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SSRQ ZH NF I/2/1 144-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, par Bettina Fürderer

Citation : SSRQ ZH NF I/2/1 144-1

Licence : CC BY-NC-SA

Urfehde des Götz Gengenbach von Winterthur wegen Missachtung des gebotenen Friedens

1485 juin 27.

Götz Gengenbach, Bürger von Winterthur, schwört dem Schultheissen und Rat von Winterthur Urfehde. Er war inhaftiert worden, weil er den gebotenen Frieden gebrochen und somit seinen Eid übertreten hatte. Da sich Verwandte und Unterstützer für ihn eingesetzt haben und er Gnade statt Recht erbeten hat, wurde er freigelassen. Er verzichtet auf Vergeltung und verpflichtet sich, Zeit seines Lebens ohne Erlaubnis des Schultheissen und Rats die Stadt nicht zu verlassen und keine Trinkstuben und Gesellschaften mehr zu besuchen. Forderungen an die Stadt oder ihre Bürger soll er nach städtischem Recht vor Gericht austragen. Für ihn verbürgen sich seine Söhne Hans und Heini Götz, sein Schwiegersohn Heini Stössel, Ruedi Kräutli, Bürger von Winterthur, Heini Schuppiser von Oberwinterthur, Hans Stössel, Hensli Sigrist von Elgg, Heini, Hans und Hans Brun von Elgg, Heini Zimmermann von Wiesendangen und Hans Götz aus der Au. Hält Götz Gengenbach die Urfehde nicht, sollen die Bürgen binnen 14 Tagen 200 Gulden bezahlen oder ihn wieder in Haft nehmen lassen. Bei säumiger Zahlung darf man die Bürgen pfänden. Er verzichtet auf alle Rechtsmittel. Auf Bitten des Götz Gengenbach siegelt Hugo von Hegi, für die Bürgen siegelt Hans Wipf genannt Schuler von Seuzach, Untervogt von Kyburg.

  • Cote : STAW URK 1571
  • Date : 1485 juin 27
  • Tradition : Original
  • Support d’écriture : Pergament
  • Dimensions l × h (cm) : 54.0 × 34.0 (Plica : 5.5 cm)
  • 2 sceaux :
    1. Hugo von HegiPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, endommagé
    2. Hans WipfPersonne : , cire, rond, attaché à une lanière en parchemin, bien conservé
  • Langue : allemand
  • Scripteur : Konrad Landenberg

Die Stadt war ein befriedeter Bezirk. Drohte ein Streit zu eskalieren, mussten die Kontrahenten häufig schwören, sich friedlich zu verhalten und einander weder verbal noch physisch zu attackieren, sondern ihre Auseinandersetzung vor Gericht auszutragen, vgl. beispielsweise STAW B 2/3, S. 454. Ein WinterthurerLieu : Ratsbeschluss von 1469 drohte denjenigen Sanktionen an, welche die gebotene «stallung» brachen (STAW B 2/2, fol. 17v; STAW B 2/3, S. 107). Mitte der 1490er Jahre wurde angeordnet, dass unbeteiligte Bürger Streitende zum Frieden aufrufen und gewalttätige Personen dem Schultheissen übergeben mussten. Die Missachtung des gebotenen Friedens zog ein Bussgeld von mindestens 18 Pfund nach sich (SSRQ ZH NF I/2/1 166-1, Artikel 2; vgl. das Bussgeldverzeichnis aus dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts SSRQ ZH NF I/2/1 194-1). Eine Strafverschärfung erfuhren notorische Friedensbrecher wie Götz GengenbachPersonne : . Er musste bereits fünf Jahre nach der vorliegenden Erklärung erneut Urfehde schwören. Aufgrund der Fürsprache der Boten von ZürichLieu : , LuzernLieu : , SchwyzLieu : und GlarusLieu : anlässlich ihrer Rückkehr von der Belagerung St. GallensLieu : blieb ihm damals eine dauerhafte Inhaftierung erspart (STAW URK 1671). Zur Stadt als geschlossenem Friedensbezirk vgl. Dilcher 1996, S. 222-224, 227. Zum gebotenen Frieden als Mittel der Gewaltprävention vgl. Isenmann 2012, S. 160-162; Ebel 1958, S. 139-141.

