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SSRQ ZH NF I/1/3 112-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), par Michael Schaffner

Citation : SSRQ ZH NF I/1/3 112-1

Licence : CC BY-NC-SA

Zeugenaussagen im Hexenprozess gegen Anna Meister und ihre Schwester Elsa Meier von Benken

1520.

Der Untervogt zu Marthalen hat auf Befehl des Landvogts von Kyburg in Benken eine Untersuchung gegen Anna Meister und ihre Schwester Elsa Meier durchgeführt und dabei mehrere namentlich genannte Zeugen einvernommen. Diesen zufolge hätten die beiden Schwestern durch Zauberei Menschen und Tiere geschädigt und ein Unwetter herbeigeführt. Die beiden Angeklagten werden aufgrund der Zeugenaussagen verhaftet und nach Leistung der Urfehde wieder freigelassen, da sie kein Geständnis ablegen. Zu den Handlungen eines Bauern von Dachsenhausen werden weitere Zeugen einvernommen.

  • Cote : StAZH A 27.159, Nr. 9
  • Date : 1520
  • Tradition : Aufzeichnung (2 Doppelblätter)
  • Support d’écriture : Papier
  • Dimensions l × h (cm) : 21.5 × 32.0
  • Langue : allemand

Die in der vorliegenden Aufzeichnung versammelten Zeugenaussagen beinhalten einige der für das spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Hexenkonzept typischen Komponenten. Dabei laufen im vorliegenden Fall letztlich alle Berichte auf verschiedene Formen des Schadenzaubers hinaus (Schädigung von Vieh und Menschen sowie Wetterzauber). Nirgends explizit festmachen lässt sich jedoch der Vorwurf des Teufelspakts, der für gewöhnlich als notwendige Bedingung für die Hexerei angesehen wurde. Vielleicht liegt darin auch einer der Gründe dafür, dass die durch den Vogt von KyburgLieu : geführte Untersuchung in diesem Fall ohne eine Verurteilung endete. Im selben Jahr wurden jedoch zwei andere angeklagte Frauen wegen angeblicher Hexerei hingerichtet (Sigg, Hexenprozesse, S. 18-22). Eine solche Häufung hatte es seit dem erstmaligen Auftauchen der Hexenprozesse im ZürcherLieu : Herrschaftsgebiet in den 1480er Jahren noch nicht gegeben.

Für weitere Angaben zu den Hexenprozessen im Herrschaftsgebiet der Stadt ZürichLieu : vgl. das Todesurteil gegen Verena DienerPersonne : von PfäffikonLieu : (SSRQ ZH NF I/1/3 129-1). Zur chronologischen Verteilung der ZürcherLieu : Fälle vgl. Sigg, Hexenprozesse, S. 13-14; für einen Überblick über die klassischen Komponenten des Hexereivorwurfs vgl. HLS, Hexenwesen.

Texte édité

Kuntschafft über Anna MeysterinPersonne : unnd ir schwoster ElsaPersonne : zuͦ BennckenLieu : etcAbréviation, anno etcAbréviation xxtoDate : 01.01.1520 – 31.12.1520

Andy WypfPersonne : , unnder vogt zuͦ MarttellenLieu : , dicitÀ l’original : d, das er uß bevelch unnd heyssens mins her von KyburgsLieu : in bysin Heini StrassersPersonne : , Bernart MeystersPersonne : , Hanns AlbrechtsPersonne : , Hanns StrassersPersonne : , Hanns MitlersPersonne : , ouch Üli AbitzPersonne : , Hannsen SchmitzPersonne : unnd Clawy StrassersPersonne : , all von BennckenLieu : , von disen nachbenempten personnen über Anna MeysterinPersonne : unnd ir schwöster Elsa MeyerinPersonne : by irn geschwornen eyden kuntschafft ingenomen habent.

