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SSRQ ZH NF I/1/3 62-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 62-1

Licence : CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich betreffend Ausschluss von Ehebrechern und im Konkubinat Lebenden von der Wahl in den Rat

ca. 1498 – 1505.

Personen, die offen im Konkubinat leben, sollen, so lange sie in diesem Zustand bleiben, weder als Bürgermeister oder Zunftmeister noch in den Kleinen oder Grossen Rat gewählt werden. Sofern jetzige Inhaber dieser Ämter offenen Ehebruch begehen, uneheliche Kinder zeugen oder als Unverheiratete mit einer Frau dauerhaft im Konkubinat leben, sind sie aus den Räten auszuschliessen. Sie gehen dabei jedoch nicht ihrer Ehre verlustig und können im Falle einer Änderung ihrer Lebensumstände wieder in die Räte aufgenommen werden.

  • Cote : StAZH B III 2, S. 347-348
  • Date : ca. 1498 – 1505 (Datierung des Nachtrags aufgrund der Schreiberhand)
  • Tradition : Eintrag
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 24.0 × 33.0
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Jakob Haab, Unterschreiber der Stadt Zürich (Nachtrag)

  • Cote : StAZH B III 6, fol. 17r-v
  • Date : ca. 1516 – 1518
  • Tradition : Eintrag
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 24.0 × 32.0
  • Langue : allemand

Weder der Richtebrief noch die Stadtbücher des 14. Jahrhunderts äussern sich zur Bestrafung von Konkubinat oder Ehebruch. Zwischen 1415 und 1422 erliess der RatOrganisation : mehrere Ordnungen, die für den Fall, dass eine verheiratete Person offen bei einem anderen Partner lebte, ihren Ehepartner also verlassen hatte, die Strafe der Verbannung vorsahen. Dies galt für Frauen wie für Männer, bei ausserehelichen Verhältnissen ohne offenes Verlassen des Ehepartners sollte der RatOrganisation : hingegen nach Ermessen entscheiden. Zudem wurde ausdrücklich die Möglichkeit für weitere Sanktionen durch die geistliche Gerichtsbarkeit offen gelassen (Zürcher Stadtbücher, Bd. 1, S. 393, Nr. 259; Bd. 2, S. 36-37, Nr. 59; Bd. 2, S. 38, Nr. 61; Bd. 2, S. 152, Nr. 178). In der Rechtspraxis wurde die Verbannung in solchen Fällen jedoch nur selten ausgesprochen. War dies der Fall, traf sie meist den unverheirateten Teil einer ausserehelichen Beziehung sowie Frauen öfter als Männer. Bei Verheirateten zielte das Vorgehen des Rates meist auf Vermittlung zwischen den Partnern und Wiederherstellung des ehelichen Haushaltes (Matter-Bacon 2016, S. 285-286). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts ist jedoch eine Verschärfung des rechtlichen Vorgehens gegenüber ausserehelichen Beziehungen festzustellen. Von dieser zeugen neben der vorliegenden Aufzeichnung auch die Ordnung betreffend Behandlung des Totschlags im Zusammenhang mit Ehebruch, die betrogenen Ehemännern die Tötung ihrer Ehefrau sowie ihres unehelichen Partners erlaubte (SSRQ ZH NF I/1/3 59-1).

