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SSRQ SG III/4 201-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, par Sibylle Malamud

Citation : SSRQ SG III/4 201-1

Licence : CC BY-NC-SA

Protokollauszug einer Gerichtssitzung im Etter (Etterzeitgericht) in Wartau betreffend den Streit zwischen Ammann Hans Ulrich Müller und Weibel Jakob Sulser wegen eines Wegrechts

1691 février 4. Schloss Werdenberg

Protokoll einer Gerichtssitzung, gehalten vom Werdenberger Landvogt Bartholome von Paravicini im Etter in Gretschins. Landammann Hans Ulrich Müller mit Beistand von Ammann Zogg klagt gegen Weibel Jakob Sulser, dass er im Frühling und Sommer in die ehemaligen Hanfgüter der Pfründe fahre, obwohl er kein Recht dazu habe. Der Beklagte antwortet, dass bereits sein Vater durch diese Hanfgüter gefahren sei. Urteil: Da die Hanfländer nicht immer der Pfründe gehört haben und man der Gemeinde den kleinen Zehnt wegen des neuen Weingartens erlassen habe und anstelle desselbigen die Gemeinde diese Güter der Pfründe übergab, würde man sie gerne heute gütlich einigen. Geht das nicht, sollen die Parteien nach Brauch vor die drei Männer gewiesen werden, die dann einen Spruch ausgeben sollen. Akzeptieren sie den nicht, soll man eine Besichtigung mit beiden Obrigkeiten vornehmen. Auszug aus dem Ettergerichtsprotokoll in Wartau.

  • Cote : LAGL AG III.2430:012
  • Ancienne cote : LAGL VI. 297a
  • Date : 1790 janvier 5
  • Tradition : Auszug (Doppelblatt, 2 Seiten beschrieben)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 21.5 × 33.5
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Fridolin LuchsingerPersonne : , Landschreiber

  1. Der Auszug des sogenannten «Etterzeitgerichts» wurde deshalb ausgewählt, weil kaum noch Protokolle dieses Gerichts erhalten und keine Gerichtsprotokollbücher vorhanden sind. Die Bussen des «Etterzeitgerichts» sind in den Landvogtrechnungen enthalten (vgl. z. B. LAGL AG III.2469:023, S. 13). Der Auszug ist auch deshalb interessant, da er das Verfahren eines SchiedsgerichtsTerme : ausserhalb eines GerichtsverfahrenTerme : zeigt: Scheitert eine gütliche Einigung, sollen nach alter Sitte drei Männer (einer Flur- bzw. Baukommission) darüber entscheiden. Akzeptieren die Parteien das UrteilTerme : nicht, sollen die beiden Obrigkeiten (GlarusOrganisation : und die das SarganserlandLieu : regierenden sieben OrteOrganisation : ) urteilen. Zu diesem Rechtsstreit vgl. auch das Schreiben des Landvogts von 1689Date : 1689 (LAGL AG III.2465:034). – Zum Verfahrensablauf von nachbarrechtlichen Streitigkeiten auf der Zürcher Landschaft vgl. Sutter 2002, S. 216–224.

  2. Das «Etterzeitgericht» ist ein zur Herrschaft WartauLieu : gehöriges NiedergerichtTerme : innerhalb des EttersTerme : GretschinsLieu : . 1515Date : 1515 werden die KompetenzenTerme : des Gerichts auf EigengüterTerme : , ErbschaftenTerme : sowie auf einen BussenbetragTerme : bis zu drei PfundUnité monétaire : 3 livres festgelegt (SSRQ SG III/2, Nr. 128). Laut den späteren UrbarenTerme : (1581Date : 1581 und 1754Date : 1754) unter Glarner Herrschaft besteht das Gericht aus fünf Rechtsprechern, zu denen bei Bedarf noch zwei weitere Richter aus WerdenbergLieu : hinzugezogen werden können. Diese halten jährlich zwei Tage Gericht und richten über Güter, Lehen und Eigen sowie über Frevel und BussenTerme : innerhalb des Etters bis drei Pfund (vgl. dazu ausführlich SSRQ SG III/2, Nr. 178).

