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SSRQ SG III/4 85-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, par Sibylle Malamud

Citation : SSRQ SG III/4 85-1

Licence : CC BY-NC-SA

Schiedsspruch um Grenzen, Nutzungsrechte und Zäune zwischen Grabs und Wildhaus

1488 septembre 20. Alt St. Johann

Ulrich Rösch, Abt des Klosters St. Gallen, und Ulrich Feiss, Landvogt von Werdenberg, einigen die Nachbarschaft und Gemeinde des Kirchspiels von Grabs einerseits und von Wildhaus andererseits im Streit um Grenzen, Eigengüter, Weid- und Holznutzungsrechte. Die Parteien wurden bereits von Ritter Kaspar von Hertenstein aus Luzern geeint, doch durch seinen Tod konnte die Sache nicht abgeschlossen werden. Daraufhin wird zur Einigung ein Rechtstag in Alt St. Johann festgesetzt. Nach einem Augenschein werden

1. die Grenzen bestimmt und beschrieben. Ausserhalb dieser Grenzen sollen diejenigen von Grabs ihren Weidgang haben und diejenigen von Wildhaus innerhalb der Grenzen gegen Wildhaus. Wildhaus bleibt der Holzhau, so wie sie ihn von Werdenberg kauften, vorbehalten.

2. Wenn die Gamser von der Alp Gams wegen Schneeflucht mit ihrem Vieh in die Freienalp hinunter gehen müssen, haben sie kein Recht dazu, aber es kann ihnen von den Wildhausern aus guter Nachbarschaft erlaubt werden.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien selber.

4. Im Transfix werden die beiden Parteien angehalten, die Eigengüter und Allmend einzuzäunen.

Die Aussteller siegeln.

  • Cote : OGA Grabs O 1488-1
  • Date : 1488 septembre 20 (sannt Matheuss des hailigen zwelfbotten aubent)
  • Tradition : Original
  • État de conservation : fleckig
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 54.5 × 29.0
  • 2 sceaux :
    1. Abt Ulrich von St. GallenPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, bien conservé
    2. Ulrich Feiss von Luzern, Landvogt von WerdenbergPersonne : , attaché à une lanière en parchemin, absent
  • Langue : allemand
  • Regest
    URL

  • Cote : OGA Wildhaus
  • Date : 1488 septembre 20 («Sannt Matheuss des Hailigen Zwelfbotten Aubent» 1488)
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Pergament
  • 2 sceaux :
    1. Abt Ulrich von St. GallenPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, bien conservé
    2. Ulrich Feiss von Luzern, Landvogt von WerdenbergPersonne : , attaché à une lanière en parchemin, absent
  • Langue : allemand
  • Cote : StiASG Rubr. 121, Fasz. 1, Nr. 5
  • Date : 17 e s.
  • Tradition : Abschrift (Doppelblatt)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 33.5 × 21.5
  • Langue : allemand

  1. Die hier beschriebenen Grenzen zwischen dem Kirchspiel Grabs und der Nachbarschaft oder Gemeinde Wildhaus bilden die Grundlage zu den späteren Grenzbriefen zwischen dem Toggenburg und Werdenberg. Diese Herrrschaftsgrenze ist bis 1728Date : 1728 kaum Gegenstand von Konflikten. Erst als 1728 die Vertreter der beiden Herrschaften ToggenburgLieu : und WerdenbergLieu : zu einer GrenzbereinigungTerme : zusammenkommen, brechen Streitigkeiten um die Grenzen in diesem Gebiet aus. Sie stützen sich dabei auf die hier vorliegende Urkunde sowie auf den Vergleich um die WaldnutzungTerme : vom 22. Mai 1560Date : 22.05.1560, worin die Grenzen zwischen Grabs und Wildhaus oberhalb des Gutes BluetlosenLieu : neben dem SchlipfbachLieu : beschrieben werden: Als Grenze wird das TobelTerme : des Schlipfbachs festgelegt und zwar hinauf bis zum WasserfallTerme : , neben welchem ein Kreuz in den FelsTerme : gemacht wird. Von da soll die Grenze gerade «hinüber gon und zaigen inn den hag ob der Schmiden guͦthLieu : , wie er oben uffem bergTerme : nebend dem abfalTerme : des bachTerme : s als ain dütliche march gemacht worden» (OGA Grabs O 1560-1). Der Grenzbrief von 1728 enthält die erste detaillierte Beschreibung des gesamten Grenzverlaufs. Neu ist die Beschreibung der oberen Grenze unterhalb der Alp GamsLieu : in die ChüetoleLieu : bis zu einer Felswand am ChäserruggLieu : (Burgerarchiv Grabs U 1728-3; vgl. auch die Akten in StiASG Rubr. 85, Fasz. 10). Die Ortsbezeichnungen wie SchmidenguetLieu : , RäppenenLieu : , WebershagLieu : , LugmelsereggLieu : oder die Hangend LitteLieu : von der vorliegenden Urkunde werden wieder aufgenommen. Teilweise ist heute ihre genaue Lage nicht mehr bekannt.

