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SSRQ ZH NF I/1/3 42-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 42-1

Licence : CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich für die Zimmerleute und Maurer sowie Festsetzung der Löhne

1490.

Bürgermeister, Rat und Zunftmeister erlassen eine Ordnung für die Handwerke der Zimmerleute und Maurer und legen die folgenden Bestimmungen fest: Die Ordnung ist von allen Mitgliedern der genannten Handwerke zu beschwören. Zur Aufnahme in die Zunft haben zwei dazu verordnete Meister den Anwärter zu überprüfen und bei ihrem Eid für ihn zu bürgen. Die Löhne für Meister, Meisterknechte, Lehrknechte und Pflasterknechte der beiden Handwerke werden saisonal abhängig festgelegt, jeweils für den Zeitraum von Februar bis Oktober und von Oktober bis Februar. Die Arbeitszeiten richten sich nach dem Läuten der Betglocken von Grossmünster und St. Peter. Die Handwerker haben von April bis September Anspruch auf vier Mahlzeiten, von September bis April auf deren drei. Separate Lohntarife gelten für die im Tagelohn angestellten Arbeitskräfte.

  • Cote : StAZH A 77.14, Nr. 162
  • Date : 1490 (Datierung aufgrund der Schreiberhand)
  • Tradition : Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 22.0 × 31.0
  • Langue : allemand

Wie in anderen spätmittelalterlichen Städten war auch in ZürichLieu : das Bauhandwerk neben dem Rebbau das Handwerk mit dem höchsten Anteil unselbständiger Lohnarbeit. Die aus diesem Bereich überlieferten Satzungen geben deshalb wertvolle Einblicke in die vormodernen Lohnverhältnisse. Die erste überlieferte Lohnordnung der Stadt ZürichLieu : stammt aus dem Jahr 1335 und wurde für die ZimmerleuteOrganisation : erlassen (Zürcher Stadtbücher, Bd. 1/1, S. 72, Nr. 172; vgl. auch die ergänzenden Bestimmungen für ländliche Tagelöhner und Handwerker von 1424: Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/2, S. 362-363, Nr. 179). Die vorliegende Aufzeichnung lässt sich der Hand des seit 1485 als Unterschreiber in der StadtkanzleiOrganisation : tätigen, nachmaligen Stadtschreiber Johannes GrossPersonne : zuschreiben. Einen Anhaltspunkt für die Datierung des Stücks bietet seine Ähnlichkeit zu GrossPersonne : ' Niederschrift des Vierten Geschworenen Briefes (SSRQ ZH NF I/1/3 27-1).

Die beiden Handwerksgesellschaften der ZimmerleuteOrganisation : und MaurerOrganisation : fassten die wichtigsten Berufe des Bauhandwerks zusammen. Zur Gesellschaft der ZimmerleuteOrganisation : gehörten neben den ZimmerleutenOrganisation : auch die TischmacherOrganisation : , während die MaurerOrganisation : mit den SteinmetzenOrganisation : verbunden waren. Die Beziehungen der Handwerksgesellschaften innerhalb der Zunft zur ZimmerleutenOrganisation : wurden im Jahr 1459 ausführlich geregelt (StAZH W I 5.1.2; Edition: QZZG, Bd. 1, Nr. 151). Von den der Zunft zur ZimmerleutenOrganisation : angehörenden unselbständigen Arbeitskräften sind die im Tagelohn angestellten Handwerker zu unterscheiden. Diese waren seit 1490 in der KonstaffelOrganisation : organisiert (vgl. dazu deren Zunftbrief, SSRQ ZH NF I/1/3 49-1). Wie aus der vorliegenden Ordnung hervorgeht, existierten im späten 15. Jahrhundert hinsichtlich der Zunftaufnahme noch keine Vorgaben bezüglich Mindestlehrzeit und Vorweisung eines Meisterstücks; vielmehr reichte die Begutachtung des Kandidaten durch zwei Meister aus. Schärfere Aufnahmebedingungen wurden Mitte des 16. Jahrhunderts für zwei der Bauhandwerke eingeführt, nämlich im Jahr 1548 für die SteinmetzeOrganisation : und die TischmacherOrganisation : (QZZG, Bd. 1, S. 261-263, Nr. 357; 358).

Zu vorliegenden Ordnung vgl. Strolz 1970, S. 113; zum ZürcherLieu : Baugewerbe vgl. Guex 1986; Strolz 1970; zur Lohnentwicklung der unselbständig tätigen Bauhandwerker im 15. und 16. Jahrhundert vgl. Schulz 1987, S. 327-343; zur Verköstigung als Teil der Entlohnung vgl. Rippmann 1996.

Texte édité


Unser herren burgermeister, raͧt und zunftmeister der statt ZürichLieu : Organisation : haben
gemeiner statt zuͦ guͦt, damit die inn buw und wesen dester baß enthalten werden
moge, diß nach geschriben ordnung und satzung der zimerlütenOrganisation : und murerOrganisation :
handtwerchs halb geordnot und gesetzt. Also das all die, so der selben zunft und
hantwerchs sind oder hinfür jemer werden, soͤlich ordnung und satzung
vestenklich zuͦ halten, mit uf gehepten vingern und gelerten worten
schweren und niemans hinfür soͤlich ir zunft und hantwerch lihen soͤllen,
er habe dann soͤlichs also geschworn.

