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SSRQ ZH NF I/2/1 170-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 170-1

Licence : CC BY-NC-SA

Aufzeichnung der in Winterthur geltenden Rechtsnormen

1497 juin 19.

Schultheiss, Rat und Bürger der Stadt Winterthur geben die Rechte wieder, die sie von ihrer Herrschaft, dem Haus Österreich, und dem Reich erhalten haben. (I) Es folgen die Bestimmungen der durch Graf Rudolf von Habsburg veranlassten Rechtsaufzeichnung vom 22. Juni 1264: Grundstücke, die innerhalb des Friedkreises liegen oder die Bürger von der Herrschaft gegen Zins geliehen haben, sollen Marktrecht besitzen gemäss dem Recht der Stadt Winterthur, ausgenommen sind die Kelnhöfe und Huben in den Vorstädten. Die Grenzen des Friedkreises wurden mit der Grafschaft Kyburg festgelegt und mit Grenzsteinen gekennzeichnet (1). Rechtsstreitigkeiten unter Bürgern sollen vor dem Schultheissen und Rat ausgetragen werden (2). Zum Schultheissen der Stadt sollen die Bürger einen Kandidaten aus ihrem Kreis wählen, der nicht die Ritterwürde besitzt oder erlangen soll (3). Kein Herr soll nach dem Tod eines Einwohners einen Vermögensanteil, den sogenannten Fall, einfordern, ausser es handelt sich um einen Eigenmann, der keinen Nachkommen und Erben hinterlässt. Dann soll der Herr nach Rat der Bürger den Fall einziehen (4). Die Winterthurer können den Wald Eschenberg als Allmende gemäss bisheriger Praxis nutzen (5). Keinem Herrn steht aufgrund seines Eigentumsrechts an Eigenleuten deren Grundbesitz, der dem Marktrecht unterliegt, als Erbe zu (6). Die innerhalb des Friedkreises ansässigen Männer und Frauen dürfen die Ehe mit Auswärtigen schliessen, ungeachtet der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Herrschaften (7). Wer in der Stadt Bürger ist oder wird und von seinem Leibherrn innerhalb der Frist von Jahr und Tag zu keiner Dienstleistung aufgefordert wird, soll künftig keinem Herrn zu Diensten und nur dem Schultheissen und Rat gehorsam sein (8). (II) Es folgt die Abschrift des Privilegs König Rudolfs vom 27. Februar 1275: Die Bürger von Winterthur dürfen nach Lehensrecht Lehen empfangen und verleihen (1). Künftige Stadtherren sollen die Pfarrkirche nur einem Priester leihen, der sich der Residenzpflicht unterwirft (2). Die Bürger dürfen Lehen der Herrschaft Kyburg an Töchter vererben, wenn sie keine Söhne haben (3). Bürger müssen sich nur vor dem Gericht des Schultheissen verantworten und dürfen vor jedem Richter klagen (4). Bürger, die Afterlehen der Herrschaft Kyburg besitzen, sollen mit den Lehen belehnt werden, wenn der adlige Leheninhaber ohne Erben stirbt (5). Vogtleute dürfen als Bürger aufgenommen werden, sofern sie die Dienstpflichten gegenüber ihren Herren erfüllen (6). (III) Es folgen städtische Satzungen und Rechtsgewohnheiten, die in einigen Punkten geändert worden sind: Hausfriedensbruch wird mit einer Busse von 3 Pfund für den Kläger und 3 Pfund für den Rat geahndet (1). Folgendes Verfahren gilt für die Bezahlung von Schulden: Ein Gläubiger kann einen Schuldner wegen Zahlungsverzugs vor das Stadtgericht laden. Dieser muss binnen 14 Tagen seine Schulden bezahlen oder bei der nächsten Versteigerung ein Pfand stellen. Nimmt der Schuldner die angesetzten Gerichtstermine nicht wahr, kann er auch in Abwesenheit zur Zahlung verurteilt werden (2.1). Ist der Schuldner länger als