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SSRQ ZH NF I/1/11 100-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, par Sandra Reisinger

Citation : SSRQ ZH NF I/1/11 100-1

Licence : CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Einfuhr und Handel von Vieh aufgrund von Seuchengefahr

1796 novembre 19.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich erlassen aufgrund von Seuchen beim Hornvieh und den Schafen in Deutschland ein Mandat mit acht Artikeln. Zunächst wird verordnet, dass kein lebendiges Tier oder Tierfleisch aus Orten, die durch den Sanitätsrat in den Bann gelegt wurden, eingeführt werden darf. Bei Zuwiderhandlung erfolgt eine Strafe sowie die Konfiskation und Vernichtung des eingeführten Tieres oder Fleisches (1). Auf Viehmärkten in Deutschland, im Toggenburg, im Thurgau und in der Grafschaft Baden darf Vieh weder gekauft noch verkauft werden (2). Der Viehhandel ist grundsätzlich bis auf Weiteres untersagt. Allerdings dürfen Angehörige des Zürcher Stadtstaates Mastvieh für den Hausgebrauch auch aus verdächtigen Orten kaufen. Voraussetzung ist, dass für jedes Tier ein Gesundheitsschein vorgewiesen werden kann, dass das Tier in keine Ställe gestellt und nicht an Brunnen getränkt wird. Ausserdem muss das Tier unverzüglich durch den Metzger geschlachtet werden (3). Der Pferdehandel ist zwar noch erlaubt, es muss aber für jedes Tier ein Gesundheitsschein vorgelegt werden (4). Weiterhin werden Bestimmungen bezüglich frei herumlaufender Hunde und Fuhrleute, die aus verdächtigen Orten kommen, aufgeführt (5, 6). Für verdächtige Personen aus Gebieten mit Tierseuchen gilt, dass sie nicht in Ställen oder Scheunen untergebracht werden dürfen, sondern in Wirtshäuser gewiesen werden müssen (7). Zuletzt wird verordnet, dass kranke Tiere sofort gemeldet werden müssen. Verheimlichung und Ungehorsam wird durch die Landvogteiämter und den Sanitätsrat bestraft (8).

Zu den Viehseuchen wie beispielsweise dem Zungenkrebs vgl. die Verordnung von 1763 (SSRQ ZH NF I/1/11 60-1), zum Tierarztberuf im 18. Jahrhundert vgl. das Mandat von 1776 (SSRQ ZH NF I/1/11 77-1) und zu den seit 1760 eingeführten Gesundheitsscheinen vgl. das Mandat von 1781 (SSRQ ZH NF I/1/11 86-1).

Texte édité


Wir Burgermeister und Rath der Stadt und
Republick ZuͤrichLieu :
Organisation :
entbieten allen und jeden Unsern Angehoͤrigen zu Stadt und
Land Unsern gnaͤdigen wohlgeneigten Willen und dabey zu vernehmen:
Es ist Uns sowohl durch Unsern eigens verordneten Sanitaͤts-RathOrganisation : , als durch andre Nachrichten bekannt geworden, daß jenseits des
RheinsLieu : , in DeutschlandLieu : , unter dem Hornvieh und unter den Schaafen, eine pestartige Seuche herrsche, welche die groͤßten Verwuͤstungen anrichte und Unsern Grenzen je laͤnger je naͤher ruͤke, ja selbst einzudringen drohe.

Wir haben deswegen, um unter goͤttlichem Beystand Unsre Lande vor einer so schrecklichen Plage zu verwahren, aber dieselbe, falls sie sich
wirklich einfinden sollte, auf das schleunigste zu ersticken, nach Unsrer landesvaͤterlichen Sorge fuͤr das Gluͤck und den Wohlstand Unsrer
G. LGnädigen Lieben Angehoͤrigen folgende Polizey-Verordnungen, nebst einer, von Unserm Sanitaͤts-RathOrganisation : verfertigten, medizinischen Anleitung1 zum Drucke
befoͤrdern lassen, in der Meinung, daß dieses Unser Mandat in dem ganzen Land von den Kanzeln, die Anleitung aber in den EEhrwürdigen StillstaͤndenOrganisation : verlesen,
und diese alsdann auf alle Gemeinde-Pfarr- und Schulhaͤuser gelegt werden solle, damit jedermann davon zu seinem Verhalt Kenntniß nehmen moͤge.

Demzufolge verordnen und befehlen Wir:

1.) Daß aus allen jenseits des RheinsLieu : gelegenen Landen, auch aus allen andern verdaͤchtigen Orten diesseits des RheinsLieu : , welche in der Folge
durch Unsern verordneten Sanitaͤts-RathOrganisation : in den Bann gelegt werden muͤßten, keinerley Hornvieh, auch keine Schaafe, Ziegen noch rohe
Haͤute von dergleichen Thieren, desgleichen kein Fleisch, es sey rohe oder gedoͤrrt, auch kein Fett oder Unschlitt in Unsre Lande eingefuͤhrt
werde, bey Strafe an Leib, Ehr und Gut fuͤr den Uebertretter, auch Konfiskation und Vernichtung des Eingefuͤhrten, und nammentlich auch
bey Strafe des Niederschlagens und Verscharrens des Viehs mit Haut und Haaren.