Des erstan Urßla BrülmeyerinPersonne : unnd Elsa KellerinPersonne : beid ein muntlich gesagt, wie dz sy uff ein zit zu BennckenLieu : dz dorff nider fur Anna MeysterinPersonne : hus a gangen syend unnd da gesächen einen hasen uß irm kuͦ stal löffen unnd werind zwennQuantité : 2 hünd, ongeverd, by inen. Sie wöltind dem hasen nu̍tz thuͦn unnd im nit nach loffen. Dem nach lüffe der haß wider in den stal unnd als sy luͦgen wöltind, wo der haß hin komen were, kämi die genant Anna MeysterinPersonne : zuͦ ir hußtüren uß, glich als ob sy in stal gen melchen woͤlti. Do gienngind die beid frowen ir straß hin weg.

Hanns MitlerPersonne : von BennckenLieu : dicitÀ l’original : d, er habe uff b fritag vorm hellgen pfingsttagDate : des fêtes sans date fixe in sinen wingarten wollen gan unnd als er vom dorff BennckenLieu : die gassen uß, giennge Anna MeysterinPersonne : mit sampt etlichen anndern wibern vor im hin. Unnd als sy schier zu sinem wingarten käminndt, sumpte sich die genempt Anna MeysterinPersonne : , darmit die andern frowen von iro käminndt unnd sunderti sich also von inen unnd stündi also by eim gar tiken [p. 2]Saut de page zun still unnd luͦgotti dar in. Unnd so er iro nach unnd zuͦ iro zum zun käme, fragti er sy, was sy da tätti. Sëitti sy, die Anna MeysterinPersonne : , sy meinti, sy hetti einen imbd im hag gehörtt. Do luͦgotti unnd losotti er ouch. Er könndi aber des glichen nütz weder sächen nach hören unnd seitti ouch zuͦ iro, er säche nach hortte da kein imbd unnd giennge darmit von iro gegen sim wingarten. Unnd als aber im die sach nutz wält gefallen, luͦgatti er ümermeder hinder sich, was sy doch anfachen wölti. Do sachy er, c dz sy durch den ticken hag schluffe, da er nit d konnen nach mögen durchhin schlüffen. Unnd die giennige dem nach die selb Anna MeysterinÀ l’original : MPersonne : die brach zelg nider gegen RinowLieu : unnd were aber ir schwöster Elsa MeyerinPersonne : desselben morgensPériode : le matin sinem sun an der straß gegen RinowLieu : e bekomen unnd da hin abgangen, der sich ouch etwas ab ir verwundert hetti. Dem nach syend beid schwöstern uff der brach zelg zuͦ samen komen, dz habind die ackerlüt, so da gebuwen, gesächen, von dennen ers gehört, dz sy ein guͦtte wil also by ein f ander stünden. Unnd dem nach kame ein groß ungestu̍m watter, dz niemandt meint sycher sin.

[Note dans la marge de gauche :] In der kirchen gsin.

Uff dz gytt Elß MeyerinPersonne : zuͦ antwurt, dz sy zuͦ RinowLieu : gsin im gotz hus by der KemerlinginPersonne : unnd were gern für miner heren gsin, do were er nit müssyg. Und als er müssyg wurde, kome sy für in und bätti in umb ij müt kernMesure de volume : 2 muid épeautre . Die verseitti er iro. Unnd sye söllichs baschechen uff sambstag vorm pfingst abentDate : des fêtes sans date fixe uff dz einHeure : 13:00.

[p. 3]Saut de page

Heini StrasserPersonne : , der ouch einer gsin ist, so dem unnder vogt disse kuntschafft, wie har nach stat, gehulffen hatt innemen, seitt, das sin sun, Hanns StrasserPersonne : , geseit habe, glich wie Hanns MittlerPersonne : ob darvon hat geseitt. Unnd sollichs hetti er, der selb sin sun, ouch gesechen unnd gehört etcAbréviation.

