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SSRQ ZH NF I/2/1 219-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 219-1

Licence : CC BY-NC-SA

Stadtschreiberordnung von Winterthur

1520 janvier 1 – septembre 17.

Der Kleine und der Grosse Rat von Winterthur legen die Gebühren für die Anfertigung von Schriftstücken durch den Stadtschreiber fest, die sich bei Gütertransaktionen nach dem Verkehrswert der Objekte richten und in den übrigen Fällen nach der Art des Dokuments, beispielsweise Quittungen, Briefe, Urfehdeerklärungen und Kundschaften (1). Darüber hinaus erhält der Stadtschreiber 21 Pfund Haller Grundgehalt (2). Er soll leserlich und sauber schreiben, seine Aufträge rasch erledigen und nur Urkunden siegeln, die vor dem Rat oder vor Gericht vorgetragen worden sind (3, 4, 5). Der Stadtschreiber soll alle verbrieften und nicht verbrieften Urteile in das Buch eintragen (6). Er soll auch Schreibarbeiten für die Angehörigen der Grafschaft Kyburg verrichten (7). Der Stadtschreiber ist von Steuer, Arbeitsdienst und Wachdienst befreit und darf sonst keinem Gewerbe nachgehen (8). Weiter haben beide Räte auf der Kanzel verkünden lassen, dass Bürger Kreditgeschäfte und Verkäufe nur vor dem Gericht oder dem Schultheissen und Rat tätigen dürfen (9). Dasselbe gilt für Geschäfte mit Auswärtigen, wenn die betreffenden Güter innerhalb des Friedkreises liegen (10). Kreditaufnahmen im Namen der Stadt sollen durch den Stadtschreiber vor Ort ausgefertigt werden (11).

  • Cote : winbib Ms. Fol. 27, S. 506-507
  • Date : milieu du 18. s.
  • Tradition : Abschrift
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 24.0 × 35.5
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Johann Jakob Goldschmid

  • Cote : STAW AA I/7/1 (r)
  • Date : 17 e s.
  • Tradition : Teilabschrift (Einzelblatt)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 17.5 × 42.0
  • Langue : allemand

Die WinterthurerLieu : Stadtschreiberordnung von 1520 wurde in das Kopial- und Satzungsbuch eingetragen, das Stadtschreiber Gebhard HegnerPersonne : anlegte und das seine Nachfolger fortsetzten. Bis auf ein Fragment sind diese Aufzeichnungen nur mehr in der Abschrift Johann Jakob GoldschmidsPersonne : aus dem 18. Jahrhundert überliefert. Eine weitere Abschrift der Ordnung findet sich in einem noch späteren Kopialbuch von Melchior SteinerPersonne : , der vermutlich ebenfalls auf die originale Vorlage zurückgreifen konnte (STAW B 2b/1, S. 242-243). Daneben existiert noch eine gekürzte Fassung aus dem 17. Jahrhundert, die weitere Notizen des damaligen Stadtschreibers enthält, der finanzielle Einbussen befürchtete, weil er weniger Aufträge von den Amtleuten erhielt und der Schulmeister und andere nicht vereidigte Schreiber ihn konkurrenzierten (STAW AA 7/1r). Auch diese Abschrift basiert auf der originalen Vorlage auf fol. 492 und 493 des nicht mehr erhaltenen Kopial- und Satzungsbuchs, wie am Rand vermerkt ist.

Da der Stadtschreiber von WinterthurLieu : nur ein Grundgehalt aus städtischen Mitteln bezog und ansonsten nach Auftragslage entlohnt wurde, schützte ihn die Obrigkeit vor Konkurrenz (STAW B 2/5, S. 210, 212; STAW B 2/5, S. 483). Das Gehalt von zunächst 21 Pfund wurde 1539 um 12 Pfund Haller erhöht, zumal man dem Schreiber nicht wie andernorts das Papier stellte. 1597 wurde sein Gehalt auf 50 Pfund erhöht, jedoch die Steuerbefreiung aufgehoben (winbib Ms. Fol. 27, S. 505; STAW AA 7/1v). Zu Gebührenordnungen und zur Besoldung der Stadtschreiber allgemein vgl. Burger 1960, S. 117-132.

