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SSRQ ZH NF I/1/11 67-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, par Sandra Reisinger

Citation : SSRQ ZH NF I/1/11 67-1

Licence : CC BY-NC-SA

Kleinbäckerordnung der Stadt Zürich (Feilerordnung)

1770 octobre 6.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich erlassen aufgrund des kürzlich ausgesprochenen Verbots des zweizügigen Mahlens eine erneuerte Ordnung der Kleinbäcker (Feiler). Zunächst werden die Preise des Getreides sowie die Gewichtsangaben der Schillingbrote und der Sechserbrote aufgeführt (1). Es ist den Kleinbäckern untersagt, andere Brote als Schilling- und Sechserbrote zu backen (2). Ausserdem müssen sie das Mehl selbst sieben und dürfen dies nicht von einem Müller durchführen lassen (3). Des Weiteren ist es den Bäckern auf der Landschaft nicht erlaubt, Kleinbrote zu backen (4). Zuletzt wird festgelegt, dass die Aufsicht über die Ordnung den verordneten Herren der Brotwaage-Kommission obliegt (5).

In ZürichLieu : wurden die Bäcker in Fochenzer und Feiler eingeteilt. Die Fochenzer stellten eine festgelegte Anzahl Brote pro Mütt Getreide her, das ihnen der Kunde vorgängig geliefert hatte. So backten die Fochenzer beispielsweise aus einem Viertelmütt Getreide 10 Zehnerbrote oder 20 Zwanzigerbrote, wobei das Gewicht der Brote festgelegt war. Im Gegensatz dazu kauften die Feiler das Getreide oder Mehl selbst und verkauften die Brote zu einem festgelegten Preis in einem Laden. Da die Feilerbrote kleiner waren als die Fochenzerbrote, wurden die Feiler auch Kleinbäcker genannt. Ein weiterer Unterschied ergab sich aus dem verwendeten Mehl. Das Mehl für die Fochenzerbrote wurde im Vergleich zu den privat hergestellten Broten (Hausbrote) zusätzlich gebeutelt, jedoch nur einmal gemahlen. Das Mehl für die Feilerbrote wurde zweimal gemahlen (zweizügiges Mehl) und war deswegen heller und damit beliebter. Spezialbrote wie Hüllweggen, Ringe, Eierweggen und Murren durften nur von den Feilern hergestellt werden.

Der Brotpreis richtete sich nach dem durchschnittlichen, obrigkeitlich festgesetzten Getreidepreis, dem sogenannten Fruchtschlag (vgl. Verordnung betreffend Kornmarkt von 1770: SSRQ ZH NF I/1/11 68-1). Stieg der Preis des Getreides, stieg auch der Preis des Fochenzerbrotes. Die Feiler hingegen stellten Brote mit fixen Preisen her. So kostete ein Schillingbrot immer 1 Schilling oder 12 Pfennig und ein Sechserbrot immer 6 Pfennig. Bei einem höheren Getreidepreis verringerte sich das Gewicht der Brote umgekehrt proportional zum Getreidepreis, wie aus der Tabelle in der vorliegenden Ordnung ersichtlich ist. Grundsätzlich führte der Anstieg der Getreidepreise zu höheren Verdiensten der Bäcker und Müller, was Markus Brühlmeier mit verschiedenen Ertragsrechnungen zeigen konnte (Brühlmeier 2013, S. 271-299).