  2. 1759Date : 1759/1760Date : 1760 kommt es nochmals zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden Herrschaften um die Grenzen beim BadhausTerme : am Grabser BergLieu : (LAGL AG III.2419:009, AG~III.2419:028, AG~III.2419:029, AG~III.2419:030, AG~III.2419:031 und AG~III.2419:032). Laut dem Prior und Statthalter von Neu St. JohannLieu : bildet der «badbrunnenTerme : » mit der darunter verborgenen BrunnenstubeTerme : die LandesgrenzeTerme : . Das alte Bad oder BadhusLieu : lag im Gebiet der BadweidLieu : , ein Gut zuhinterst am Grabser BergLieu : vor RäppenenLieu : .

  3. Zu Grenz- und Nutzungsstreitigkeiten zwischen Grabs und Wildhaus vgl. auch den Vergleich zwischen Grabs und Wildhaus betreffend HolzschlagTerme : auf EggersrietLieu : und LugmelsLieu : vom 12. Juni 1596Date : 12.06.1596 und die spätere Erläuterung dazu vom 11. November 1606Date : 11.11.1606 (OGA Grabs O 1596-1; O 1606-1). Das umstrittene Gebiet Lugmels wird Werdenberg zugesprochen.

  4. Zum Streit um die Nutzung und Grenzen der beiden AlpTerme : en IltiosLieu : und GamsLieu : zwischen der Grafschaft WerdenbergLieu : und dem Kloster Alt St. JohannLieu : vgl. SSRQ SG III/4 77-1.