Zum Aufgabenbereich des WinterthurerLieu : Stadtschreibers vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 128-1. 1541 erhielt Stadtschreiber Christoph HegnerPersonne : den Auftrag, Inhaltsangaben von den Urkunden im Archiv anzufertigen: «Usgen me dem stattschriber vj  umb die uszüg aller brieffen in kasten in den drücken im gwelb, namlich über ein jedi drucken ein sunderen uszug nach dem alfabeth» (STAW Se 27.3, S. 15). Zum Archiv im Südturm der WinterthurerLieu : Pfarrkirche vgl. Häberle 1982, S. 44-45. Zur Tätigkeit der Stadtschreiber in Registratur und Archiv allgemein vgl. Burger 1960, S. 216-225.

Texte édité


Ordnung eines stadtschreibers lon, so er von jedem
brieff nemmen soll, von beyden räthenOrganisation : angesehen
und beschloßen, anno xvo xxDate : 01.01.1520 – 31.12.1520


Item von hundert guldinUnité monétaire : 100 florins j guldinUnité monétaire : 1 florin .

Item von hundert pfundenUnité monétaire : 100 livres j Unité monétaire : 1 livre .

Item von lxxxUnité monétaire : 80 livres und lxx Unité monétaire : 70 livres xv Unité monétaire : 15 sous/sols .

Item von l Unité monétaire : 50 livres x Unité monétaire : 10 sous/sols , und was darunder ist, es sige ein gmächtnus,
verzüchung oder schuldbrieff, auch x Unité monétaire : 10 sous/sols .

Item ein mttmütt kernenMesure de volume : 1 muid épeautre gelts oder j  goltsUnité monétaire : 1 livre or xj Unité monétaire : 11 sous/sols .

Item ein gantbrieff vj Unité monétaire : 6 sous/sols .

Item von einer quittanz auff berment viij Unité monétaire : 8 sous/sols .

Item von einer quittanz auff babeir.

Item von einer gmeinen missiv xvj Unité monétaire : 16 sous/sols .

Item in allen grichtshändlen behalten wir uns unser oberkeit vor in der tax, je darnach die summ groß oder klein ist.

Item von eim vidimus, je darnach und der brieff klein oder groß ist.

Item von einer schlechten urphed ij  hallerUnité monétaire : 2 livres .

Item von einer großen urphed iij Unité monétaire : 3 livres .

Item von einer kundtschafft, als vill ir ist, von jeder v Unité monétaire : 5 sous/sols und den zimlich urtelbrieff bezahlen.

Item all urtelbrieff behalten wir uns selbs vor, darum nach billichkeit zuerkennen.

Item was gemechtsbrieff sind, von jedem hundert pfundUnité monétaire : 100 livres soll er nemmen j Unité monétaire : 1 livre .

Item es soll auch jedem stadtschreiber von gemeiner stadt werden xxj  hallerUnité monétaire : 21 livres jarlon.

Item dergleichen soll er eine gute geleßliche schrifft machen, unvertütlet1, daß der gmein mann leßen könne.

Item alsbald ein brieff vor der oberkeit wirt auffgericht, soll er die
welt ferggen on klagCorrection par-dessus, remplace : gnada.

Item er soll kein brieff siglen, er sige dann vorhin vor rathOrganisation : oder
gricht gehört, wo er dann gemachet ist.