Die vorliegende Ordnung gehört zudem in den Kontext weiterer Ordnungen des späten 15. Jahrhunderts, die Gründe für den Ausschluss aus den RätenOrganisation : definierten, darunter die uneheliche Geburt sowie die Verrufung als zahlungsunfähiger Schuldner (SSRQ ZH NF I/1/3 36-1; SSRQ ZH NF I/1/3 53-1). Wie im Falle der Schuldner wird jedoch auch hier die Möglichkeit zur Reintegration der betroffenen Männer offen gelassen. Aus dem Zeitraum des Erlasses der vorliegenden Ordnung findet sich in den Rats- und Richtbüchern eine Ehrverletzungsklage von Marx RöistPersonne : aufgrund einer angeblich im Scherz vorgebrachten Äusserung eines Kollegen, gemäss der Bestimmung müsse RöistPersonne : aus dem RatOrganisation : ausgeschlossen werden (StAZH B VI 238, fol. 211r; Teiledition: Matter-Bacon 2016, S. 288, Anm. 1286). Obwohl zu einem unbekannten Zeitpunkt von späterer Hand gestrichen, wurde die vorliegende Ordnung in das Satzungsbuch der Stadt ZürichLieu : von 1516-1518 sowie das Weisse Buch von 1604 übernommen. Der Inhalt der Ordnung findet sich sinngemäss wiedergegeben auch in dem im Jahr 1527 gedruckten Mandat betreffend Ehebruch und Unzucht (StAZH III AAb 1.1, Nr. 2). In nachreformatorischer Zeit war das EhegerichtOrganisation : für die Bestrafung des Ehebruchs zuständig (zu dessen Einrichtung vgl. SSRQ ZH NF I/1/11 1-1; SSRQ ZH NF I/1/3 141-1).

Zum Umgang mit Ehebruch im spätmittelalterlichen ZürichLieu : vgl. Matter-Bacon 2016, S. 277-292; Malamud 2003, S. 285-296.

Texte édité

a–


Umb eebrecher und die Variante alternative dans StAZH B III 6, fol. 17r; StAZH B III 5, fol. 106r : sob offennlich zuͦ uneren sitzenn


Wir haben ouch gott, dem allmechtigen, zuͦ eren und unsrer gemeinen
statt zuͦ lob angesechen und gesetzt, das die, so offennlich zuͦ der unee sitzen,
so lanng sy in soͤlichem wesen sind und beharrenn, nit zuͦ buͤrgermeistern,
raͤtenOrganisation : oder zunfftmeisternOrganisation : noch under die zweyhundert, den groͧssen raͧtOrganisation : ,
erwellt noch genommen werden soͤllen.
Und ob einich personnen under burgermeistern, raͤtenOrganisation : , den zunfftmeisternOrganisation : oder den zweyhunderten, dem grossen
raͧtt
Organisation :
, hinfu̍r erfunden, die von dißhin offenn kundtlich eebruch tuͦn, also,
das einem ein kind usserhalb der ee wuͤrde oder das einer suß wu̍ssentlich ein dirnen an sich hanggkte und die hielte, deßglich, ob deheiner derselben kein eewib hette und ein dirnen offennlich zuͦ imm
neme und mit deren hußhielte und also offennlich zuͦ der unee saͤsse, das
die darumb abgeendet und des raͧtsOrganisation : erlaͧssen werden. Und doch, das [p. 348]Saut de page
sy damit ir eren nit entsetzt sin soͤllen, sunder ob sy demnach solich
wesen bessern und sich in erbern statt bekeren und setzen wurden, so
moͤgen sy widerumb zuͦ raͧtOrganisation : und emptern genomen und erwellt
werden.
c1
Suppression d’une main plus récente
–a

Annotations

  1. Suppression d’une main plus récente.
  2. Variante alternative dans StAZH B III 6, fol. 17r; StAZH B III 5, fol. 106r : so.
  3. Ajout au-dessous de la ligne par une main du XVIe siècle : Und ob hinfu̍r jemend den andren einem
    burgermeister in soͤlicher gestallt und das er ein ebrëcher
    sye angeben und verclagen wil, sol ein burgermeister
    dem selben verclagenden und angeͣber zuͦ anwurt
    geben, woͤlle er soͤlichs uff den, den er verclag und
    angeͣb, kuntlich machen, so woͤll und soͤll ers anbringen,
    woͤll ers aber nit kuntlich machhenÀ corriger en : machend, so bring ers nit an,
    darnach moͤg sich ein jeder wu̍ssen zerichten.
  1. Die spätere Anmerkung lässt sich der Hand des Unterschreibers Jakob HaabPersonne : zuordnen. Dieser trat seine Stelle im Jahr 1502 an und fiel 1515 bei MarignanoLieu : , woraus sich der Rahmen für die Datierung der Anmerkung ergibt. Zu HaabPersonne : vgl. Gutmann 2010, Bd. 1, S. 261.