check_box zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF II/11 155-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, par Ariane Huber Hernández et Michael Nadig

Citation : SSRQ ZH NF II/11 155-1

Licence : CC BY-NC-SA

Aberkennung der Rechtssprechung des Stadtgerichts in Kauf- und Zugsachen zugunsten der Obervögte von Wiedikon

1739 février 10.

Nachdem die Obervögte von Wiedikon und das Stadgericht sich nicht gütlich einigen konnten darüber, wem die Jurisdiktion über die Zugstreitigkeit zwischen Heinrich Steinbrüchel und David Esslinger um die Zureichsche Bleiche gebührt, ist das Geschäft zur Beurteilung an den Zürcher Rat gelangt. Das Stadtgericht argumentiert, dass der Zug eines Kaufs als Schuldsache zu betrachten sei und somit in seine Jurisdiktion gehöre, zumal es sich um einen Streit zwischen zwei Stadtbürgern handle. Dagegen halten die Obervögte von Wiedikon den Fall nicht für eine Schuldsache, und da die Beurteilung von Kauf- und Zugstreitigkeiten nur in den an das Vogteigericht gehörenden Gemeinden dem Stadtgericht zustehe, falle diese Sache in die Jurisdiktion der Obervögte. Der Rat ruft die in den Ausstand getretenen Ratsherren, die Güter in Wiedikon besitzen, wieder herein und entscheidet, dass in diesem Fall die Obervögte von Wiedikon zuständig seien.

  • Cote : StAZH B II 824, S. 66-68
  • Date : 1739 février 10
  • Tradition : Eintrag
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 11.5 × 37.0
  • Langue : allemand

Am 17. Dezember 1738 hatte der ZürcherLieu : RatOrganisation : entschieden, dass die Jurisdiktionsstreitigkeit zwischen dem StadtgerichtOrganisation : und den Obervögten von WiedikonLieu : vom RatOrganisation : entschieden werden sollte, wenn sie sich nicht gütlich einigen könnten (StAZH B II 822, S. 255). Das StadtgerichtOrganisation : beanspruchte die Zuständigkeit, weil es sich seiner Ansicht nach um eine Schuldsache und einen Streit zwischen Stadtbürgern handelte. Hingegen bestritten die Obervögte, dass der Fall eine Schuldsache sei und argumentierten, dass die Beurteilung von Kauf- und Zugstreitigkeiten dem StadtgerichtOrganisation : nur in den ihm zugeordneten Vogteien zustehe. Tatsächlich gehörte WiedikonLieu : als einzige der direkt an die Stadt angrenzenden Gemeinden weder zum StadtgerichtOrganisation : im engeren Sinne, dem unter anderem die Vier WachtenLieu : mit FlunternLieu : , HottingenLieu : , UnterstrassLieu : und OberstrassLieu : unterstanden, noch zum sogenannten VogtgerichtOrganisation : , dem RiesbachLieu : und die Vogtei EngeLieu : unterstellt worden waren (vgl. Bauhofer 1943a, S. 136-150). Möglicherweise war dies das ausschlaggebende Argument, denn in anderen Fällen urteilte das StadtgerichtOrganisation : auch in Zugstreitigkeiten (SSRQ ZH NF II/11 148-1). Das Gericht von WiedikonLieu : hatte sich schon 1647 gegen einen Eingriff des Stadtgerichts in seine Jurisdiktion gewehrt (SSRQ ZH NF II/11 119-1).

Das Gericht von WiedikonLieu : unter dem Vorsitz der Obervögte entschied am 21. Februar 1739, dass EsslingerPersonne : berechtigt war, ein Zugrecht auszuüben. SteinbrüchelPersonne : gab sich mit diesem Urteil nicht zufrieden und appellierte an den Rat, weshalb ihm am 9. März 1739 ein Appellationsrezess ausgestellt wurde (StAZH A 154, Nr. 118). Der RatOrganisation : wies die Appellation am 16. März 1739 jedoch ab und bestätigte das Urteil der Obervögte (StAZH B II 824, S. 112-113).

