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SSRQ ZH NF I/1/11 3-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. NeuͤFolge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, par Sandra Reisinger

Citation : SSRQ ZH NF I/1/11 3-1

Licence : CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Verwaltung der Kirchengüter und Schutz der Fronwälder

1528 mai 19.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich regeln den Umgang mit Kirchengütern sowie den Schutz der Fronwälder. Zuerst wird die ordnungsgemässe Verwendung von Kirchengütern und die nachvollziehbare Rechnungslegung durch die Kirchenpfleger verordnet (1). Danach folgt das Rodungsverbot der obrigkeitlichen Wälder, da dadurch ein Mangel an Nutzholz entstehen könne (2). Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

Nach der Aufhebung der Klöster während der Reformation stellte sich die Frage nach der Verwendung der Kirchengüter. Zwar war in der Almosenordnung von 1525 vorgesehen, dass die Gemeinden gewisse Kirchengüter kommunal für die Armenversorgung verwalten sollten, aber es blieb offen, inwieweit Überschüsse für andere Aufgaben verwendet werden durften (SSRQ ZH NF I/1/3 125-1). Obwohl die Kirchenpfleger jährlich ihren Obervögten eine Rechnung vorlegen sollten, kam es zu Zweckentfremdungen und einer uneinheitlicher Nutzung der Güter. Nachdem der Grosse RatOrganisation : im Jahr 1527 eine Delegation zur Überprüfung der Zustände auf die Landschaft geschickt hatte, wurde nur ein Jahr später das vorliegende Mandat erlassen. Die Bestimmungen wurden zwar im Grossen Mandat von 1530 (SSRQ ZH NF I/1/11 8-1) und in der Synodalordnung von 1532 (SSRQ ZH NF I/1/11 9-1) verschärft und präzisiert, aber in den Quellen finden sich zahlreiche Klagen über Missbräuche und nachlässige Güterverwaltung. Langfristig führte dies zu einer Schwächung der Kirchengüter, was neben der Misswirtschaft vor allem auf deren finanzielle Beanspruchung durch die Armenunterstützung zurückzuführen ist (Wälchli 2008, S. 107-108; Stucki 1996, S. 238-239; Bächtold 1982, S. 144-147).

Der zweite Teil des Mandats regelt die Holznutzung aus Wäldern in obrigkeitlichem Besitz. Im Laufe des 16. Jahrhunderts gab es zahlreiche obrigkeitliche Mandate, welche die Rodungen von Stadt-, Amts- und Vogteiwäldern verboten. Dies hängt zum einen mit den unterschiedlichen Interessen an den kollektiv genutzten Allmenden und Wäldern zusammen. Zum anderen erfolgte mit dem Bevölkerungswachstum und dem damit verbundenen höheren Bedarf an Bau-, Nutz- und Brennholz eine Verknappung der Ressourcen. Mit dem Argument der Holzknappheit konnte die ZürcherLieu : ObrigkeitOrganisation : aber letztlich auch ihre Ansprüche auf die Forsthoheit geltend machen, was zum Ausbau des Territorialstaates beitrug (Irniger 1996, S. 93; Weisz et al. 1983, S. 17-19; Moor 1937, S. 111).

Ein Grund, weshalb im vorliegenden Mandat sowohl die Kirchengüterverwaltung als auch der Schutz der Fronwälder thematisiert werden, könnte darin liegen, dass in beiden Fällen der RechenratOrganisation : dafür zuständig war. Dieses Gremium, das aus Mitgliedern des Kleinen und Grossen RatsOrganisation : bestand, wurde in der Reformationszeit geschaffen. Die Hauptaufgabe des RechenratsOrganisation : war die Abnahme aller Rechnungen der städtischen Amtleute und Vögte. Infolge der Überführung der klösterlichen Güter in städtischen Besitz waren die Mitglieder des RechenratsOrganisation : daher für die Überprüfung der Rechnungen der Kirchengüter zuständig. Eine weitere wichtige Funktion des RechenratsOrganisation : war die Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen, wie beispielsweise Holzordnungen (Weibel 1996, S. 26; Guyer 1943, S. 44-45).