vier Wochen verreist, kann der Gläubiger dessen Vermögen vor Gericht in Beschlag nehmen (2.2). Wer keine beweglichen Güter als Pfand einsetzen kann, soll unbewegliche Güter stellen, die nach 6 Wochen und 3 Tagen versteigert werden können. Mittellose Schuldner werden aus der Stadt und dem Friedkreis gewiesen, bis sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen oder die Gläubiger ihnen die Rückkehr einräumen (2.3). Zinsen und Schulden, die mit Unterpfand abgesichert werden, sollen bezahlt werden, wie es vertraglich vereinbart wurde (2.4). Lässt der Schuldner nach der Versteigerung seiner Pfänder die Frist für den Rückkauf verstreichen, kann der Gläubiger darüber verfügen (2.5). Der Schuldner trägt die Kosten des Verfahrens (2.6). Bestreitet der Schuldner die Schuldsumme, soll er sich vor dem Schultheissen und Rat oder dem zuständigen Gericht rechtfertigen. Wird sein Einspruch abgewiesen, muss er die Gerichtskosten tragen und für die Auslagen auswärtiger Kläger aufkommen (2.7). Wer jemanden wegen Ausständen von Arbeitslohn, Darlehen etc. betreiben will, soll vor Gericht klagen, dieses soll unverzüglich über die Betreibung entscheiden (2.8). Das Verfahren wird bei Bürgern, Einwohnern und Auswärtigen gleichermassen angewandt (2.9). Kauf, Verkauf und Verpfändung von Liegenschaften müssen vor dem Rat oder dem Gericht durch Urteil bestätigt und beurkundet werden. Dabei ist zu deklarieren, ob Zinsen auf den Gütern lasten und ob es sich um Eigen und Erbe oder Lehen handelt (2.10). Frauen und Kinder von Bürgern sind erbberechtigt. Eine Frau erbt nach dem Tod ihres Mannes dessen bewegliches Vermögen. Etwaige Darlehen soll sie davon begleichen. Zinsen und Renten, die mit einem Unterpfand abgesichert und verbrieft sind, gelten als unbewegliches Vermögen. Hat ein Mann vor der Heirat Zinseigen geerbt, kann er es seiner Frau nur als Leibgeding überlassen (3). Ansprüche an Marktrechtsgüter können nur vor den beiden Gerichtsversammlungen an Weihnachten und Ostern geltend gemacht werden, wobei der Kläger dem Schultheissen und Rat sowie dem Beklagten jeweils 3 Pfund verbürgen muss für den Fall, dass seine Forderungen abgewiesen werden. Verfahren vor anderen geistlichen oder weltlichen Gerichten sind nicht zulässig. Nur wer selbst Marktrechtsgüter besitzt, darf darüber richten (4). Erwerben Ehepaare gemeinsam Zinseigen oder lediges Eigen, fällt es als Erbe an ihre Kinder, während der überlebende Ehepartner oder die überlebende Ehepartnerin die Güter nur als Leibgeding besitzen kann. Bei kinderlosen Paaren fällt das in die Ehe eingebrachte Eigengut nach dem Tod an die Herkunftsfamilie, haben sie es einander nach schwäbischem Recht vermacht, besitzt es der überlebende Partner oder die überlebende Partnerin bis zum Tod als Leibgeding. Hinterlassen sie Kinder, sind diese erbberechtigt. Hat ein Mann Kinder aus mehreren Ehen, erben alle Kinder seine Eigengüter, sofern er diese nicht einer der Mütter vermacht hat (5). Minderjährige Kinder sollen nach dem Tod des Vaters von dessen nächstem Verwandten als Vogt vertreten werden. Ist dieser nicht für die Aufgabe geeignet, setzen Schultheiss und Rat einen Vermögensverwalter ein. Haben die Kinder keinen Verwandten, bestimmen Schultheiss und Rat einen Vogt, der ihnen gegenüber Rechenschaft über das Vermögen der Kinder ablegen muss (6). Die Aussteller siegeln mit dem Stadtsiegel.