2.) Ist bey hoher Strafe verboten das Besuchen der Viehmaͤrkte, nicht nur in den ennertrheinischen LandenLieu : , sondern auch in der Grafschaft ToggenburgLieu : , der Landgrafschaft ThurgaͤuLieu : und in dem BadergebietLieu : , es sey mit eignem Vieh, oder um Vieh daselbst aufzukaufen, so
wie hingegen auch auf die Maͤrkte Unsers Immediat-Gebiets aus besagten Grafschaften kein Vieh gebracht werden mag; und soll auch zu sichrer
Vollstrekung des Fleisch-Einfuhrverbotes besonders, auf die sogenannten Kafler ein wachsames Auge gerichtet werden.

3.) Ist den Viehhaͤndlern, bis auf neue Erlaubniß, der Viehhandel gaͤnzlich untersagt; indessen bleibt jedem Unserer Angehoͤrigen erlaubt,
nicht nur in hiesigem Land, an Orten welche nicht im Bann sind, sondern auch ausser den Maͤrkten, in dem ToggenburgLieu : , ThurgaͤuLieu : und BadergebietLieu : , Mastvieh, dessen er zu eignem Hausgebrauch nothwendig bedarf, den Mezgern aber nur so viel als sie sogleich abschlachten koͤnnen, bey
den Staͤllen aufzukaufen, in der Meinung, daß von Unsern Angehoͤrigen den Ortsvorgesetzten, und von den hiesigen Meister Mezgern der Sanitaͤts-KanzleyOrganisation : , ein authentischer Gesundheitsschein fuͤr jedes Stuͤck Vieh vorgewiesen, dasselbe auf dem Wege in keine Staͤlle gestellt, auch an
keinem offenen Brunnen getraͤnkt, und bey der Ankunft sogleich abgeschlachtet werden soll.

4.) Den Pferdehandel wollen Wir zwar noch gestatten, insoferne fuͤr jedes Pferd ein glaubwuͤrdiger Schein mitgebracht wird, daß es weder
aus angesteckten Orthschaften herkomme, noch durch solche paßiert sey. Zu mehrerer Sicherheit aber sollen auch solche in’s Land gebrachte Pferde in keine Hornviehstaͤlle eingestellt werden.

5.) Eben so wenig sollen frey herumlaufende, besonders fremde Hunde geduldet, sondern nur an Stricken gefuͤhrt werden moͤgen; zu dem
Ende die Grenz- und Dorf-Wachen solches allen Fremden beym Eintritt in Unser Land anzeigen sollen. Auch soll sorgfaͤltig verhuͤtet werden, daß
weder Hunde, Kazen noch Federvieh in die Staͤlle kommen.

6.) Es sollen keine Fuhrleute, welche aus den ennertrheinischen oder andern verdaͤchtigen Gegenden herkommen, oder durch solche in Unser
Land fahren mußten, noch ihre Pferde in die Hornvieh-Staͤlle gelassen werden.

7.) Verdaͤchtiges Gesindel oder aus angesteckten Gegenden kommende Passagiere, durch deren Kleidungsstuͤcke leicht das Gift der Seuche verpflanzt werden kann, sollen weder in Staͤlle noch Scheunen aufgenommen, sondern zum Beherbergen in die Wirthshaͤuser gewiesen, und dann
nach Anleitung der Patrullverordnung mit ihnen verfahren werden.

8.) Es soll ein jeder, dem sein Vieh krank zu werden anfaͤngt, solches augenblicklich anzeigen, und die erhaltenden Anleitungen und Verfuͤgungen gehorsamst befolgen, zumalen jede Verheimlichung oder Ungehorsam ernstlich bestraft werden wuͤrde; wie Wir dann allen Ober- und
Unterbeamteten aufgetragen haben wollen, darauf ein wachsames Aug zu halten, daß dem allem nachgelebt werde. So wie Wir auch von jedem,
dem das Gluͤck und der Wohlstand des Landes lieb und werth ist, erwarten, daß der oder die, so dagegen handelten, unverzuͤglich gelaidet werden, so uͤberlassen Wir auch die dießfaͤllige Bestrafung sowohl Unsern Landvogteyaͤmtern, als auch Unserm geordneten Sanitaͤts-RathOrganisation : , naͤhren aber
das zuversichtliche Vertrauen, daß Maͤnniglich vor eignem Schaden, wie vor Verantwortung und Strafe, sich zu vergaumen wohl wissen werde.

Geben den 19. Wintermonat 1796Date : 19.11.1796.
Canzley der Stadt ZuͤrichLieu : Organisation : .
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso en bas à gauche par une main du XIXe siècle :]
Viehseuch mandat.
96Date : 1796.

Annotations

    1. Gemeint ist das Mandat und Anleitung betreffend Hornviehseuche vom 18. November 1796 (StAZH III AAb 1.16, Nr. 65).