Zum Repertoire der Ehrenstrafen gehörten neben Formen der öffentlichen Zurschaustellung auch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit delinquenter Personen, ihr Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben, vgl. Dülmen 1999, S. 72; Schwerhoff 1993, S. 168. Zur städtischen Praxis, Delinquenten gegen einen Urfehdeeid, verbunden mit der Stadtverweisung oder anderen Auflagen, aus der Haft zu entlassen, statt sie vor Gericht zu stellen, vgl. den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/2/1 73-1.

Texte édité


Ich, Goͤtz GengenbachPersonne : , burger zuͦ WinterthurLieu : , vergich offennlich unnd tuͦn kund allermengklichem mit disem brieve:
Als ich in der ersamen, wisen schulthais unnd rautz
zuͦ WinterthurLieu :
Organisation :
, miner gnedigen, lieben herren, vangknuß komen bin, sachen halb, das ich ire fridbott, mir zuͦ mermaln getān, ungehorsamklich gehalten unnd verbrochen, dardurch ich min er unnd eid u̍bersaͤhen, darumb sy dann mich an minem lib und leben ze strauffen recht gehept, dann das sy uff miner fru̍nd und ander miner herren unnd
guͦnner treffenlicher bitt, fu̍r mich beschaͤhen, und sonder ouch fu̍r mich selbs uff min mißverhandlung in sachen gnad unnd nit recht begert, gnad unnd barmhertzikait
mitgeteilt unnd mich usser soͤlcher vangknuß guͤtlich unnd gnediklich gelaussen, daruff ich dann mit wolbedachtem sinne, fryem willen und gantz unbezwungenlich fu̍r
mich, all min erben, fu̍r fru̍nd unnd fru̍nds fru̍nd, die ich alle hertzuͦ vestenklich verbinden, ein uffrecht, redlich urfecht ze halten unnd einen eid liblich zuͦ got und den heilgen
mit gelerten worten geschworen hab, die vangknuß unnd sach, was sich darunder und dartzwu̍schen verlouffen haut, nicht usgenommen, gegen den genannten minen gnedigen
herren, schulthais, raut unnd gmeiner statt WinterthurLieu : Organisation : , allen den iren, und so inen zuͦ versprēchen stond, noch gegen den, so an miner gevanknuß schuld, raut oder getaut gehept,
geben oder getān hond, dartzuͦ gewandt oder darunder verdaucht sind, niemand usgescheiden, nitmer ze aͤffern, ze anden noch ze rechen noch das schaffen oder ze tuͦnd gestatten durch
mich selbs noch yͤmand ander, heimlich noch offennlich, mit worten, wercken, geschrifften, raͤten oder gettaͤten, in keinen wēg. Unnd sonderlich in den selben minen eid genommen,
von hu̍t, datum ditz briefs, hinfu̍ro min leben lang bitz zuͦ end miner wile usser der statt WinterthurLieu : niemermer ze kommen noch in dhein wise daruß ze wandlen, ouch alda uff kein
offen stuben noch geselschafft, in kein offen zēch noch u̍rten ze gānd ōne der genannten schultheißen unnd rautzOrganisation : urlōb unnd vergu̍nsten.
Unnd ob sach wēre, das ich fu̍rohin zuͦ den
gemelten schultheißen, raut unnd gmeiner statt WinterthurLieu : Organisation : , iren burgern oder denen, so inen zuversprēchen stond, icht zuͦ sprēchen gewunne, wōrumb das wēre, darumb sol
ich gegen inen recht nēmen unnd geben, wie sich das nach inhalt ir statt frighait und gewonhait ze tuͦnd gepu̍rt.
Unnd des alles zuͦ guͦter sicherheit so hab ich, GoͤtzPersonne : , obgenant,
fu̍r mich, min erben und nachkommen den selben minen gnedigen herren von WinterthurLieu : unnd iren nachkommen zuͦ rechten, gelopten mitgewēren und troͤstern geben und