  • Cote : STAW URK 1796
  • Date : 1497 juin 19
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 72.0 × 46.0 (Plica : 5.0 cm)
  • 1 sceau :
    1. Stadt WinterthurOrganisation : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, bien conservé
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Konrad Landenberg

  • Cote : STAW B 2/2, fol. 51r-53v
  • Date : 1497 juin 19
  • Tradition : Abschrift
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 24.0 × 32.0
  • Langue : allemand

1297 stellten Schultheiss und RatOrganisation : erstmals die durch die Stadtherrschaft verliehenen Rechte und die angewandte Rechtspraxis in WinterthurLieu : zusammen (SSRQ ZH NF I/2/1 7-1). Auf dieser Urkunde basiert die vorliegende Rechtsaufzeichnung. Anlass für die neue Redaktion war der Herrschaftswechsel nach der Verpfändung WinterthursLieu : an ZürichLieu : im Jahr 1467 (SSRQ ZH NF I/2/1 90-1) und die seit Beginn des 15. Jahrhunderts zunehmende Eigenständigkeit in inneren Angelegenheiten. Die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit war 1417 in den Kompetenzbereich des Schultheissen und RatsOrganisation : gefallen (SSRQ ZH NF I/2/1 51-1). Sie hatten die Funktion des Stadtherrn bei der Bestrafung schwerer Delikte übernommen. Ferner wurden Veränderungen im Bereich des Schuldrechts berücksichtigt. In der Folgezeit wurde die Zusammenstellung städtischer Rechtsnormen wiederholt überarbeitet, so 1526 (STAW URK 2157) und 1531 (SSRQ ZH NF I/2/1 260-1).

Diese Rechtsaufzeichnung wurde anlässlich der Schultheissenwahl, der Neubesetzung des RatsOrganisation : und der Vereidigung der Bürgerschaft vor versammelter Gemeinde verlesen, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 278-1; Niederhäuser 2014, S. 126, 158; Ziegler 1919, S. 42.

Texte édité


Wir, schulthais, cleinOrganisation : unnd gros raͤteOrganisation : unnd alle burger gemeinlich zuͦ WinterthurLieu : Organisation : , tuͦnd kund allermengklichem mit disem briefe, was wir von dem loblichen hus OͤsterichOrganisation : , u̍nnser gnedigen herschaft, unnd am hailgen richeOrganisation : loblichen begnadet unnd gefrygt sind.
Namlich des ersten wiland von dem hochgebornen herren grauff Ruͦdolffen von HabspurgPersonne : , loblicher gedaͤchtnuß, emāls er ku̍ng ward, der u̍nns gesetzt unnd zuͦ recht geben hāt: Zum ersten, das u̍nnsers fridkrießAinsi infang fu̍rohin ewenklich marcktz recht haben sol nach u̍nnser
statt sidten unnd gewonhait, oͧn die kelnhoͤff und die huͦbhoͤffe, in den vorstetten ligende. Das selb recht sol haben, was wir burger, so indrethalb dem fridkrieß gesessen sind, der herschaft eigen besessen hōnd umb rechten und gesatzten zins. Den selben fridkrieß, wie wir den nach lut u̍nser
frighaitbriefen bitzher ingehept haben, habend wir mit der graufschaft KiburgLieu : umb besser lu̍trung nach der gelegenhait undergangen und undermarcket und deshalb nach dem cirkel und begriff desselben fridkrieß marckstein gesetzt, darby wir und u̍nser nachkommen
also soͤlchen fridkrieß mit sinem vergriff inzehaben wu̍ssen mu̍gen.1
Zum andern sind wir gefrygt, was u̍nnser yeder burger zuͤ dem andern ze sprēchen hāt, das soͤlch rechtvergung vor schulthaiß unnd raͤuteOrganisation : und nach gelegenhait der sache vor u̍nnserm stab beschaͤhen sol. Zum dritten, das zuͦ schulthais diser statt niemandt erwoͤlt werden sol, wann das wir burger einen under u̍nns erwoͤllen soͤllen, der weder ritter sig noch ritter werden soͤlle. Zum vierden hāt er u̍nns gesetzt und zuͦ recht geben, das kein herr sinen
man, der inderthalb dem gemelten fridkrieß seshaft ist, fallen sol, es wēre dann, das derselb man keinen erben hette gelāssen nach sinem tode, so soͤlte er in fallen nach der burger rāte.