So dann hetti Ülrich AlbrechtPersonne : geseitt, als er dennocht den KelnhoffLieu : innhetti, käme ein landfarer zu im unnd der were by im über nacht unnd der seitti im, wie im vil vichs abgiennge g als ku, roß, schwinn unnd anders unnd ob inn nit wunder nem, von wem ers hetti. Do h hetti Ulrich AlbrechtPersonne : zum landtfarer geseitt: «Wett den tu̍ffel, wer hatt dir geseitt, was Endommagé par coulure d’encrei vichsAjout dans la marge de gauchej mir abgangen ist?», unnd er were doch nie me hie gsin. Do hetti der selb landfarer geseit, wenn er hand vest wölti sin, so wölti er dz mentsch, so im ein sollichen schaden zuͦgefügt hetti, zuͦ inen in die stuben bringen. Do seitti er ja. Do hiesse der landtfarer inn, den genanten AlbrechtPersonne : , er sölti dz huß unnd alle türen wol versperen unnd Passage cancellé avec perte de texte (1 mot)k zuͦ thuͦn. Dz tätti er unnd giennge dem nach wider in die l stuben. Do zündti der landfarer ein gewicher kertzen an, nit wüste er, was er mit tätti. In sollichem kame Anna MeysterinPersonne : zuͦ inen durch beschlossen thuren in die m stuben unnd fragti sy, was sy da tätten. Do spötzatti der landfarer ab iro, do giennge sy wider hin weg uß der stuben.

[p. 4]Saut de page

So habe Urßla RugerinPersonne : geseitt, n als sy unnd ir man den KelnhoffLieu : ingehept, wurde inen ein roß lam. Unnd unnder stünde sich einer, dz roß zuͦ artznen. Unnd der selb seitti zuͦ irm man, wenn er im selbs züchen unnd thun wälti, wz er inn hiesse, so muͦste die komen, so im dz roß gelempt hetti, er mu̍ste aber bim roß über nachtPériode : la nuit im stal lyggen. Do seitti ir man, er wüste im selbs nit zuͦ züchen. Wenn sy käme, so wurde er villicht thun, dz inn geruwe. Unnd leitti aber zwennQuantité : 2 knecht zum roß in den stal. Unnd als es nachtPériode : la nuit wurde, käme die Anna MeysterinPersonne : fürn stal unnd o were gernn unnder der stellen inhin geschloffen, dann sy den stal zugebunden hettind.

So habe Hanns RuggerPersonne : von BennckenLieu : geseit, dz im uff ein zit ein kuͦ in ein gantzen manotPériode : 1 mois kein milch wölt geben. Und als er dz den lüten seitti, wurde im gelert, er solti milch durch die aslen über die hal abhin schütten unnd mit einem stecken an die hal schlachen. p Dz tätti er. Do kami Elsa MeyerinPersonne : fur sin thür unnd were gern inhin gsin, so hetti er die thür beschlossen. Unnd stiesse vil bösser wortten uber in uß, davon sye ir nütz zuͦ wüssen.

[p. 5]Saut de page

Item Elß q KellerinPersonne : , Elsa HöltzlinPersonne : unnd Anna SchmidinPersonne : , dis drygeQuantité : 3 frowen hand all ein müntlich geseit, wie dz sy nechst uff der uffartDate : des fêtes sans date fixe zuͦ BennckenLieu : vor des SchmitzPersonne : hus by ein andern gesessen. Unnd sye Elsa MeyerinPersonne : zuͦ inen komen unnd seitti, wie dz sy uff ein zit mit Heini StrasserPersonne : were uneins gsin unnd wie Heini StrasserPersonne : meinti, sy hetti des vergessen. Sy hetti aber des noch nit vergessen unnd sy wölti im der tagen eins ein haffeli zu stellen oder zu rusten, dz er die hennd ob dem hopt müste ze samen schlachen. Da habe sy geret, dz haffeli werde im ouch noch ein mal geru̍ckt.