Zu einem ähnlichen Kompetenzstreit zwischen dem StadtgerichtOrganisation : und den Obervögten von WipkingenLieu : , in dem der RatOrganisation : entschied, dass die Jurisdiktion dem StadtgerichtOrganisation : zustehe, vgl. StAZH B II 856, S. 60-61. Zu den Kompetenzstreitigkeiten zwischen StadtgerichtOrganisation : und Obervögten vgl. Bauhofer 1940; zum StadtgerichtOrganisation : vgl. Bauhofer 1943a.

Texte édité

Zinnstags, den 10. februarÀ l’original : febrDate : 10.02.1739, presentibusÀ l’original : prntb herren burgermeister HirzelPersonne : , räth und burgerOrganisation :

Nachdem die hhAbréviation obervögte zu WiedikonLieu : und AlbisriedenLieu : einer- und ein frey loblichesÀ l’original : lob stattgerichtOrganisation : allhier anderseits, nach deme von mnghhrnAbréviation den kleinen räthen sub 17. decembris lest abgewichenen jahrsDate : 17.12.1738 gehegten gedanken1 über die einanderen widersprochene competentiam foriChangement de langue : latin in der zwüschent herrnÀ l’original : hrn Heinrich SteinbrüchelPersonne : und herrnÀ l’original : hrn David EßlingerPersonne : , beyderseits hiesig verbürgerten, obwaltenden zugsstreitigkeit der einten helffte der ZureichischenPersonne : bleiki bey dem Nakenden MannLieu : sich nicht mit einandren vergleichen konnen, sondern dises geschäfft zu hoher beurtheilung an mn ghhrAbréviation gewachsen.
Und zu solchen und vor hochgedacht denen selben heüte beyde theil als wolvorgedachte hhAbréviation obervögte zu WiedikonLieu : und herr schultheiß LandoltPersonne : , in zustand samtlicherÀ l’original : samt dermahligen hhAbréviation beysizeren eines frey loblichenÀ l’original : lob stattgerichtsOrganisation : , in contradictorioChangement de langue : latin erschinen und ihre darüber zu haben vermeinende befugsamme persöhnlich des mehreren und zwahren kürzlich dahin gehende vorgestellt, daß ein [p. 67]Saut de page frey loblichesÀ l’original : lob stattgerichtOrganisation : den questionirendenChangement de langue : latin streit um den zug eines kauffs als eine schuldsach, und danahen zwüschent burgern waltend, vermög einich allegirten articula des stattrechtens seiner judicatur unterworffen ansihet. Die hhAbréviation obervögte zu WiedikonLieu : hingegen selbigen als keine schuldsach halten und ihm, weilen in dem stattrecht pagAbréviation 20 § 172 dem frey loblichenÀ l’original : lob stattgerichtOrganisation : nur in denen an das vogtgericht gehörigen gemeinden die beurtheilung der streitigkeiten um kaüff und zug zu denen kaüffen oder verkaüffen zugeeignet werden seyeLecture incertainea, vor sie in solch ganz verschiedenem fahl gehörend glauben etcAbréviation.
Haben mn ghhrnAbréviation bevorderst den außstand auf den gewohnlichen zunfft außstand reglirt und diejenige hhAbréviation aus dero hohen mittel, so landguter in denen gerichten WiedikonLieu : haben, wider hineinzuberuffen gutbefunden, und sodanne in erwegung und reifflicher erdaurung der ihnen sowol mündlich vorgetragenen als in belesenerLecture incertaineb dißfähliger gerichtlicher weisung und von denen hhAbréviation obervögten zu WiedikonLieu : darüber eingegebenem beantwortungs memoriale enthaltenen beydseitigen gründen [p. 68]Saut de page mit recht erkennt, daß die judicatur angezognen zugsstreits denen hhAbréviation obervögten zu WiedikonLieu : zugehören solle.

Annotations

  1. Lecture incertaine.
  2. Lecture incertaine.
  1. Vgl. StAZH B II 822, S. 255.
  2. Es handelt sich um das Stadtrecht und Landrecht (Stadtgerichtsordnung) von Zürich, StAZH III PPb 5/1; abgedruckt auch in SBPOZH, Bd. 1, Nr. 1, S. 1-176, hier S. 28-29.