Zum fu̍nfften hāt er u̍nns geben, das EschenbergLieu : , der wald, u̍nser gmein maͤrck
sin sol und in niessen soͤllen hinenthin als bitzharr nach u̍nnser gewonnhait.
Zum sechsten, das kein herr erben sol siner eigen lu̍ten eigen, das inderthalb u̍nnserm fridkrieß lit unnd marckrechtz hāt. Zum sibenden, das alle die, so in dem gemelten fridkrieß
sesshaft sind, man unnd wibe, su̍n unnd tochtren, zuͦ der ee kommem mu̍gen mit allen lu̍ten, an die sy vallend in ander stett und von andern stetten, und sol u̍nns die ungenossami der herschaft nit schad sin.
Zum achtenden hāt er u̍nns gesetzt unnd
gefrigt, wēr u̍nser burger ist oder wirt und in u̍nser statt verjaret und vertaget ōn sins herren ansprāch, der inlendig und des eigen er ist, der sol darnach yemermer keinem herren dienstes verbunden, dann schulthaiß unnd raͤuteOrganisation : alhie gehorsam sin.
Item so ist ditz
die abgeschrifft der frighait, damit wir von dem obgenannten grauff RuͦdolfenPersonne : darnach, als er ku̍ng ward, loblich gefrygt sind, von wort zuͦ wort also lutende:
Ku̍ng RuͦdolffPersonne : von RōmLieu : von gottes gnaden ku̍nden allen getru̍wen des hailgen richsOrganisation : , den ditz brief hab
gezoͤugt wirt, sin gnad unnd alles guͦt. U̍nnser gnad dunckt billich, das wir u̍nns neigent gnediklich gegen der bettlichen begirde, die u̍nns lopt unnd empfilcht usgenommenlich getru̍wer dienste mit staͤttem willen. Wann nun ditz offenbar ist an u̍nnsern lieben getru̍wen, burgern
von WinterthurLieu : , so haben wir durch ir bett inen dise gnad und ditz recht unnd dise frighait gesetzt und gegeben, die hienach geschriben stōnd.
Die erst gnad, die wir inen gegeben und gesetzt haben, ist, das sy nach edler lu̍ten sitten und recht lehen soͤllen empfahen und haben
und ander belehnen nach lehens recht.
Die ander gnad, die wir inen gesetzt und geben haben, die ist, das wir gebieten u̍nsern erben, wenn unnd wie dick die kilch zuͦ WinterthurLieu : ledig wurde, das sy die niemand lihend wann einem priester, der mit geschworen eide sich binde, das
er uff der kilchen inne zuͦ WinterthurLieu : sitze mit rechter wōnung.
Die dritt gnad, die wir inen gesetzt und gegeben haben, ist, das die lehen, die sy hond von der herschaft2 von KiburgLieu : , soͤllen ir tochtren erben als ir su̍n, ob kein sun ist da. Die vierd gnad ist, die wir inen gesetzt unnd
gegeben hond, das sy niendert zuͦ recht stān soͤllen wann vor iren rechten schulthaiß und recht vordern soͤllen unnd nēmen, ob sy woͤllend, vor einem jegklichen richter.