Texte édité


Wir der Burgermeister und Radt der Statt richLieu : Organisation : / Embieten allen unnd yeden unsern Ober unnd Undervoͤgten / ouch gmeinen
underthanen / zuͦgehoͤrigen und verwanten / in unsern Graffschafften / Herschafften / Landen / Gerichten und
gebieten gesessen / unsern günstlichen gruͦß und alles guͦts zuͦvor.
Und thuͦnd üch hiemit zuͦvernemmen / das uns
für und für gloublicher wyß anlanget / das mit den Kilchen guͤtern / Rent / Zinß / Gült / und jaͤrlichen gefellen /
in unsern Oberkeiten gelaͤgen / aͤben schlaͤchtlich und gfarlich gehandlet / und namlich werde wenig ynzogen / und
standind groß Restantzen unbezalt ussz. Zuͦ dem / das grosser unnoturfftiger kost / ye zuͦ zyten / in handlung der Kilchen geschaͤfften /
und sachen / durch die Pflaͤgere und ander / mit schlemmen und brassen uffgetriben / und damit den armen dürfftigen under üch (denen
uß obernempten Kilchenguͤtern / hilff / stür / und handreychung soͤlte beschechen) das yhenig so inen von Goͤtlichem Rechten zuͦdiente /
entzogen und abgebrochen. Diewyl dann uns / als einer Christenlichen oberkeit wol gebürt / harinn gepürlichs ynsechen zethuͦnd / und
die genanten unmassen abzestellen.
Wellend wir hiemit üch all / und yeden besonders / welliche / als Pflaͤgere / in der Kilchen guͤteren
handlend und ummgand / gewarnet und ernstlich geheyssen haben / das ir in Monats frist dem naͤchsten / nach dato diß brieffsPériode : 1 mois / all üwer
thuͦn und lassen / so ir mit ynnemmen und ußgeben / von der Kilchen und Cappellen gülten und gfellen gehandlet / geschalten und gewalten / ordenlich / Namlich / all anstoͤß der ligenden guͤtern / Deßglychen der Gülten und Zinsen halb / worab ein yetlichs gang / und
waͤrs gebe / in geschrifft zuͦsamen fassind / und üwere rechnungen darnach setzind und stellind / Damit unsere Obervoͤgt / so die nach ver schynung des MonatsPériode : 1 mois zuͦ üch kommend / daran nit verhindert / und wir nachin ouch an üwern handlungen gefallen empfachen / unnd
soͤlicher Kilchen guͤter / und jaͤrlich gefaͤl / und ynkommen in ein urber zuͦsamen verschryben moͤgind / als die notdurfft erhoͤuschen wirt.

Wir wellend ouch von üch sampt und sonders heyter gehept haben / das ir die alten Restantzen / es sye wenig oder vil / angentz ynzüchind / und müglichen flyß darinn bruchind / und den armen wol und erlich hußhaltind / und überflüssigen unnoturfftigen kosten ersparind / Daran thuͦnd ir unser ernstlich meinung / unnd wellend uns ouch des gestrax der billigkeit nach zuͦ üch versechen.
So denne
lieben und getrüwen / langt uns an / und ligt offenlich am tag / das ir die rechten ehoͤltzer und fronwaͤld abhouwind / verwuͤstind und
aͤcker und rütinen daruß machind / dermassen / das in künfftigem mercklichen mangel sin werde an zimmerholtz und andern notturfften / daran wir groß mißfallen empfangen. Und habend daruff soͤlichs zuͦ fürkummen / uns erkennt / unnd wellend / das hinfür weder
gmeynden noch sonderpersonen / die rechten Eehoͤltzer und fronwaͤld / nit mer / wie untzher schaͤdlich zuͦgangen / abhouwind und zerschleytzind / sunder unverwuͤst blyben lassind / by zaͤhen pfundenUnité monétaire : 10 livres buͦß / so offt und dick das understanden und gebrucht wirt.
Es ist ouch
unser will und ansechen / das diß unser erkantnussen / der Kilchen guͤtern und hoͤltzern halb / in den Kilchhoͤrinen allenthalb offenlich
erscheint unnd gelaͤsen werdind / damit sich ein yeder darnach wüß zuͦ richten.
Zuͦ urkund habend wir unser Statt ZürichLieu : Secret
ynsigel offenlich lassen Trucken in disen brieff1 / Der geben ist Zinstag nechst vor der Uffart / Nach Christus geburt gezalt fünffzehenhundert / zwentzig und acht jarDate : 19.05.1528.
[fol. v]Saut de page

Annotations

    1. Im Gegensatz zum Mandat betreffend halbjährliche Synoden von 1528Date : 1528 ist kein Siegelabdruck vorhanden (SSRQ ZH NF I/1/11 2-1).