In Zeiten des Getreidemangels versuchte die Obrigkeit, die Brotherstellung stärker zu regulieren. Ende der 1760er Jahre stiegen die Getreidepreise aufgrund von kalten Wintern und regenreichen Sommern an, was 1770/1771 zu einer Vervielfachung des Getreidepreises innerhalb weniger Jahre führte und eine Versorgungskrise zur Folge hatte. Am 13. September 1770 legten die Mitglieder der engeren KornkommissionOrganisation : dem Rat einen Entwurf für eine erneuerte Feilerordnung vor, da in der vorgesehenen Müllerordnung das zweizügige Mahlen verboten war und deswegen die Gewichtsangaben für die Feilerbrote neu bestimmt werden mussten (StAZH A 77.2 und StAZH B III 325, S. 44-45). Der RatOrganisation : bestätigte den Entwurf am 15. September, nahm jedoch einige Änderungen vor, welche handschriftlich im ursprünglichen Entwurf ergänzt wurden (vgl. StAZH A 77.2). Anstelle der im Entwurf erwähnten Verordneten zur BrotgschauOrganisation : werden die Verordneten zur Brotwaage erwähnt, welche die Aufsicht über die Feilerordnung inne hatten. Ausserdem wurde die im Entwurf vorgesehene Ausnahme der Gewichtsfestlegung für Ringbrote und Weggen ebenfalls vom RatOrganisation : gestrichen, da das Backen dieser Brote den Feilern nun verboten wurde. Hinzugefügt wurden die Artikel 2-5, die in der vorliegenden Ordnung vorkommen. Der Druck der Feilerordnung wurde erst am 6. Oktober 1770 vom RatOrganisation : beschlossen (StAZH B II 950, S. 143). Diese Verzögerung hing möglicherweise mit den Untersuchungen, Befragungen und Ratschlägen betreffend die Ausarbeitung der neuen Müller- und Bäckerordnung vom 11. Oktober 1770 zusammen (StAZH III AAb 1.13, Nr. 75).

Zu den Bäcker und der Brotherstellung in ZürichLieu : vgl. Brühlmeier 2013; Klaassen 1996, S. 27-49; Sulzer 1944, S. 27-56.