Texte édité


Wir, Uͦlrich, on gottes gnaden abbt des gotzhus Sannt GallenLieu : Personne : etcAbréviation, unnd ich, Uͦlrich VaistPersonne : , burger und des rauts zuͦ LutzernLieu : , diser zit miner lieben herren von LutzernLieu : lanndvogt in der graffschafft Werdenberg unnd
herrschafft Warthow
Lieu :
, tuͦnd kund und zuͦ wissent allermenckglichem mit disem brieff:
Als von der spenn und zuͦspruch wegen, so dann zwischent den erbern und beschaidnen, unnsern besundern lieben und getruͤwen
der nachpurschafftTerme : und gantzer gemaindeTerme : gemainlich des kilchspelTerme : s zuͦ GrabsLieu : Organisation : an ainem, desglich der nachpurschafft und gantzer gemainde gemainlich zuͦ dem WildenhusLieu : Organisation : am andern tail, darumb sy mitainannder
lanng zit in spenn und zwytrecht gewesen sind von trib, tratt, wunn, waid, holtz, feld, gemain merckenTerme : und aignen gutterTerme : wegen, da yetwedrer tail vermaint, das der anndertail im in sinen kraißenTerme : , da si vermainten,
da die hin gan solten, intragTerme : zuͦfugte und derselben marchenTerme : und kraisenTerme : bishar nit ains gewesen. Darumb oder anderwertt baid vorgenant parthyen vormalen uff her Casparn von HerstenstainPersonne : , ritter von LutzernLieu : , saͤlgen,
als gemainen mit glichem zuͦsatzTerme : betädingetTerme : worden und doch ainandern nit gestenndig gewesen, wie und umb welliche sach si uff in geaint sind. Der ursach und des gemainen todTerme : und abganng halb die sach erwundenTerme :
nit zuͦ ußtrag komen. Unnd erst darnach ist von unns ain guͤttlicher tag daran gen Sant JohannLieu : fu̍rgenomen und uff demselben guttlichen tag mit wissen und willen, och gantzer voller gewaltsami beder vorgenanter parthye,
an uns baid gelanngt und gewachsen, also das wir hierinne bed als ain gemain manTerme : soͤltint sin, als wir oͧch gewesen sind. Und wie wir sy der obgeschribnen spenn und stos halb von ainanndern wysent, entschaident und
in der guttlichait zwischent inen erkennent und sprechent, das sy das nuͦn hinfu̍ro inku̍nfftig zyt fu̍r sich, all ir erben und nachkomen getru̍wlich halten, dem uffrecht und gestracks nachkomen und gnuͦg thuͦn sollent
und wellent. Unnd als wir uns der sach von baider parthyen ernnstlicher pitt wegen, sunder och umb vermydung ergers, groͤssers unrätTerme : s, costen und schaden, das dardurch, als wir besorgten, wol ufferstannden und gangen
moͤchte sin, beladen hand, sunder och hierinne angesehen, das die genanten vom WildenhusOrganisation : unns, obgenanten abbt UͦlrichPersonne : en, unnd die bemelten von GrabsOrganisation : mir, obgenanten landvogt von miner herren von LutzernOrganisation : wegen,
zugehoren und zu versprechen stānd und uns das also von baiden tailen mit mund und handTerme : ufgabent und vertruwtent. Unnd als wir bed parthyen fu̍r unns uff die sto̍sTerme : betagt, die gar aigennlich besehen mit
verhorung kundtschafftTerme : , luten und brieven, unnd was yetwedrer taile wider den anndern getru̍wt zuͦ geniessen bis an ir benuͤgenn, das wir alles grundtlich betrachtet und zuͦ hertzen genomen. So habent wir unns
uff das alles und oͧch nach baider tailen schinungTerme : und zoigungTerme : gar wolbedachtenklichen mit ainhelliger stimeTerme : bekennt und gesprochen in maͤß, wie denn das harnach von ainer march bis an die annder geschriben stat.
Dem ist also:
Des ersten, so habent wir uff den geruͦrten stössen am anfanng ze marchTerme : genomen und gemacht mitt namen obnen an der Schmiden guͦtLieu : unnd von der selben Schmiden guͦtLieu : ob allen aignen ußzu̍ndten
guͤttern hindurch schnuͦrrichtis in die RapellenLieu : in den groͤsten āhornTerme : uff dem bu̍helTerme : ungevarlich by dem stainTerme : , da wir im letsten gesessen sind, unnd von demselben ennd in des Webers HagLieu : . Dem selben hagTerme : nach in Fryen
Alperhag
Lieu :
an LusmellsereggLieu : unnd dann von LußmellsereggLieu : dem selben hag nach, als hoch er uffhar stost, schnuͦrrichtis in die Hanngenta LytiLieu : . Mitt der beschaidenhait, das die obvermelten von GrabsOrganisation : , all ir erben
und nachkomen usserthalb den yetzbestimpten marchen und usgeschaidnen lächenTerme : bi ir trib, tratt, holtz, feld, wunn, waid und gemain mercken pliben. Desgelichen soͤllent oͧch die vom WildenhusOrganisation : , all ir erben und
nachkomen innderthalb den yetzgenanten marchen und kraissen, harweͣrt gegen dem WildenhusLieu : inheldent, bi iren innhabenden aignen und ererbten guͤttern, trib, tratt, holtz, feld, wunn, waiden und gemain mercken
beliben. Also, das dewederer tail dem andern u̍ber so̍lich kraissen und marchen in das sin gar nichtz sprechen, sumen, irren noch verhindern, in kain wys noch weg. Besunder, so sol und mag yetwederer tail das
sin, wie denne das obgeschribner maͤßen usgeschaiden und gemarchet ist, hinfu̍ro geruͤwenklich besitzen, innhaben, nutzen und niessen, bruchen unnd sunst in all annder weg darmit gefaren, werben, schaffen, tuͦn unnd
laussen als mit sim aigen guͦt, wie im denn das aller best fuͤgt und eben ist, one ir und aller mennckglichß intrag und widerred, doch hierinne vorbehalten und usbedingt den obgesaiten vom WildenhusOrganisation : ,
iren erben und nachkomen den holtzhowTerme : , in maß sy den von ainer herrschafft von WerdenbergLieu : erkofft hand, och sunst mennckglichem an siner oberkait und gerechtikait unvergriffen und one schaden.
Unnd
insunder, wann dann wir von des wychenTerme : s1 wegen mit dem vichTerme : von GampßLieu : 2 harab in Fryen AlpLieu : weder an brieff noch sunst durch kuntschafft nútz erfunden haben, das die von GrabsOrganisation : deshalben kain gerechtikait gehebt hand, won als vil als inen vormaͤls gu̍tswillens vergonnen gewesen sig. Daruͦmb, so koͤnnen wir uns nit erkennen, das sy deshalben kain gerechtikait haben sollint, ir vich harab ze tryben, si wellent
denn das ainandern von guͦter nachpurschafftTerme : wegen vergonnen.
Unnd uff das, so söllent beid, obgenant parthyen, umb söllich obgemelt ir spenn und stoͤs, wie dann die ob aigennlich begriffen stannd, fu̍r sich,
all ir erben und nachkomen gericht, geschlicht und entschaiden, och hinfur in guͦter nachpurschafft sin und beliben. Unnd sol daruf yetwederer tail sin costen und schade, der sachen halb empfanngen, selbs haben
und dulden, alles getru̍wlich und ungevarlich.
Unnd dis, unnsers guͤttlichen spruchs und entschaid, zuͦ warem, offem urkund, so habent wir, obgenanter UͦlrichPersonne : , abbte, unnser secret insigel, unnd
ich, Uͦlrich VaistPersonne : , lanndvogt etcAbréviation, min aigen insigel offennlich laussen henngken an diser brief, zwen glich ungevarlich lutende, die geben sind an sannt MatheusPersonne : , des hailigen zwelfbotten, aubent
nach CristiPersonne : geburt unnsers lieben herren vierzehenhundert unnd im acht unnd achtzigisten jar
Date : 20.09.1488
.

