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SSRQ SG III/4 211-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, par Sibylle Malamud

Citation : SSRQ SG III/4 211-1

Licence : CC BY-NC-SA

Neue Satzungen und Ordnungen der Landvogtei Sax und Forstegg

1714 juin 17.

Neue Satzungen und Ordnungen (Landsbrauch) der Landvogtei Sax-Forstegg vom 17. Juni 1714 mit 17 Artikeln: Gant, Pfand- und Konkursrecht inkl. Zugrecht, Schuldzinsen, Schuldurkunden, Wirtshausschulden, Wahl der Richter, Vormundschaftswesen, Auswanderung, Ehegericht, Rechnungswesen, Schule, Stiftungen für die Schule, fremde Bettler, Verkauf von Gütern.

  • Cote : StASG AA 2 B 003, fol. 39r–42v
  • Ancienne cote : StASG AA 2 B 3, fol. 39r–42v
  • Date : 1714 juin 17 (nach)
  • Tradition : Aufzeichnung, Buch (60 Folii paginiert) mit kartoniertem Einband
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 21.0 × 33.0
  • Langue : allemand
  • Editionen

  1. Diese «neüwen saz- und ordnungenTerme : » der Landvogtei Sax-ForsteggLieu : vom 17. Juni 1714Date : 17.06.1714 wurden als Nachträge mit einem Begleitbrief von ZürichOrganisation : an den Landvogt vom 15. August 1714Date : 15.08.1714 in das LandesrechtTerme : , auch Landsbrauch oder Landbuch genannt, von 1627Date : 1627 und seinen Abschriften aufgenommen (SSRQ SG III/4 166-1). Sie sind deshalb zusammen mit dem Begleitbrief als Artikel 62 in dem von Hans Georg Aebi gut edierten LandesrechtTerme : von 1627 enthalten (Aebi 1974, S. 161–167; zur Edition von Aebi und zur Überlieferungssituation vgl. ausführlich SSRQ SG III/4 166-1). Eine einzelne, vom Landesrecht unabhängige Abschrift befindet sich zudem im Kopialbuch StAZH F II a 383 b, fol. 170r–174v.

  2. Aufgrund zahlreicher Beschwerden aus der Landvogtei Sax-ForsteggLieu : über verwaltungstechnischeTerme : Missstände in Sachen GerichtTerme : , RechnungenTerme : , SchuldenTerme : , KircheTerme : und SchuleTerme : gibt ZürichOrganisation : die neue Ordnung in Auftrag. Die Ordnung zielt auf eine verbesserte SchriftlichkeitTerme : und stärkt deutlich die KontrollfunktionTerme : und Machtposition des LandvogtsTerme : , ohne dessen Wissen, Anwesenheit oder Einwilligung in vielen Bereichen kaum mehr gehandelt werden kann. Mit ein Grund für eine verbesserte Verwaltung und Kontrolle in Sax-ForsteggLieu : ist auch die hohe Zahl an AuswanderungenTerme : . 1712Date : 1712 verlassen insgesamt 35 HaushalteTerme : bzw. 188 Personen ihre Heimat, um nach PreussenLieu : auszuwandern (StAZH A 346.5, Nr. 84; vgl. dazu die Untersuchung von Lothar Berwein [Berwein 2003]); zur Auswanderung in Sax-Forstegg vgl. auch die Dossiers StASG AA 2 A 15d; AA 2 A 16 sowie das Werdenberger Jahrbuch zum Thema Auswanderung von 1988 [Allenspach et al. 1988]).

  3. Zur Gant in der Landvogtei Sax-Forstegg vgl. auch SSRQ SG III/4 166-1, Art. 63; StAZH A 346.5, Nr. 101.

  4. Zur Gant in der Herrschaft Hohensax-GamsLieu : vgl. auch OGA Gams Nr. 107; Nr. 124; StASZ HA.IV.405, o. Nr.; PA Hilty S 006/068.