    Bisher ging die Literatur davon aus, dass der Wartauer SchlossammannTerme : den Vorsitz des ZeitgerichtsTerme : innehat (Graber 2003, S. 108; Winteler 1923, S. 125). Nach dem Wartauer Etterbuch lässt der Landvogt nicht nur das Etterzeitgericht verkünden, sondern er hält auch wie im vorliegenden Auszug von 1667Date : 1667 selbst Gericht: « hatt herr landtvogt PaulusPersonne : im ätterTerme : gricht gehaltenTerme : »). In manchen Fällen heisst es, der Landvogt habe «dz ätter gricht halten laßen» (LAGL AG III.2429:032, S. 7–8). Das Etterbuch ist «ein urtheil-buechTerme : in rechtfertigung der spähnen, so sich innert dem ätter zu WartauwLieu : wie auch außerthalb umb unserer gndhhgnädigen herren von GlarußOrganisation : zuständigen fischenzenTerme : , eigenthummenTerme : , huebgüterenTerme : , es seyen lechenTerme : etcAbréviation samt dem halben theil rechten des wildtbahnsTerme : , widerhollet und angefangen, den 6. 9bris 1651Date : 06.11.1651, da hrherr landtvogt Jacob FeltmannPersonne : zeitgrichtTerme : gehalten» (LAGL AG III.2429:032, S. 7).

  3. Zu Streitigkeiten über WegrechteTerme : vgl. SSRQ SG III/4 179-1.

Texte édité

[...]Non-pertinence éditoriale1
[fol. 2r]Saut de page


Extractus prottocolli


Den 4.ten hornung anno 1691Date : 04.02.1691 hat unser gAbréviation herr
ldtvogtlandtvogt, hAbréviation Bartholome Paravicin von CapellPersonne : ,
das etterzeit grichtTerme : gehalten worden:

Herr ammann Hanß Ulrich MüllerPersonne : mit bejstand
herr ldtammanlandamman ZokhenPersonne : klagend wegen der pfrundhanpferenTerme : über waibelTerme : Jacob SulsernPersonne : , daß er über
selbige frühlingTerme : oder somerszeitTerme : farre, gros schaden
tüge, also vermeinen sie nit, daß er gewalt haben,
solliche wegsammeTerme : zugebrauchen, seiten weilen ab dem
guth, so ehr dadurch fare, seige vor diesem ein stadelTerme :
gestanden, solle dem nächsten den ehewegTerme : ze farren und
nit mehr durch ermelte hanpferenTerme : oder solle brief
und sigell ufweisen, daß er solliche wegsamme habe
oder aber rechtlich abgewisen.

HAbréviation weibelTerme : Jacob SulserPersonne : gibt in antwurth, sein
herr vatterTerme : seige allezeit durch ermelte hanpferenTerme :
gefaren dem unschädlichsten nach, hofe, mann werde
inen weiters fahren laßen oder aber man solle
ime ein andern weegTerme : zeigen.


UrthellTerme :


entzwuschent herr schloßammanTerme : Hanß Ulrich MüllersPersonne :
mit bejstand herr ldtammanlandtamman Johann ZoghenPersonne : , clägeren,
eins, anders theils antwurthgeber herr weibellTerme :
Jacob SulserPersonne : .
Nach verhörter clag, antwurth,
red und widerredt hat sich der richter und ein ehrsamm
gricht uff den eidt zu recht erkänt, daß seinteweilen
die hanpferenTerme : nit alle zeit der pfrundTerme : gehört habe und
sekAbréviation, daß man der gemeindt der klein zehendenTerme : wegen [fol. 2v]Saut de page
dem neüen weingerthTerme : gelaßen worden2 und anstatt
desselbigen die gmeindt solche pfrund hanpferenTerme :
der pfrundt zugestelt hat, sähe man gern, daß
mann heütiges tags wegen ires habenden streits
sich freünd- und gütlich verglichen. Wann aber die
güte nit fruchten wolte, sollend die parthejen danne
nach den bräuchen für die 3Quantité : 3 mann gewisen sejn und
deßentwegen ein spruchTerme : thun. Wan dan der ußspruch den
parthjen nit anemlich wäre, sollen danne beiderseits
obrigCorrection par-dessus, remplace : kakeiten uf den augenscheinTerme : keren und inen ein
ußspruch über diesere sach thun, was sie recht und
billich dunkh.

Extrahirt, schloss WerdenbergLieu d’origine : , den 5. jenner 1790Date : 05.01.1790,
aus dem etter grichtsprottocollTerme :
zu WarthauwLieu : .
Fridolin LuchsingerPersonne : ,
landtschreiber
|Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Extractus
aus dem ettergrichts
prottocoll
Terme :

zu WarthauwLieu :

Annotations

  1. Correction par-dessus, remplace : k.
  1. Dem Protokollauszug voraus geht ein Auszug aus dem Urbar von Werdenberg über die Gerichtsordnung von Wartau (vgl. die beiden Artikel im Urbar von 1754, gedruckt in SSRQ SG III/2, Nr. 178b, Art. IV–V).
  2. Vgl. dazu den sogenannten Weingartenbrief von 1625Date : 1625 (Kopien: LAGL AG III.2430:013, S. 23–24; OGA Wartau, Nr. 9, gedruckt bei Reich-Langhans, Chronik, S. 138–140 und Graber, Urkundensammlung, Nr. 45).