gesetzt, namblich HannsenPersonne : unnd Heini GoͤtzenPersonne : , mine lieben su̍n, Heini StoͤsselPersonne : , minen tochterman, Ruͤdi Kru̍tlinPersonne : , burger zuͦ WinterthurLieu : , Heini SchuͦpisserPersonne : von OberwinterthurLieu : ,
Hannsen StoͤsselPersonne : , Hennsli SigrestPersonne : von ElgoͤwLieu : , HeiniPersonne : , HannsPersonne : und aber HannsenPersonne : , die BrunenOrganisation : , von ElgoͤwLieu : , Heini ZimermanPersonne : von WisendangenLieu : unnd Hannsen GoͤtzenPersonne : us der
ŌwLieu : , also mit dem gedinge: Ob sach wēre, das got nit woͤlle, ich yͤmer so schwach und lichtvertig an mir selbs wēre oder wurde und disen minen geschwōren eide hierinne vergēßt, ouch disen brieff oder dhein stuck, eins oder mēr, hierinne beschriben, in worten, wercken, puncten und artikeln u̍berfuͤre und nit hielte, so setz ich, Goͤtz GengenbachPersonne : , obgenannt,
uff mich selbs wolbedacht, das ich alsdann ein meineidiger, erloser u̍beltaͤtter, verurteilter man heissen und sin sol. Unnd mu̍gen ouch die genannten von WinterthurLieu : , die iren,
und wēm sy das ze tuͦnd bevelhen, zuͦ mir griffen, vāhen und beheben oder schāffen getān werden in frighaiten, cloͤstern, gefrigten stetten, maͤrckten, doͤrffern, landen unnd gerichten,
wō sy mich ankommen und erfragen mu̍gen, und zuͦ mir richten laussen, als sich zuͦ einem soͤlchen meineidigen, erlosen man ze tuͦnd gepu̍rt.
Dartzuͦ soͤllen ouch nu̍tzet desterminder
die egenannten mine mitgewēren und troͤster den selben minen gnedigen herren von WinterthurLieu : umb soͤlch min u̍bersaͤhung zwey hundert guͦter Rinischer guldinUnité monétaire : 200 florins de la Rhénanie unablaͤßenlich
zuͦ bezalen verfallen sin, die wir, obgenannten mitgewēren und troͤster, unnd unnser erben den gemelten unnsern lieben herren von WinterthurLieu : und iren nachkommen uff ir vordrung
in viertzehen tagenPériode : 14 jours, den naͤchsten, ōne verzug geben unnd bezalen oder aber den gemelten Goͤtzen GengenbachPersonne : widerumb in ir vangknuß antwurten und bringen soͤllen, ōn
iren costen und schaden. Wō aber wir oder unnser erben an vermelter bezalung mit gedingen, wie obstaut, su̍mig wurden, das doch nit sin sol, alßdann moͤchten die egenannten
unnsre herren von WinterthurLieu : unnd ire nachkommen u̍nns, obgemelten mitgewēren und troͤster, alle ingemein oder unnser jegklichen besonder, woͤlche sy under u̍ns woͤllen, unnd
unnser erben darumb ervordern mit iren brieffen, ze hus, ze hof oder muntlich under ougen. Unnd woͤlcher oder woͤlche also under u̍nns ervordert wurden, der oder die selben soͤllen
alsdann nach soͤlcher ir vordrung von stund an ōne verzug by guͦten tru̍wen in eidspflichte gen WinterthurLieu : in die statt gān und daruß nitmer kommen, bitz uff die stund die genannten
von WinterthurLieu : der bedauchten zwey hundert guldinUnité monétaire : 200 florins , wie obstaut, entricht und bezalt worden sind. Unnd wir werden also von inen ervordert oder nit, so haben sy doch nu̍tzet
desterminder vollen gewalt unnd guͦtrecht, u̍nns, die gemelten mitgewēren unnd troͤster, gemeinlich oder besonderlich, unnd unnser erben darumb an allen unnsern ligenden