a–Wir, obgenanten UͦlrichPersonne : , abte etcAbréviation, und ich, Uͦlrich VaistPersonne : , landtvogt etcAbréviation, bekennen uns och hiemit: Als von der zu̍niTerme : wegen der gmainenTerme : und aignen
guͤtter
Terme :
, sid wir des vergessen gehebt habent, umb wilen denn baid tail sich
deshalben gegen ainandern wissint zuͦ halten. So ist doch jetz darúmb
unnser entschaid, wa die gemainen guͤtter an die obgesaiten marchen
stossent, das yetwederer tail den hagTerme : an demselben ennt halb machen
soͤlle. Unnd wa der vom WildenhusOrganisation : aigen guͤtter an die marchen stossent,
diewil sy die vorhar befridetTerme : und wie sy das gehalten habint, das
sy dann das hinfu̍r aber tuͤgind etcAbréviation.
Ajout en bas de page
–a3
[Note dorsale au verso par une main du XVe siècle :] Der [...]Endommagé par encre estompée (1 mot)b brieff umLecture incertainec Frigen Alp und
LuidmelsEndommagé par encre estompée, lecture incertained, 1488Ajout à la hauteur de la lignee
[Note dorsale au verso par une main du XIXe siècle :] Compromißspruch über die landscheidung
zwischen Grabs und Wildhaus, havorLecture incertainef über
gegenseitige zaunpflicht
von 1488
[Note d’archives au verso :] No11; No 6; No2

Annotations

  1. Ajout en bas de page.
  2. Endommagé par encre estompée (1 mot).
  3. Lecture incertaine.
  4. Endommagé par encre estompée, lecture incertaine.
  5. Ajout à la hauteur de la ligne.
  6. Lecture incertaine.
  1. Hier ist das SchneefluchtrechtTerme : gemeint, d. h. ein Ort, an den man mit dem Vieh bei Schneefall während der Alpbestossung von einer hohen Alp in eine tiefer gelegene, geschützte Alp flüchten kann.
  2. Die Alp Gams oder Gamsalp genannt gehört noch heute der Gemeinde GrabsLieu : und ist Teil des Alpgebiets (http://www.ortsgemeinde-grabs.ch/alp/alp.asp). Sie liegt oberhalb der FreienalpLieu : , die zu WildhausLieu : gehört.
  3. Die Ergänzung wurde als Transfix durch den Pergamentstreifen mit der Urkunde verbunden und mit dieser gesiegelt.