Item es soll auch ein jeder stadtschreiber all urtallen in diß buch
auffschreiben, er mach brieff oder nüt, in kleinOrganisation : und großen rätenOrganisation : .2

Item es soll ein jeder stadtschreiber in eid nemmen, daß er unser lieben
und guten nachbauren uß der graffschafft KyburgLieu : mit schreiben versehen wölle, wie von alter her.3
[p. 507]Saut de page
Item es soll ein jetlicher stadtschreiber frig sitzen, ledig steür und tagwen
und wachen, ußgenommen für und für.4 Dargegen soll er keinerley gewerb und handthierung brauchen und des amts behelffen.

Item auff montag vor MatheyPersonne : , anno xvo und xxDate : 17.09.1520 habend sich mein
herren kleinOrganisation : und groß räthOrganisation : erkent und das an der cantzel laßen verbieten an x Unité monétaire : 10 livres , daß nun hinfür niemand mehr ein burger gegen
dem anderen gelt uffnemm oder gütter zukuffen gebe, niemandt anders5
gefertiget solle und auffgericht werden dann vor mhhAbréviation stab oder vor
einem schultheißen und ratOrganisation : allhier.

Dergleichen auch uff die gütter, so in mhhAbréviation fridcraiß ligend, einer von
einem frömden gelt darauff nemme oder zu kuffen gebe, soll niemand
anders gefergget werden oder auffgericht, dann wie obgemelt ist.

Deßglichen habend sie sich auch witer erkent, damit dem stattschriberamt dhein weitern abbruch nit beschehe, was gelt sy uffnemmind
von gmeiner stadt wegen, daß je ein stadtschreiber dieselbigen brieff
auch allhier schreiben solle.6

Annotations

  1. Correction par-dessus, remplace : gnad.
  1. Entweder verlesen für «unversudlet», so in einer jüngeren Abschrift in einem Kopialband des 18. Jahrhunderts (STAW B 2b/1, S. 243), oder im Sinne von «verdudlet» heruntergekommen (vgl. Idiotikon, Bd. 12, Sp. 495).
  2. Vgl. den Ratsbeschluss von 1483, dass alle gerichtlich angeordneten Beurkundungen nur durch den Stadtschreiber aufgesetzt und durch den Schultheissen mit dem Gerichtssiegel gesiegelt werden sollen (SSRQ ZH NF I/2/1 132-1).
  3. 1405, noch unter habsburgischerOrganisation : Herrschaft, war das Amt des Landschreibers von KyburgLieu : dem Stadtschreiber von WinterthurLieu : verliehen (STAW B 2/1, fol. 6r). Unter der ZürcherLieu : Obrigkeit waren dessen Kompetenzen in der Landvogtei KyburgLieu : jedoch umstritten. 1529 bestätigten Bürgermeister und Rat von ZürichLieu : Organisation : den WinterthurerLieu : Stadtschreiber Gebhard HegnerPersonne : in der Funktion des Zinsschreibers für das EnneramtLieu : zwischen TössLieu : und ThurLieu : (Sibler 1988, S. 151, 153-154). Sein Sohn Christoph HegnerPersonne : wollte aus dieser Praxis Ansprüche ableiten (StAZH A 131.4, Nr. 133), was die ZürcherOrganisation : 1542 zugunsten des Landschreibers zurückwiesen (StAZH B VI 256, fol. 75r-v und 77r; StAZH A 131.5, Nr. 54).
  4. In der gekürzten Fassung aus dem 17. Jahrhundert: «ußgenommen für führ» (STAW AA 7/1r), das heisst, dass nur bei Feuergefahr Wache gehalten werden musste.
  5. Vermutlich verlesen für nirgends anders wie in der gekürzten Fassung aus dem 17. Jahrhundert (STAW AA 7/1r).
  6. Die gekürzte Version der Stadtschreiberordnung aus dem 17. Jahrhundert bemerkt hierzu: «Nota: Dann die brieff, so der spittal zu SchaffhusenLieu : Organisation : umb 1700  uff gmeind HetlingenLieu : hat, hat ein HüenerwadelPersonne : zu SchaffhusenLieu : leider gschriben.» (STAW AA 7/1r).