Die fu̍nfft gnad ist, die wir inen gesetzt und ze recht hond geben, hette ir dheiner ein lehen von einem edelman, er sige ritter oder knechte, der dasselb lehen von der herschaft von KiburgLieu : hāt, und derselb edelman stirbt ōn erben, so sol er dasselb lehen von niemand andern haben wann von der herschaft. Und ensol kein u̍nser erb gwalthaben, dasselb lehen yemand anderm ze lihen. Die
sechst gnad ist, die wir inen gesetzt und geben haben, das sy einen jegklichen vogtman zuͦ burger mu̍gen empfahen also, das er dem herren diene nach der vogty recht.
Zuͦ einer sicherhait und ze einer offner bewaͤrde ditz dings haben wir inen disen briefe gegeben, gezeichnet
und gevestnet mit dem insigel u̍nsers gewaltz. Dise gnad unnd disen brieffe haben3 wir inen drig tag vor mertzen anfang, in dem dritten jār RoͤmerLieu : stu̍r jār, in dem jār, do von gottes gepu̍rt wārend zwoͤlffhundert jār, sibentzig jār und darnach in dem fu̍nfften
jār, in dem andern jār u̍nnsers richs
Date : 27.02.1275
.
Item so sind ditz u̍nser statt satzung und gewonhait, so wir von alterher gehept unnd jetzo von gmeines u̍nnsers nutz wēgen zum teil anders ernu̍wert haben: Des ersten haben wir von alterherr zuͦ recht umb die
heimsuͦchi, wēr der ist, der den andern fraͤffenlich heimsuͦchet indret drigen fuͦssenMesure de longueur : 3 pieds vor siner tu̍r sines huses, der hāt verschuldet ein heimsuͦchi und sol die buͤssen dem clēger mit drigen pfundenUnité monétaire : 3 livres und einem rautOrganisation : ouch mit drigen pfundenUnité monétaire : 3 livres .
Item so haben wir mit guͦtem
rāte und einhelligem willen von bezalung wēgen der schulden ditz rechte unnd satzung fu̍rohin ze halten gemacht und also gesetzt:4
Woͤlcher burger dem andern bekantlicher schuld gelten sol, so mag der schuldvordrer sinem schuldner fu̍r u̍nser stattgericht
verku̍nden und an sinem mund fu̍rbieten lāssen. Und so das beschicht, alsdann sol uff den selben verku̍ndten gerichtztage von den richtern erkent werden, das der schuldner dem cleger umb sin schuld in viertzehen tagenPériode : 14 jours, den naͤchsten, usrichten und bezalen oder darnach
uff die naͤchsten gandt umb sin volschuld pfand geben sol, daruß er sin gelt loͤsen mu̍ge. Woͤlcher aber zum ersten gericht, dem an sin mund fu̍rbotten wirt, nit fu̍rkompt oder ursach sins usblibens zuͦ recht gnuͦgsam erscheint, so sol doch dem cleger nu̍tzet desterminder
bezalung umb sin schuld in vorberuͤrter wise erkent werden. Woͤlchem aber nit an sinen mund moͤchte fu̍rgebotten werden und doch nit von der statt oder uslendig wēre, sonder sich gefaͤrlichen billicher5 bezalung unsichtig oder uszu̍gig machen woͤlte, so mag der clēger
sinem schuldner ze hus und hofe zuͦ den naͤchsten zweyenQuantité : 2 gerichten fu̍rbieten. Und so die gericht verschinend unverantwurt, so sol er im zum dritten gericht aber ze hus und hofe verku̍nden. Und der schuldner erschine alsdann oder nit, so sol dem cleger umb sin schuld
mit sampt dem schaden usrichtung, wie obstāt, erkent werden.
Ob aber einer in kriegsgeschaͤfften oder sunst uslendig u̍ber vier wōchenPériode : 4 semaines lang wēre, so mag der clēger umb sin schuld dem abwesenden schuldner sin guͦte mit u̍nsers gerichtz stab verbieten und soͤlch guͦte
umb sin bezalung rechtverggen nach u̍nser statt recht. Es wēre dann, das derselbe uslendig schuldner oder yemands von sintwēgen ursach sins abwesens zuͦ recht gnuͦgsam erscheinte, alsdann soͤlte dem cleger aber umb sin schuld bezalung beschaͤhen nach der richter
erkantnuß.
