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SSRQ ZH NF I/1/3 190-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 190-1

Licence : CC BY-NC-SA

Verordnung der Stadt Zürich betreffend Zollfreiheit und Beschau von Baumwolltüchern

1553.

Obwohl in zahlreichen Zollordnungen festgelegt wird, dass auf Baumwolltücher Zoll und Ungeld entrichtet werden müsse, ist davon bisher nicht Gebrauch gemacht worden. Im Folgenden wird verordnet, dass dies bis auf Weiteres so bleiben und alle Baumwollprodukte frei von Zoll und Ungeld sein sollen. Dies geschieht zur Förderung des Baumwollgewerbes, das sich zurzeit im Aufschwung befindet und vielen armen Menschen in Stadt und Land einen Verdienst ermöglicht. Eine Einführung des Zolls in Zukunft bleibt vorbehalten, sofern dieses Gewerbe weiterhin wächst. Überdies wird verordnet, dass keine Beschau der Baumwolltücher eingeführt werden soll und der Einsatz der Appreturkugeln, die man zum Trocknen der Stoffe benötigt, weiterhin erlaubt bleibt.

Während in ZürichLieu : bereits im 15. Jahrhundert eine kleinere Produktion von «tüchli» (groben Baumwolltuchen) existierte, setzte ab der Mitte des 16. Jahrhunderts ein erster bedeutender protoindustrieller Wachstumsschub ein, der durch die Ankunft oberitalienischerLieu : Glaubensflüchtlinge zusätzlich gefördert wurde. Im Zentrum dieser frühen Phase standen dabei neben Baumwollstoffen unter anderem auch Mischgewebe aus Leinwand und Baumwolle (Barchent, Bombasin), grobe Leinwand (Zwilch), Seidengarn sowie leichte Wolltuche (Burat).

An der vorliegenden Ordnung lassen sich erste Anzeichen für diese Entwicklung ablesen. Namentlich die darin vorgenommene Freistellung des Baumwollgewerbes von der Schau bedeutete eine weitgehende Entkoppelung von zünftischen Strukturen, was es auch Frauen ermöglichte, in diesem Bereich wirtschaftlich tätig zu werden. Gleichzeitig zeigt sie auch das Interesse der Obrigkeit an einer Entschärfung der Armut auf der Landschaft durch den Aufschwung des Textilgewerbes.

Zur vorliegenden Ordnung im Kontext des protoindustriellen Wachstums des ZürchersLieu : Textilgewerbes vgl. Pfister 1992, S. 37-58; Hüssy 1946a, S. 99-100; zu den oberitalienischen Glaubensflüchtlingen vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 194-1; zum armenpolitischen Interesse der Obrigkeit am Textilgewerbe vgl. Bächtold 1982, S. 273.

Texte édité

Betrëffennd den tüchly gwerb

Zoll

Wiewol man inn etlichenn allten unnd nüwenn rödlenn finndt, das man von tüchlinnen zoll unnd unngellt gëbenn sölle,1 so ist doch by mënntschen gedechtnuss davonn nie nüt gefordert nach genommen und dess zuͦ anzeigunng inn etliche büchli, das söllicher zoll nachglassenn syge, gesetzt worden.
Diewyl nun der gwerb mit den tüchlinenn wider im ufganng ist, dardurch sich vyl armer lüthenn inn statt unnd uff dem lannd ussbrinngen unnd erbessern mögen unnd das gellt inn das lannd kompt, so wellenn min herrenn, den iren zuͦ nutz unnd guͦtem, den obgangezeigtenn zoll von tüchlinnen nachmaln inn ruͦwen lassen anstan unnd desshalb nieman nützit abnemmen.
Es möchte sich aber diser gwerb unnd hanndlen dermassenn meeren unnd bessern, gedacht min herrenn wurdint den zoll wider vordern unnd inziechenn, darinn sy ir hannd inënn offenn behalltenn haben wellenn.

a2

[fol. 21r]Saut de page

Beschow

Von wëgenn einer geschow der tüchlinen ist by denënn, so den hanndel gebruchenn unnd dess verstënndig sinnd, nachfrag gehept, die der kuglenn, damit man die thüchli thröchnënn muͦss unnd annderër dinngen halb, sovil bericht unnd bescheidts gëbennd, das min herrenn dheinn schow nach prob uff die tüchli setzenn nach die kuglenn abstellenn wellennd, sonndern soll unnd mag ein jede personn, es syge wyb oder man, dermassenn guͦte unnd subere arbeit machenn, wie sy gethruwen dess am bestenn abzekommen unnd zuͦgeniessen.

Actum mitwuchs, den 18. jannuarii anno etcAbréviation 1553Date : 18.01.1553, presentibusÀ l’original : pnt her burgermeister LaffaterPersonne : unnd beid räthOrganisation : .

Annotations

  1. Ajout au-dessous de la ligne d’une main plus récente : Was die frömbden von tuͤchlinen ze zoll schuldig, besich hienach das 50te blat.
  1. Für die Zollpflichtigkeit von Baumwollwaren vgl. exemplarisch die Kaufhausordnung des Jahres 1508, StAZH A 58.1, Nr. 15, S. 20.
  2. Auf der erwähnten Seite findet sich eine Zollordnung vom 2. Januar 1600.