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SSRQ ZH NF II/11 132-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, par Ariane Huber Hernández et Michael Nadig

Citation : SSRQ ZH NF II/11 132-1

Licence : CC BY-NC-SA

Verbot zuhanden zweier Inhaberinnen eines Rebgeländes in Höngg in der Strasse zu streuen und Mist zu sammeln

1672 décembre 2. Zürich

Heinrich Denzler, Verordneter zu den Wegen, entscheidet im Streit zwischen Fraumünsteramtmann Hans Kaspar Waser sowie Anna Katharina und Anna Ott, den Besitzerinnen eines Rebberges oberhalb der Landstrasse, um die Nutzung des Strassenstücks vor diesem Gut. Waser und sein Lehensmann Zweifel, der den Rebberg unterhalb der Strasse bebaut, beschweren sich, dass Anna Katharina und Anna Ott trotz Verbot Streu auf der Strasse verteilen und den entstehenden Mist für ihre Reben einsammeln. Zweifel beansprucht dieses Recht für sich, da das Fraumünster nicht nur für den Unterhalt der Strasse aufzukommen habe, sondern auch das abfliessende Wasser aus der Strasse über seinen Rebberg führen müsse, was zu erheblichen Schäden führt. Anna Ott wendet ein, dass sie keine andere Möglichkeit hätten, zu Mist zu kommen, und dass das Fraumünster den Mist die letzten 50 Jahre nutzte, weshalb das Recht nun ebenfalls so lange ihr zustehen sollte; dafür würde sie den Unterhalt der Strasse übernehmen. Denzler entscheidet zugunsten des Fraumünsters, zumal dieses das Recht schon so lange innehatte. Da Anna Ott androhte, sich dem Urteil zu widersetzen und den Mist trotzdem zu nehmen, wird darauf eine Busse von 5 Pfund gestellt. Der Aussteller siegelt.

  • Cote : StArZH III.B.971.2
  • Date : 1672 décembre 2
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 20.0 × 31.0
  • 1 sceau :
    1. Heinrich DenzlerPersonne : , sceau sous papier, rond, pressé, bien conservé
  • Langue : allemand

Die Düngung mit menschlichen und tierischen Ausscheidungen gehörte zu den wenigen Möglichkeiten, die Fruchtbarkeit des Bodens zu steigern. Besonders der nährstoffintensive Weinbau war auf Dünger angewiesen, weshalb Offnungen oder Lehenbriefe oft detaillierte Bestimmungen darüber enthielten, wie viel und wie häufig die beteiligten Parteien Mist zu stellen hatten. So waren die Lehenleute des GrossmünstersOrganisation : in FlunternLieu : und UnterstrassLieu : verpflichtet, mindestens eine Kuh zu halten, um die Düngung sicherzustellen (SSRQ ZH NF II/11 72-1). 1671 mussten die Lehenleute des GrossmünstersOrganisation : auf einem Hof in AlbisriedenLieu : die empfangenen Reben mit jährlich 350 Bürden Mist düngen (StAZH C II 1, Nr. 1055 b).

Ein Problem stellte dabei allerdings die chronische Mistknappheit dar. Aufgrund der oft kleinen Viehbestände, die zudem nur im Winter im Stall gehalten wurden und den Rest des Jahres auf Allmenden, Wiesen und brachliegenden oder abgeernteten Feldern verbrachten, entstand nur wenig Mist pro Hof. Mit Mist wurde deswegen auch gehandelt: 1420 erliess die Stadt für den Misthandel eine eigene Marktordnung (StAZH B II 4, Teil I, fol. 49r; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/2, S. 328, Nr. 125). Zeitweise importierte ZürichLieu : auch Mist aus den Viehzuchtgebieten der InnerschweizLieu : .

Eine andere Möglichkeit, an Mist zu gelangen, war das Streuen von Stroh, Laub oder anderen Streumaterialien auf die Strassen oder in die Ehgräben, offene Kloaken zwischen den Häuserzeilen. Auf diese Weise wurden möglichst viele der anfallenden Ausscheidungen aufgefangen und gebunden und konnten dann getrocknet und wieder eingesammelt werden.

Vgl. zu diesem Thema Illi 1987; HLS, Düngung.