und varenden guͦten, so wir inen hiemit zuͦ rechtem underpfand haft unnd verschriben haben, in verrechtvertigiter underpfandswise, wō sy die ankommen und erfrāgen mu̍gen,
anzegriffen, ze versetzen, ze verkouffen, es sige mit oder ōne gericht, geistlichem oder weltlichem, und damit ze handlen so lang und vil, bys inen umb die gemelten zwey hundert
guldin
Unité monétaire : 200 florins
in gemelterwise mit sampt allem daruff ergangen costen unnd schaden ußrichtung und ein volkommen benuͤgen beschaͤhen ist, gentzlich ōn ir engeltnuß.
Unnd sol
ouch mich, obgenannten Goͤtz GengenbachPersonne : , desglichen u̍nns, die mitgewēren unnd troͤster, unnser aller erben noch unnser guͦt, sampt noch sonder, hievor allem nicht schirmen
noch fryen dhein unnser antwurt, dhein frighait, recht noch gesatzt der herren, stett noch der lender, weder baͤpstlich, keiserlich noch ku̍ngklich recht, gebott, gnad, absolvierung,
uffhebung noch dhein landfrid, vereinung, trostung noch frighait, frig geleit, dhein landtrecht, stet- noch burgrecht noch sunst dhein gewonhait, recht noch gericht, geistlichs noch
weltlichs, noch sunst, mit nammen nu̍tzetu̍berall, so yeman erdencken, fu̍rziehen, erwerben und gegeben kan oder mag und wir hiewider gepruchen und geniessen moͤchten,
wann wir u̍ns des alles und sonderlich des gmeinen rechten, sagende gmeine verzihung, versaͤhe nit ein sonderbare gange dann evor, gar und gentzlich fu̍r u̍ns und unnser
erben entzigen und begeben haben, wissentlich, mit urkund, in craft ditz briefs, geverde und argliste hierinne gentzlich abgescheiden.
Und des alles zuͦ offem, warēm urkund so
hab ich, Goͤtz GengenbachPersonne : , obgemelt, mit ernst erbetten den frommen und vesten junckher Hugen von HegiPersonne : , minen gnedigen, lieben junckherren, das er sin eigen insigel, mich und
min erben aller obgeschribner dingen damit zuͦ u̍bersagende, doch im und sinen erben ōne schaden, offennlich getān hencken haut an disen brieff. Unnd wir, egenannten mitgewēren
und troͤster, verjehend unnd bekennend u̍nns ouch vermelter mitgewerschaft unnd trostung, ouch alles des, so von u̍nns an disem brieff hievor geschriben staut, geloben ouch by
unnsern guͦten tru̍wen fu̍r u̍ns und unnser erben in eidswise, das alles ze halten und dem nachzekommen, getru̍wlich und ungevarlich. Unnd hierumb so haben wir ouch alle
mit vlis erbetten den ersamen Hannsen Wipfen genant SchuͦlerPersonne : von SoͤtzachLieu : , undervogt zuͦ KiburgLieu : , das er sin eigen insigel fu̍r u̍ns und unnser erben, im und sinen erben ōne
schaden, gehenckt haut an disen brief, der geben ist an mentag nach sant Johanns tag baptistePersonne : , nach Cristi gepu̍rt viertzehenhundert achtzig unnd fu̍nff jāreDate : 27.06.1485.
[fol. v]Saut de page
[Note dorsale au verso :]
Urfechtbrief Goͤtzen GengenbachsPersonne :
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Urphed Götz GängenbachPersonne : von WinterthurLieu : ,
wegen übertrettung oberkeitloberkeitlichen fried botten
gethürnt und in die statt verbannisirt und
von allen gesellschafften und zechen ausgeschloßen,
a anno 1485Date : 1485

Annotations

  1. Ajout à la hauteur de la ligne par une main du XIXe siècle : 27 JuniDate : 27.06.1485.