurLieu : Organisation : , hant oͧch dis burgrecht mit allen dien gedingen,
stuken und artikeln, so an disem brief geschriben sint, fu̍r sich, fu̍r die iren, fu̍r alle ir nachkomen mit guͦten tru̍wen gelobt und gelert eid offenlich ze den heilgen gesworn mit ufgehepten handen, wâr und staͤt ze halten, ze volfuͤren und gentzlich do bi ze beliben nu und her nach, eweklich, unwandelber, âne all arglist, âne alle widered, ungefarlich. So hant dann
wir, die vorgenvorgenanten, der burgermeister, die raͤt und burger gemeinlich der egenegenanten statt Zu̍richLieu : Organisation : , fu̍r u̍ns, fu̍r die u̍nsern und fu̍r u̍nser nachkomen oͧch mit guͦten tru̍wen gelopt und
gelert eid offenlich ze den heilgen gesworn mit ufgehepten handen, wâr und staͤt ze halten und ze volfuͤren alles daz, so wir inen von dis burgrechtes wegen gebunden sint ze tuͦnde,
als in disem brief geschriben stâd, ungefarlich.
Her zuͦ ist eigenlich verdinget und berett, wenne wir, die obgenobgenanten der burgermeister und der rât der statt Zu̍richLieu : Organisation : , der je dann
Zu̍richLieu : gewalt hât, an die vorbenvorbenanten, den schultheissen und den rât der statt WinterturLieu : Organisation : , mit u̍nsern botten oder mit u̍nsern briefen manent und vordrent, das si dis vorgenvorgenante burgrecht
gegen u̍ns mit iren gelu̍pten und eiden ernu̍wren, dann nach u̍nser vordrung und manung su̍llent si alle ir burger gemeinlich und die zuͦ inen gehoͤrent in den nechsten vierzechen
tagen
Période : 14 jours
mit iren gelu̍pten und eyden dis burgrecht ernu̍wren und alles das, so an disem brief geschriben stad, loben und swerren, staͤt ze halten und do bi ze beliben, als vorbescheiden ist, als dik das ze schulden kunt, âne widered, âne geverd. Uff die selben zit su̍llent oͧch wir, die obgenobgenanten von Zu̍richLieu : , inen von des vorgenvorgenanten burgrechtes wegen loben und swerren alles
das, so wir inen und den iren gebunden und gehaft sint ze tuͦnde nach dis briefes wisung, âne geverd. Es sol oͧch jetweder teil sin botschaft do bi haben, so man dis burgrecht mit eiden
ernu̍wren wil, als vor ist bescheiden, ungefarlich.
Und heru̍ber ze einem offenn, vesten urku̍nd, das dis vorgeschriben alles nu und her nach, eweklich wâr und staͤt gehalten
werde, so haben wir, die obgenobgenanten von Zu̍richLieu : , u̍nser statt insigel offenlich gehenkt an disen brief,5 der geben ist an dem andern tag des ersten herpstemânodes in dem jar, do
man zalt von Cristus gebu̍rt vierzechenhundert jar, dar nach in dem sibenden jare
Date : 02.09.1407
etcAbréviation.
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVe siècle :]
Der von WinterturLieu : burgrburgrechts
brbrief
[Note dorsale au verso par une main du XVIe siècle :]
1407Date : 1407
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Ingroßiert

Annotations

    1. Als Aussteller der Ausfertigung der Stadt Winterthur werden entsprechend der Schultheiss, der RatOrganisation : und alle Bürger von WinterthurLieu : Organisation : genannt (STAW URK 425i).
    2. Die kopial überlieferte Ausfertigung der Stadt WinterthurLieu : fügt hinzu: «und von andern sachen» (STAW URK 425i).
    3. Diese Passage lautet in der Ausfertigung der Stadt WinterthurLieu : : «haben wir mit gemeinem einhelligem rât und mit guͦter sinneklicher vorbetrachtung durch schirmes und friden willen unser liben und guͦtes ein ewig burgrecht ufgenomen mit dien fu̍rsichtigen, wisen, dem burgermeister, dien raͤten und burgern gemeinlich der statt Zu̍richOrganisation : » (STAW URK 425i).
    4. Die Ausfertigung der Stadt WinterthurLieu : nennt als zuständiges Gericht für Klagen gegen ZürcherLieu : Bürger den RatOrganisation : oder den Schultheissen der Stadt ZürichLieu : (STAW URK 425i).
    5. Es handelt sich bei dieser Urkunde um die ZürcherLieu : Ausfertigung des Burgrechts, die für WinterthurLieu : bestimmt war.