Unnd woͤlchem schuldner in gemelter wise pfand ze geben erkent wirt, der sol das tuͦn mit vārendem guͦte. Woͤlcher aber nit vārend guͦt hette, der sol das tuͦn mit ligendem guͦte, und soͤllen soͤlch ligende pfand dem cleger zuͦ siner bezalung warten sechs wochen
und drig tage
Période : 6 semaines 3 jours
und demnach die gandt verschinen sin. Woͤlcher aber weder ligend noch vārend guͦt hette und das by sinem geschwōren eide erwißte, der sol usser u̍nser statt und fridkrieß gān und nitmer dar inkommen, er habe dann zevōr sinen schuldvordrer bezalt oder der
selb schuldvorder woͤlle im dann ferer gnad bewisen, mag er tuͦn, und sol ouch dem selben schuldvordrer nu̍tzet desterminder zuͦ dem selben sinem schuldner, ob er ine an andern enden betretten moͤchte, sin recht umb bezalung vorbehalten sin.
Item was von verbrieffter zins oder schulden nach u̍nser statrecht verunderpfandet und verschriben sind, soͤlch zins und schulden soͤllen ingezogen und bezalt werden nach inhalt der selben briefen. Und woͤlchem dem andern umb sin schuld pfand ze geben mit recht erkent
wirt, der sol im soͤlch pfand geben am abentPériode : le soir, so morndes die gandt ist. Und wann soͤlch pfand vergantet sind, so soͤllen die ligen und in stiller ruͦw beliben bitz an den dritten tagePériode : 3 jours zuͦ vesper zitePériode : l’après-midi. Und mag der schuldner die selben sine pfand, wann er sinem schuldvordrer sin schuld mit sampt dem schaden, der im ze geben erkent oder uff die gandt gangen ist, bezalt, widerumb an sich loͤsen. Doch woͤa er soͤlch losung uff den dritten tagPériode : 3 jours zuͦ vesper zitePériode : l’après-midi nit taͤtte, so soͤllen die pfand dem cleger verstanden sin.
Was ouch dem cleger
umb ervordrung siner schuld, wie obgemelt ist, von gerichtz oder fu̍rbieten wēgen schaden uff die sach gāt, desglichen was versprōchner oder verschribner schad ist, sol dem cleger nach der richter zimlicher maͤssigung bezalt werden.
Was ouch nit bekantlich schulden
sind, darumb sol der schuldner sinem schuldvordrer, so im an sinen mund fu̍rgebotten wirt, unverzogenlich rechtlicher rechtvergung vor schulthais und rāteOrganisation : oder gerichte, alda der handel zuͦ rechten gepu̍rt, erwarten. Und so der verantwurter fellig wirt, so sol
es mit der bezalung aber, wie obstāt, gehalten werden. Und ob der verantwurter die schuld verneinte und widersprēche der māß, das er der unzimlicher wise verloͤugnete, und das sich mit recht erfunde, so sol der selb verantwurter dem cleger den gewonlichen gerichtzcosten, sonder ouch die noturftigen zerung, ob der cleger ein gast ist, bezalen.
Item was schulden von lidlon, gelihen gelt, ouch umb bar kouftgelt beclagt werden, desglichen von erb und eigen herruͤrend, darumb sol der cleger dem schuldner fu̍r gericht verku̍nden lāssen, alda
erkent werden sol, ine uff die naͤchsten gandt mit pfand oder gelt uszerichten, ōn uffzug und intrāg, wie obstāt.
Item es sol ouch mit den ehalten, knechten und allen inwōnern in diser statt, desglichen mit den gesten, so nit burger sind, mit fu̍rbotten und andern gerichtzhaͤndlen
von der bezalung wēgen, als obstāt, gehalten werden wie mit den burger.