Texte édité

Nachdeme sich stryt erhebt zwüschent dem frommen, ehren-nothvesten, fürnemmen und wysen herrn haubtmann Hanß Caspar WasernPersonne : , dißmahligem ambtmann zum Frauw-münsterOrganisation : , und den vil ehr- und tugentrychen jungfrauwen Anna CatharinaPersonne : und AnnaPersonne : , den OttinenOrganisation : , betreffend ein stuck von der landstraß by HönggLieu : zwüschent deß ambts zum Frauw-MünsterOrganisation : und der jungfrauwen OttinenOrganisation : rëben und behusung daselbsten; deßwegen ich genöthiget worden, den augenschyn selbs ynzunemmen.
Da dann gedachter her ambtmann WaserPersonne : nebent synem lëhenmann sich ernstlich erklagt, was gestalten ermeldte jungfrauwen OttinenOrganisation : über vilfaltiges warnen und verbott nicht nachlaßin[d]Complété(e) par analogiea, in die landstraß zu straüwen und den buw daruß zu sammeln, welches kaadt aber ein jewyliger lehenmann deß ambts Frauw-münsterOrganisation : in derselben rëben genommen. Weile das ambt nebent der beschwerd der in ehr-haltung diser straßen auch das waßer uß der straß durch syne rëben führen und abnemmen muͤße, welcher dann zun zyten so groß von der obren gaßen nahen-komme, daß es ein zimbliches stück diser rëben mit sand und grien überführe.
Jungfrauw Anna OttinPersonne : hingegen yngewendt, daß sy anderwerts buw zu sammlen keine gelegenheit habind, und wyl das ambt Frauw-münsterOrganisation : und deßelben lehenlüth disere nutzung über 50Lecture incertaineb jahrPériode : 50 années gehabt, wöllind sy dieselbe [p. 2]Saut de page fürhin auch solang haben, mit dem anerbieten, die straß auch in solchen ehren zuͦ halten, daß keine klag deßnahen erfolgen solle, mit angehängter protestationChangement de police, daß ob glych ihre voreltern uß gütigkeit hierinnen nachgesehen und den buw andern gelaßen, weren sy doch solches zethuͦn keines wegs gesinnet, davonLecture incertainec sy auch kein recht tryben müße.
In betrachtung nun oberzelter gründen, insonderheit aber der langen besitzung deß ambts Frauw-münsterOrganisation : , und daß deßelben rëben von dem uß diser straß herablauffenden waßer großen schaden empfahen könnend, da hingegen der jungrauwen OttinenOrganisation : rëben, als die oberhalb der straße liggend, deßen gäntzlich befreyt, alß überlaße ich fehrner wie von altem her einem jewyligen lëhenmann deß ambts Frauw-münsterOrganisation : , disere straaß zusaübern und in guͦten ehren zuͦ halten, auch den darinn zuͦsammen fließenden buw an deß ambts rëben zuͦverwenden.
Und wylen mehrgedachte jungfrauwen OttinPersonne : sich vernemmen ließe nach gegebnem spruch, daß sy einen wëg wie den andern den buw uß diser straßen nemmen wölle, bin ich genöthiget worden, fünff pfundUnité monétaire : 5 livres buͦß daruf zuͦ setzen, so offt und dik sy diserm spruch zuͦ wider handlen wurde.
Deßen zuͦ wahrem urkund hab ich, zuͦ den wëgen verordneter Heinrich DentzlerPersonne : , myn gewohnlich insigel hieruf getruckt, in ZürichLieu d’origine : , den andern tag christmonats deß ein tußent sechshundert zwey und sibentzigsten jahrsDate : 02.12.1672.

[p. 4]Saut de page
[Note dorsale au verso :] ErkhentnisÀ l’original : Erkh bethriftLecture incertained deß ammbts lëhenman ZwyfelPersonne : zuͦ HönggLieu : und die jungfrauw OttenenOrganisation : wegen dar ströüwi inn die gaßen, e–den 2. decembrisDate : 2. décembreAjout à la hauteur de la ligne–e 1672Date : 1672

Annotations

  1. Complété(e) par analogie.
  2. Lecture incertaine.
  3. Lecture incertaine.
  4. Lecture incertaine.
  5. Ajout à la hauteur de la ligne.