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SSRQ ZH NF I/1/11 58-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, par Sandra Reisinger

Citation : SSRQ ZH NF I/1/11 58-1

Licence : CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend konvertierte katholische Bürger und betreffend Eheschliessungen mit katholischen Frauen

1755 mars 22.

Bürgermeister sowie Grosser und Kleiner Rat der Stadt Zürich erlassen ein Mandat betreffend den Katholizismus mit drei Artikeln. Zunächst erfolgt die Bestimmung, dass Personen, die zum Katholizismus konvertieren, ihr Bürgerrecht oder Landrecht sowie alle dazugehörigen Freiheiten und Privilegien verlieren (1). Falls die konvertierte Person wieder zum reformierten Glauben zurückkehren will und unter 25 Jahre alt ist, kann die Obrigkeit je nach Fall die Wiederverleihung des Bürgerrechts oder Landrechts gestatten (2). Männer, die katholische Frauen heiraten, dürfen, bis ihre Frauen zum reformierten Glauben konvertieren oder sterben, weder in der Stadt noch auf der Landschaft leben. Zudem dürfen die Männer in dieser Zeit nicht von den üblichen Freiheiten und Landrechten Gebrauch machen (3). Zuletzt wird verordnet, dass das Mandat von allen Kanzeln verlesen werden soll.

Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zu Abschliessungstendenzen der Zürcher BürgerschaftOrganisation : , die sich hauptsächlich in den zunehmenden Beschränkungen und steigenden Hürden für die Aufnahme von Neubürgern zeigten (zum Bürgerrecht vgl. die Ausführungen zur Verordnung betreffend Bürgerrechtserneuerungen von 1759: SSRQ ZH NF I/1/11 59-1). 1723 wurde die Neuaufnahme von Bürgern trotz sinkender Bürgerzahlen verboten, was zu einer Verschärfung der Beziehungen zwischen Stadt und Landschaft sowie zwischen Bürgern und Nichtbürgern führte.

Neben Straftaten oder Verbannung war seit der Reformation die Konversion zum Katholizismus Anlass für einen Bürgerrechtsverlust. Gemäss dem vorliegenden Mandat konnte die Zürcher ObrigkeitOrganisation : Personen, die bis zum 25. Lebensjahr gewillt waren, den reformierten Glauben wieder anzunehmen, das Bürgerrecht erneut gewähren. Das Bürgerrecht wurde jedoch nicht immer entzogen, sondern konnte auch zeitlich begrenzt suspendiert werden. Dies war der Fall, wenn ein Bürger eine Katholikin zur Frau nahm, wie das vorliegende Mandat zeigt. Ein weiterer Grund für eine Suspension des Bürgerrechts stellte die Heirat mit einer fremden Frau, die bestimmte Bedingungen nicht erfüllte, dar (vgl. Mandat betreffend Eheschliessungen mit fremden Frauen von 1780: SSRQ ZH NF I/1/11 84-1).

Am 22. März 1755 verordnete der Zürcher RatOrganisation : den Druck des vorliegenden Mandats, das von allen Kanzeln der Stadt und Landschaft verlesen werden sollte. Ausserdem mussten in jeder Pfarrgemeinde ein Exemplar im Pfarrhaus und ein weiteres Exemplar in der Gemeindelade oder in der Kanzlei aufbewahrt werden. Zudem sollte das Mandat während des halbjährlich stattfindenden Eidschwörens in der Stadt allen Bürgern vorgelesen werden (StAZH B II 887, S. 37).

Zu den Bürgern und Bürgerrecht in ZürichLieu : vgl. HLS, Bürgerrecht; Bock 2009, S. 196-202; Koch 2002; Schellenberg 1951, S. 22-35; Stahel 1941, S. 31-92; Weisz 1938, S. 173-194.

Texte édité


Wir Burgermeister Klein und Grosse
Raͤthe, so man nennet die Zweyhundert der Stadt ZuͤrichLieu :
Organisation :
;
Entbiethen allen und jeden Unseren Verburgerten und Angehoͤrigen Unseren gnaͤdigen wohlgeneigten Willen, und darbey zu vernehmen; Demnach Wir in genaue Ueberlegung gezogen, mit was fuͤr gottseligem Eifer von Zeit zu Zeit auf die Beybehaltung der Einigkeit der Evangelisch-Reformierten wahren und seligmachenden Religion in Unserer Stadt und Landschaft wachtsame Sorgfalten gerichtet, und zu solchem Ende hin gedeyliche Ordnungen und Anstalten verfuͤget worden; So haben Wir aus tragend Landesvaͤterlichem Vorbedacht
angemessen befunden, hierinnen ein widermahliges Einsehen zu thun, und Kraft Unsers Hoch-Oberkeitlichen Amts,
auch zum Verhalt der Unserigen, und zu Verhuͤtung derselbigen geist- und leiblichen Nachtheils und Schadens, nach
Waͤgweisung bishariger, von den Zeiten der seligen Glaubens-Verbesserung an, beobachteten Maaßnahme, zu einer
durchgaͤngig-allgemeinen Satzung anzusehen, zusetzen, zuverordnen und zubestimmen, daß