Wir haben ouch gesetzt, woͤlcher den andern umb erkouft zins oder ander schulden mit ligenden guͤtere verpfenden, desglichen was ligenden guͤtere kouft oder verkouft werden, das soͤlch insatzung
und kouͤff vor u̍nserm rāteOrganisation : oder gerichte gevergget und mit des gerichtz insigel mit urtail bevestnet werden und sunst kein craft haben soͤllen. Und sonder sol ouch in soͤlchen versatzungen und verkoufften guͤtere von dem schuldner oder verkouͤffer alsdann luter unnd
ordenlich eroffnet werden, was zins vorhin us soͤlchen guͤtere gangen oder ob die vorhin unverku̍mbert ledig eigen oder lehen sigen. Und woͤlcher das wu̍ssentlich verhielte und nit offnete, der oder die selben soͤlten dann abtrāg und wandel mit voͤlliger wārschaft
dem schuldvordrer oder kouͤffer umb ir schuld oder kouffgelt ze tuͦnd schuldig, dartzuͦ billicher strauff, wie inen die von einem rāuteOrganisation : darnach erkennt wurde, gewaͤrtig sin.
Wir haben ouch zuͦ recht, das eins jegklichen burgers wib und kind, wannen es gewibet
hāt, genoß ist ze erben, als ob sy eins herren wērint, und das ouch eins jegklichen burgers wib erben sol nach irs mans tod alles sin varend guͦt und darvon nicht gelten, es wēre dann, das ir man ein kouffman oder werbend mān wēre und er uff sich guͦt nēme. Sturbe
der man, so sol sy das guͦt, das er uff sich genōmen hāt, von dem varenden guͦt gelten und anders kein gu̍lt, wann die sy gelopt hāt ze gelten. Wir haben ouch gesetzt, das alle zins unnd gu̍lte, die sigen widerkouͤffig oder unwiderruͤffig ewig zins, so in uffrechter, redlicher kouffs wise verunderpfandet und verbriefft sind, fu̍rohin fu̍r ligend guͦte gehalten unnd geachtet sin soͤllen. Wir haben ouch zuͦ recht, das kein u̍nser burger sin zinseigen, das er geerbt hāt von sinem vatter oder woͤlchen wēge es in angefallen ist, ee das er sin
elich wib genēme, mag geben sinem elichen wib in dhein wise dann zuͦ lipding.
Wēr ouch dem andern sin eigen, das marcktz recht hāt, anspricht, er sige burger oder nit, der muͦß einem schulthaisen und rautOrganisation : verbu̍rgen dru̍ pfundUnité monétaire : 3 livres und dem, so er das eigen anspricht,
ouch dru̍ pfundUnité monétaire : 3 livres . Und mag er das eigen nit behalten, so muͦß er geben die sechs pfundUnité monétaire : 6 livres , die er verbu̍rget hāt, wie obstāt. Umb die selben eigen sol ouch niemand richten wann zuͦ den zweienQuantité : 2 gedingten egerichten zuͦ wihennēchtenDate : 25. décembre (des fêtes religieuses comme délai) und zuͦ ostrenDate : des fêtes sans date fixe comme délai. Und sol ouch niemand
umb die selben eigen clagen an geistlichen noch weltlichen gerichten wann vor einem schulthaiß und raute zuͦ WinterthurLieu : Organisation : . Es sol ouch niemand u̍ber u̍nser eigen urtail sprechen, wann der ouch eigen hāt, das u̍nser statt marcktz recht hāt.