Unnd witter habe Elsa KellerinPersonne : geseit, wie sy ein knaben hetti unnd Elsa MeyerinPersonne : ouch einen unnd die syen uff ein zit miteinandern uff dem feld uneins worden. Unnd do hetti Elsa MeyerinPersonne : knab r zuͦ irm knaben geseitt, er wölti in wäder stossen nach schlachen, er wolti aber im wol wirsch thuͦn unnd sin muͦtter müste inn erlemen. Unnd glich als der selb ir, Elsa KellerinPersonne : , knab nachtzPériode : la nuit hem käme, wurde er von stundan an s lam, dz er wäder gan nach stan möchti. Dem nach sye die genant Elsa MeyerinPersonne : zu iro in ir hus komen unnd sy wöllen an ein wiber schenncky laden. Do seitti Elsa KellerinPersonne : zuͦ der Elß MeyerinPersonne : , sy köndi nit gan, dann sy sächy wol, wie sy so ein lams kind hetti und bätti sy durch gotz willen, dz sy im hulffe. Do giennge Elß t MeyerinPersonne : zum kind und sägnotti es unnd hyes sy es beroüken, so wurde es wider gsund. Dz tatti sy unnd morndes weri dz kind wider xund unnd frysch wievor. DatLecture incertaineu nütt.

[p. 6]Saut de page

Item so dann habe Caspar von OwPersonne : geseit, wie dz im uff ein zit wurde ein knab erlempt unnd do beschickte er den puren von TachsenhusenLieu : über inn, der segnotti inn und seitti im, wie Elsa MeyerinPersonne : im den knaben erlempti. Desglich hetti CasparPersonne : selbs geseit, dz er sust niemandt im zyg hetti dann sy, die Elß MeyerinPersonne : .

Item Trin StrasserinPersonne : , CasparsPersonne : frow, des knaben muͦter, seitt, wie dz ir der pur von TachsenhusenLieu : ein krut hetti gezeyget, den knaben darinn ze baden. Dem nach käme der pur von TachsenhusenLieu : uber ein zit wider zuͦ iro, der Trin StrasserinPersonne : , unnd seit: «Gelt, die Elß MeyerinPersonne : sye zuͦ dir komen, als du dz krut gewunen hast?» Do seitti sy, ja, sy were zu iro kan unnd sy wüste ouch wol, dz sy unnd sust nyemas gethan.

Item diß wil begert sy zuͦ kuntschafft wider den puren zuͦ TachsenhusenLieu : : Heini LöwenPersonne : von BennckenLieu : , sin muͦtter, wäber StrasserPersonne : , SchmidPersonne : , schnider RudiPersonne : von TachsenLieu : .

[p. 7]Saut de page

Die Anna MeisterinnPersonne : unnd ir schwöster Elsa MeyerinPersonne : sind uff dis kuntschafft vencklich angenommenn unnd demnach, als si nu̍dt verjächenn, uff ein urfecht widerumb ledig gelassenn.

[p. 8]Saut de page
[Note dorsale au verso par une autre main :] Uff sambstagPériode : samedi als hütt iij wuchenPériode : 3 semaines sye sy zuͦ RinowLieu : .
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :] 1520Date : 01.01.1520 – 31.12.1520
[Note dorsale au verso par une main du XVIIIe siècle :] Verhörte kundtschafften über AnnaPersonne : und ElsbethePersonne : die MeisterenOrganisation : von BenckenLieu : , wegen des hexery halben auf sie gewachßnen verdachts, 1520Date : 01.01.1520 – 31.12.1520

Annotations

  1. Suppression : stab.
  2. Suppression : ein.
  3. Suppression : sy.
  4. Suppression : hetti.
  5. Suppression : erkom.
  6. Suppression : s.
  7. Suppression : kü, roß.
  8. Suppression : seitte er, der selb.
  9. Endommagé par coulure d’encre.
  10. Ajout dans la marge de gauche.
  11. Passage cancellé avec perte de texte (1 mot).
  12. Suppression : stublen.
  13. Suppression : stud.
  14. Suppression : ab.
  15. Suppression : hetti gern.
  16. Suppression : So.
  17. Suppression : Kl.
  18. Suppression : i.
  19. Suppression : allen vieren.
  20. Suppression : meme.
  21. Lecture incertaine.