Item des ersten welicher der obgenanten beider hantwerchen ir zunft
annemen wil, das der vorher von zweyenQuantité : 2 guͦten meistern desselben
handtwerchs, so darzuͦ verordnot werden, sines hantwerchs bewart
werden sol, also das die selben beid by iren eiden bezügen und sagen
mogen, das er soͤlichs handtwerchs wirdig und das so wol konne, das
ein jeder daran mit im versorget sye und im die zunft billich gelichen
werden. Anders sol hinfür keinem mer die zunft gelichen werden.

Item von der loͤnen wegen zimerlütenOrganisation : handtwerchs sol es gelten von
sant PetersPersonne : tag kathedraDate : 22. février biß zuͦ sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre:

Item einem meister, der das werck fürt und sinen züg darlicht, des
tagsPériode : 1 jour iij Unité monétaire : 3 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Item einem meister, der die zunft haͧt und in knechts wiß wercket,
iij Unité monétaire : 3 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Item einem meisterknecht iij Unité monétaire : 3 sous/sols .

Item einem lerknecht iiɉ Unité monétaire : 2.5 sous/sols .

Item von sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre widerumb byß zuͦ sant PetersPersonne : tagDate : 22. février, obgenannt:

Einem meister, so die zunft haͧt, ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Einem meisterknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Einem lerknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols .
[p. 2]Saut de page

Item von der loͤnen wegen der tischmacherOrganisation : sol es gelten von sant PetersPersonne :
tag
Date : 22. février
, obgenannt, biß zuͦ sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre:

Item einem meister, der das werck fürt und sin züg darlicht, des tagsPériode : 1 jour
iiij Unité monétaire : 4 sous/sols .

Einem meisterknecht iij []Omission, complété(e) par analogieaUnité monétaire : 3 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Einem lerknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Item von sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre widerumb byß sant PetersPersonne : tagDate : 22. février, obgenant:

Einem meister, der die zunft haͧt, iij Unité monétaire : 3 sous/sols .

Einem meisterknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Einem lerknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

So dann von der loͤnen wegen murer handtwerchsOrganisation : , und deren, so zuͦ
irem handwerch gehoͤren, sol es gelten von dem eigemelten
sant PetersPersonne : tagDate : 22. février biß zuͦ sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre:

Item einem meister, so das werck fürt, des tagsPériode : 1 jour, iij Unité monétaire : 3 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Item einem meisterknecht iij Unité monétaire : 3 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Item einem lerknecht iiɉ Unité monétaire : 2.5 sous/sols .

Item einem pflasterknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Item von sant GallenPersonne : tagDate : 16. octobre widerumb byß zuͦ sant PetersPersonne : tagDate : 22. février obgenant:

Einem meister iij Unité monétaire : 3 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Einem meisterknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .

Einem lerknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols .

Einem pflasterknecht ij Unité monétaire : 2 sous/sols iiij ₰Unité monétaire : 4 deniers .

Die obgenanten handtwerchs lüt beyder handtwerchs soͤllent über
jar on alle verhindrung an das werck gan am morgenPériode : le matin fruͤ, so
man im MünsterLieu : und zuͦ Sant PeterLieu : zuͦ betten lütetHeure : 21:001 und zuͦ
nachtPériode : le soir nit ab dem werch gan biß man aber zuͦ betten lütet an den
selben enden.
[p. 3]Saut de page

Item den selben handtwerchs lüten beyder handtwerch sol man von
sant JoͤrgenPersonne : tagDate : 23. avril bißCorrection par-dessus, remplace : sb zuͦ sant FrenenPersonne : tagDate : 1. septembre des tags zuͦ viermalenQuantité : 4 essen
geben und von sant FrenenPersonne : tagDate : 1. septembre widerumb biß zuͦ sant JoͤrgenPersonne :
tag
Date : 23. avril
des tags zuͦ dryenQuantité : 3 malen. Und zuͦ soͤlicher malen soͤllen sy
sich von einem benuͤgen spiß und win, als ein byderman das gehaben
und erliden mag und nebent soͤlichen malen sol man inen kein win
geben und syCorrection par-dessus, c oͧch nieman me noch anders dann wie obstat an
vordern oder begerent durch sich nach ander, sunder sich an lon, spiß und
tranck benuͤgen, wie abgeschriben staͧt, on all widerred.

Item all ander tagnower soͤllen glicher wiß an das werck und darab
gan, oͧch sich an essen und trincken benuͤgen lassen, wie obstat, und
sol man inn zuͦ lon geben von sant PetersPersonne : tagDate : 22. février, obgenant, biß zuͦ sant
GallenPersonne : tag
Date : 16. octobre
des tags iij Unité monétaire : 3 sous/sols .

Item von sant GallenPersonne : t[ag]Endommagé par la restauration, complété(e) par analogiedDate : 16. octobre widerumb biß sant PetersPersonne : tagDate : 22. février vorgemelt
des tags ij Unité monétaire : 2 sous/sols viij ₰Unité monétaire : 8 deniers .
[p. 4]Saut de page
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :]
Bestimmter tax der zimmberlüthenOrganisation : und
muhrerenOrganisation : taglohns halben.

Annotations

  1. Omission, complété(e) par analogie.
  2. Correction par-dessus, remplace : s.
  3. Correction par-dessus, .
  4. Endommagé par la restauration, complété(e) par analogie.
  1. Der erwähnte Glockenschlag ertönte um neun Uhr abendsHeure : 21:00, vgl. StAZH A 81.1, Nr. 6 sowie Casanova 2007, S. 185 und Sutter 2001, S. 181.