Wir haben ouch
zuͦ recht umb u̍nnser erbschaft, was dheiner u̍nser burger by sinem elichen wib zinseigens oder ledig eigens kouffet, haben sy mittenandern kind, der eigen ist es und ir beider lipding. Ist aber, das sy ōn liberben sind, woͤlches dann under inen stirbt, so sol das ander
das eigen erben, das sy mittenandern erkoufft hond, und tuͦn, wār es wil. Wir hond ouch zuͦ recht, ist, das ein man und ein frōw elich zuͦ enandern komend, was ir jetweders eigens zuͦ dem andern bringt, belibend sy ōn liberben, machent sy das eigen nit enandern nach SchwabenLieu : recht, das wirt ledig ir jetweders erben nach iren tod. Machent sy es aber enandern nach SchwabLieu : recht, so hāt ir jetweders das eigen, das im gemachet ist, ze libding untz an sinen tod und vallet denn wider an die rechten erben. Gewu̍nent
sy aber liberben mittenandern, an die fallet das eigen ledenklich, es sige gemacht oder nit. Was ouch dheinem u̍nnserm burger eigens von sinem vatter oder sinen vordern anfallet, hāt er by zweyenQuantité : 2 elichen frōwen kind und hāt er das eigen keinem sinem wib
gemacht, stirbt er, so fallet es an sine kind gemeinlich, die er lāt, an. Woͤlcher aber siner kind muͦter er das eigen gemācht hāt, die kind vallet das eigen an, die der muͦter sint, der das eigen gemacht ist.
Wir haben ouch zuͦ recht, wō einer u̍nser burger stirbt, lasset er kind,
die vogtbar sind, ist da, das der kind naͤchster vatter māg, der ir vogt solt sin, inen ze vogt unnu̍tz ist, den gibt ein schulthais und rautOrganisation : uff den eid einen pflēger u̍ber ir guͦt. Wēre aber, das die kind keinen māg hetten, der ir vogt solt sin, den gibt ouch ein schulthais und rāteOrganisation :
einen vogt uff ir eide, und muͦß der dem rautOrganisation : gehorsam sin, wider ze rechnen der kinder guͦte.
Disen briefe haben wir zuͦ unvergessenlicher u̍nnser unnd aller u̍nnser nachkomen gedaͤchtnuß umb fridlich, burgerlich einikeit mit nu̍wer geschriftlicher
habe us u̍nnsern alten abgeschrifften, frighaiten unnd gewonhaiten gezogen und von unlisliche der selben alten geschrifften abgeschriben und von gmeines u̍nsers und gmeiner u̍nser statt nutz wēgen hiemit in craft ditz briefs vernu̍wert unnd
das also mit u̍nser gmeiner statt groͤsser insigel zuͦ urkund herāngehenckt, bevestnet unnd beschaͤhen an mentag vor sant AlbanusPersonne : tag, nach Cristi, u̍nnsers lieben herren, gepu̍rt viertzehenhundert nu̍ntzig unnd siben jāreDate : 19.06.1497.
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVIe siècle :]
Dysser brieff ist ernu̍werett, mitt
oͤthwas artticklen verendertt.
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Der statt WinterthurLieu : satz- und ordnungen,
b anno 1497Date : 1497 c

Annotations

  1. Par-dessus : l.
  2. Suppression de l’ajout à la hauteur de la ligne par une main du XIXe siècle : 27 HornHornungDate : 27.01.1497.
  3. Ajout à la hauteur de la ligne par une main du XIXe siècle : 19. BrachmBrachmonatDate : 19.06.1497.
  1. König Friedrich III.Personne : hatte den Friedkreis 1442 erweitert (SSRQ ZH NF I/2/1 74-1). Einträge über die Setzung von Grenzsteinen finden sich immer wieder in den WinterthurerLieu : Stadtrechnungen, beispielsweise 1532 und 1533 (STAW Se 26.55, S. 8; STAW Se 26.61, S. 8).
  2. In der Redaktion der Rechtsaufzeichnung von 1526 und 1531: «graffschafft» (STAW URK 2157; SSRQ ZH NF I/2/1 260-1).
  3. Irrtümlich statt «gaben» wie in der Rechtsaufzeichnung von 1297 (SSRQ ZH NF I/2/1 7-1).
  4. Die Artikel 2.1 bis 2.10 flossen in die Betreibungsordnung von 1530 ein (SSRQ ZH NF I/2/1 257-1).
  5. In der Redaktion von 1526 und 1531: «solicher» (STAW URK 2157; SSRQ ZH NF I/2/1 260-1).