Texte édité


Feiler-
Ordnung

Xylographie
Gedrukt, Anno 1770Date : 1770.
[p. 2]Saut de page

Wann durch die neu-errichtete Muͤller-Ordnung1 die
Kleinbroͤdtler auf den Gebrauch des einzuͤgigen
Maͤhls eingeschraͤnkt werden, so haben Meine
Gnaͤdige HHohen Herren billich gefunden, daß bey diesen Umstaͤnden das Gewicht der Feiler-Brodten bestimmt werde,
und zu dem Ende hin die in dem weissen Buch enthaltene
Feiler-Ordnung,2 Kraft deren nach Maaßgeb des Preises
der Frucht das Gewicht der besagten Brodten ausgemacht
wird, frischerdings belebt und erneuert, wie die nachfolgende Tabell zeiget.
Gewicht des
Preiß
der Frucht.3
Schilling- Sechser-Brodts
PfPfund LtLot QtliQuentli LtLot QtliQuentli
6Unité monétaire : 6 livres . " " " 20Poid : 20 lot pain . " 10Poid : 10 lot pain . "
6Unité monétaire : 6 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 18Poid : 18 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 9Poid : 9 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
7Unité monétaire : 7 livres . " " " 17Poid : 17 lot pain . " 8Poid : 8 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
7Unité monétaire : 7 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 16Poid : 16 lot pain . " 8Poid : 8 lot pain . "
8Unité monétaire : 8 livres . " " " 15Poid : 15 lot pain . " 7Poid : 7 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
8Unité monétaire : 8 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 14Poid : 14 lot pain . " 7Poid : 7 lot pain . "
9Unité monétaire : 9 livres . " " " 13Poid : 13 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain . 6Poid : 6 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
9Unité monétaire : 9 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 12Poid : 12 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 6Poid : 6 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
10Unité monétaire : 10 livres . " " " 12Poid : 12 lot pain . " 6Poid : 6 lot pain . "
10Unité monétaire : 10 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 11Poid : 11 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 5Poid : 5 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain .
11Unité monétaire : 11 livres . " " " 11Poid : 11 lot pain . " 5Poid : 5 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
11Unité monétaire : 11 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 10Poid : 10 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 5Poid : 5 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
[p. 3]Saut de page
Gewicht des
Preiß
der Frucht.
Schilling- Sechser-Brodtes.
PfPfund LtLot QtliQuentli LtLot QtliQuentli
12Unité monétaire : 12 livres . " " " 10Poid : 10 lot pain . " 5Poid : 5 lot pain . "
12Unité monétaire : 12 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 9Poid : 9 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 4Poid : 4 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain .
13Unité monétaire : 13 livres . " " " 9Poid : 9 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain . 4Poid : 4 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
13Unité monétaire : 13 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 8Poid : 8 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain . 4Poid : 4 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
14Unité monétaire : 14 livres . " " " 8Poid : 8 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 4Poid : 4 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
14Unité monétaire : 14 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 8Poid : 8 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain . 4Poid : 4 lot pain . "
15Unité monétaire : 15 livres . " " " 8Poid : 8 lot pain . " 4Poid : 4 lot pain . "
15Unité monétaire : 15 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 7Poid : 7 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain .
16Unité monétaire : 16 livres . " " " 7Poid : 7 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain .
16Unité monétaire : 16 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 7Poid : 7 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
17Unité monétaire : 17 livres . " " " 7Poid : 7 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain .
17Unité monétaire : 17 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 6Poid : 6 lot pain . 3Poid : 3 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
18Unité monétaire : 18 livres . " " " 6Poid : 6 lot pain . 2Poid : 2 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain .
18Unité monétaire : 18 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 6Poid : 6 lot pain . 1Poid : 1 quentli pain . 3Poid : 3 lot pain . "
19Unité monétaire : 19 livres . " " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
19Unité monétaire : 19 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
20Unité monétaire : 20 livres . " " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
20Unité monétaire : 20 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
21Unité monétaire : 21 livres . " " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
21Unité monétaire : 21 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 6Poid : 6 lot pain . " 3Poid : 3 lot pain . "
22Unité monétaire : 22 livres . " " " 5Poid : 5 lot pain . " 2Poid : 2 lot pain . "
22Unité monétaire : 22 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 5Poid : 5 lot pain . " 2Poid : 2 lot pain . "
23Unité monétaire : 23 livres . " " " 5Poid : 5 lot pain . " 2Poid : 2 lot pain . "
23Unité monétaire : 23 livres . 10Unité monétaire : 10 sous/sols . " " 5Poid : 5 lot pain . " 2Poid : 2 lot pain . "
24Unité monétaire : 24 livres . " " " 5Poid : 5 lot pain . " 2Poid : 2 lot pain . "
[p. 4]Saut de page

2. Den Feilern oder Kleinbroͤdtlern sind aussert obigen Schilling- und Sechser-Broͤdtlenen alle andere Arten
von kleinem Gebaͤch; als Eyer-Weggen, Eyer-Ring, etcAbréviation
fuͤr einmal und bis auf andere Verordnung uͤberall untersagt.

3. Wol aber ist ihnen gestattet, das benoͤthigte Maͤhl
selbst, keineswegs aber durch die Muͤllere beutlen zu doͤrfen.

4. Den Becken auf der Landschaft ist das Kleinbroͤdtler-Gebaͤch fuͤr immer gaͤnzlich verbotten.4

5. Endlich wird die geflissene Handhabe dieser Verordnung den TitTituloChangement de police Herren Verordneten zur Brodwaag Obrigkeitlich aufgetragen.

Actum Samstags den 6ten Octobris
1770
Date : 06.10.1770
.
Coram Ducentis.
Canzley der Stadt
ZuͤrichLieu :
Organisation :
.

Annotations

    1. Es handelt sich um die Müllerordnung vom 11. Oktober 1770 (StAZH III AAb 1.13, Nr. 75).
    2. Hier wird auf die Feilerordnung im Weissen Buch von 1604 Bezug genommen (StAZH B III 5, fol. 450r-453r).
    3. Der Preis bezieht sich auf ein Mütt Getreide (vgl. Entwurf der Feilerordnung vom 13. September und 6. Oktober 1770: StAZH A 77.2).
    4. Seit der Ordnung betreffend Landbäcker von 1698 durften die Bäcker auf der Landschaft nur noch Fochenzerbrote backen (QZZG, Bd. 2, Nr. 1175).