1°. Einer oder eine, welche die Heilige Reformierte Religion abgeschwohren, und zu der Roͤmisch-Catholischen sich bekennt, von
Stund an ihr bisdahin besessen-hiesiges Burger- oder Land-Recht verwuͤrket, folglich zu einich davon abhangenden Freyheiten, Gerechtigkeiten,
Nutzen oder Vortheil, was Gattung, Namens und Art es immer seyn moͤchte, weder in- noch aussert Landes, den mindesten Zugang keineswegs
haben, sondern gaͤnzlichen davon ausgeschlossen seyn solle.

2°. In Ansehung derjenigen Persohnen und Kinderen, welche vor Erfuͤllung des fuͤnf und zwanzigsten Jahrs ihres Alters, mit ihren Catholisch gewordenen Elteren hinweg, oder sonst durch allerhand Begegnussen und Unfahl zu der Roͤmisch-Catholischen Religion gezogen worden, wofehrne selbige nach der Zeit, aus eigenem Gewuͤssens-Trieb umkehren, und zu der Reformierten wahren Christlichen Glaubens-Lehre sich wiederum
offentlich bekennen wollten, behalten Wir Uns vor, das Burger- oder Land-Recht und was immer darvon abhanget, auf deßwegen an Uns gelangende Bitt hin, nach Untersuchung der Umstaͤnden, und gestaltsame der Sachen, wiederum zugestatten, oder abzuschlagen; Wo aber Kinder oder andere Persohnen, nach dem fuͤnf und zwanzigsten Jahr ihres Alters mit und nebet denen Elteren hinweg, oder sonsten zu der Roͤmisch-Catholischen
Religion sich begeben, sollen selbige gleich denen Elteren, ihr Burger- oder Land-Recht, und was darvon innert oder aussert Lands abhanget, verwuͤrket haben.1

3°. Diejenige Manns-Persohnen aber, welche an Catholische Weiber sich verheyrathen, sollen von der Zeit an, bis entweder ihre Ehegenossenen zu dem Reformierten Christlichen Glauben sich bekennen, folgsam hiesiger Kirchen sich offentlich einverleiben, oder bis selbige mit Tode abgehen,
weder in hiesiger Stadt noch Landschaft wohnen moͤgen, noch einiger von hiesigem Burger- oder Land-Rechten harruͤhrend- oder abhangender
Freyheiten, Gerechtsamen, Vortheilen und Genusses, weder innert noch aussert Landes faͤhig, sonder davon ausgeschlossen heissen und seyn.

Gleichwie nun diesere Satz- und Ordnung zu maͤnnigliches Wuͤssenschaft ab allen Canzlen zuverlesen, also erwarten Wir auch, thun zumahlen
Hoch-Oberkeitlich und alles Ernsts ansinnen, daß Selbiger durch beflissene Beobachtung, und gehoͤrige getreue Aufsicht samtlich-Unserer Beamteten, durchaus statt gethan werde, jeder der Unserigen aber sich selbst vor Schaden und Nachtheil hierinnen zuverhuͤten, bestens und sorgfaͤltig sich
angelegen seyn lasse.

Geben Samstags den 22. Tag Merz, nach Christi Unsers einigen Erloͤsers heilwerther
Gebuhrt gezehlt, Eintausend, Sibenhundert, Fuͤnfzig und Fuͤnf Jahre
Date : 22.03.1755
.

Canzley der Stadt ZuͤrichLieu : Organisation : .
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso en haut à droite par une main du XVIIIe siècle :] [...]Endommagé par une coupure (1 ligne)ajenigen verbuͤrgerten
angehörigen, so eint[weder]Endommagé par une coupure, complété(e) par analogieb
selbsten zu der roͤmroͤmischen
religion abfallen [oder]Endommagé par une coupure, complété(e) par analogiec
aber catholcatholische weibs p[ersonen]Endommagé par une coupure, complété(e) par analogied
heirathen werd[en.]Endommagé par une coupure, complété(e) par analogiee
De dato 22ten M[aͤrz]Endommagé par une coupure, complété(e) par analogief
1755
Date : 22.03.1755

Annotations

  1. Endommagé par une coupure (1 ligne).
  2. Endommagé par une coupure, complété(e) par analogie.
  3. Endommagé par une coupure, complété(e) par analogie.
  4. Endommagé par une coupure, complété(e) par analogie.
  5. Endommagé par une coupure, complété(e) par analogie.
  6. Endommagé par une coupure, complété(e) par analogie.
  1. Der Inhalt dieses Artikels wird im Artikel VIII der Verordnung betreffend Bürgerrechtserneuerung von 1759 wiedergegeben (SSRQ ZH NF I/1/11 59-1).