Texte édité

Aufgrund der hohen Zahl der AuswanderungenTerme : sowie vieler Beschwerden in der Herrschaft über «geistliche, grichtliche, kirchen- und schulsachen» schickt ZürichOrganisation : eine KommissionTerme : nach Sax-ForsteggLieu : , die das LandesrechtTerme : von 1627Date : 1627 durchsehen und wo nötig erläutern und verbessern soll. Folgende OrdnungTerme : wird auf RatifikationTerme : von ZürichOrganisation : erstellt:
1. Das LandesrechtTerme : von 1627Date : 1627 bleibt in Kraft, doch hinsichtlich der im LandesrechtTerme : erwähnten langen GantTerme : wird folgendes erläutert:
1.1 Alle SchätzungenTerme : müssen mit Vorwissen des Landvogts geschehen.
1.2 Bei jeder PfändungTerme : soll der Landvogt kontrollieren, ob die GläubigerTerme : nicht ohne VerpfändungenTerme : befriedigt werden können.
1.3 Die gepfändeten GüterTerme : sollen der Kanzlei angegeben und protokolliert werden.
1.4 Wenn ein Gläubiger auch mit der dritten Schätzung nicht befriedigt werden kann, muss er diese nicht annehmen und kann auf die Güter des SchuldnersTerme : zugreifen bis die SchuldenTerme : getilgt sind.
2. Die KonkursverordnungTerme : wird dahin gehend erläutert, dass, wenn jemandem um eine laufende Schuld ein Gut zufällt, GemeindeTerme : oder GemeindegenossenTerme : das ZugrechtTerme : haben. Wird das Zugrecht nicht ausgeübt, kann der neue Besitzer mit dem Gut machen, was er will. Will er es wieder verkaufen, haben Gemeinde oder Gemeindegenossen wieder das Zugrecht. Kommt es zu einem VerkaufTerme : , muss der Käufer der Gemeinde 30 SchillingUnité monétaire : 30 sous/sols GebührenTerme : bezahlen. Bei HandänderungenTerme : durch HeiratTerme : oder ErbschaftTerme : besteht kein Zugrecht.
3. Der ZinsTerme : bei Geldleihen bleibt bei 5%.
4. Der LandweibelTerme : darf keine Schuldbriefe mehr aufrichten.
5. Schuldbriefe auf Güter von Personen, die aus dem Land ziehen und die ohne Wissen des Landvogts gemacht wurden, sollen ungültig sein.
6. Wegen WirtshausschuldenTerme : dürfen keine Güter gepfändet werden.
7. Bei der WahlTerme : der RichterTerme : soll der Landvogt auf den guten LeumundTerme : der Leute achten. Die SitzgelderTerme : dürfen nicht höher sein als im LandesrechtTerme : festgelegt. Wenn vor GerichtTerme : nur eine Partei erscheint, beträgt das Sitzgeld 6 BatzenUnité monétaire : 6 batz/bache ; erscheinen zwei Parteien 9 BatzenUnité monétaire : 9 batz/bache ; sind es mehr Parteien, bezahlt jede weitere Partei 2 BatzenUnité monétaire : 2 batz/bache .
8. WitwenTerme : und WaisenTerme : sollen von ehrlichen Leuten bevormundetTerme : werden, die jährlichDurée répétée : 1 année vor dem LandvogtTerme : und den AmtleutenTerme : RechnungTerme : ablegen müssen.
9. Da die meisten AuswandererTerme : aufgrund ihres schlechten Lebenswandels zur AuswanderungTerme : getrieben wurden, sollen alle liederlichen und verschwenderischen Personen bevormundet werden.
10. Die zurückgelassenen GüterTerme : der Auswanderer sollen bis auf weiteres einem unparteiischen VogtTerme : übergeben werden, der jährlichDurée répétée : 1 année RechnungTerme : ablegen, die Güter unterhalten und den Zins zahlen soll. Sind die Güter stark belastet, sollen sie durch den Landvogt und einige Amtleute verkauft werden. Die Einnahmen sollen dem Vogt zukommen.
11. Die PfarrerTerme : der drei Kirchgenossenschaften SalezLieu : , SennwaldLieu : und SaxLieu : sollen betreffend das EhegerichtTerme : alle zwei MonatePériode : 2 mois zum Landvogt in das Schloss kommen. «Wann nur solche partheyen vorgenommen werden, welche keine geltbuss, wol aber zusprechens verdienet», sollen keine SitzgelderTerme : genommen werden. Liegt ein ehegerichtlicher Fall vor, wird das EhegerichtTerme : versammelt und zum Landvogt sowie den drei Pfarrern der LandammannTerme : und die fünf ältesten RichterTerme : berufen. HeiratTerme : im 3. Grad und frühzeitiger BeischlafTerme : sollen inskünftig auch vor dem Ehegericht verhandelt werden.
12. Die SchuleTerme : soll mehr als vier MonatePériode : 4 mois dauern, nämlich neu vom GallustagDate : 16. octobre bis OsternTerme : . Im SommerTerme : soll neben der KinderlehreTerme : wöchentlichDurée répétée : 1 semaine eine Schulstunde abgehalten werden. Die PfarrerTerme : sollen darauf achten, dass die ElternTerme : ihre KinderTerme : regelmässig zur Schule schicken. Bei Widerstand sollen die Pfarrer die Eltern der kirchlichen Aufsichtsbehörde (Stillständern) zuweisen und bei den völlig Uneinsichtigen den LandvogtTerme : um Hilfe bitten.1
13. Der Landvogt soll allen RechnungenTerme : der KirchenTerme : , SchulenTerme : und GemeindenTerme : beiwohnen; bei den Kirchen- und Schulrechnungen soll auch der PfarrerTerme : der jeweiligen Gemeinde dabei sein.
14. Die StiftungenTerme : für die Schule sollen vom Landvogt kontrolliert und untersucht werden, der sich von den Pfarrern und SchulvögtenTerme : genaue Abrechnungen geben lassen soll.
15. Alle SchuldenTerme : von KircheTerme : oder SchulenTerme : sollen genaustens protokolliert werden.
16. Zur Erhöhung der Almosen und zur besseren Versorgung der hauseigenen ArmenTerme : dürfen fremde BettlerTerme : und StrolcheTerme : weder in die Landvogtei gelassen noch über Nacht beherbergt werden.
17. VerkäufeTerme : von Gütern an die GamserOrganisation : dürfen nur mit Bedacht und mit Wissen des Landvogts getätigt werden.
ZürichOrganisation : ratifiziert die Ordnung am 17. Juni 1714Date : 17.06.1714 und bestimmt, «dass sie dem landtsbrauchTerme : 2 einverleibet» wird.

Annotations

    1. Zu den Schulen in Sax-Forstegg vgl. SSRQ SG III/4 213-1.
    2. Vgl. SSRQ SG III/4 166-1.