SSRQ ZH NF II/11 74-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig
Zitation: SSRQ ZH NF II/11 74-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Ratsurteil im Konflikt zwischen dem Grossmünsterstift und einigen Dorfbewohnern von Albisrieden um die dortige Zehntenpflicht
1551 Mai 11.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH C II 1, Nr. 950
- Originaldatierung: 1551 Mai 11 Überlieferung: Original
- Beschreibstoff: Pergament
- Format B × H (cm): 66.5 × 33.5 (Plica: 7.5 cm)
- 1 Siegel:
- Stadt ZürichPerson: , Wachs in Schüssel, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
- Sprache: Deutsch
-
Nachweis
- SSRQ ZH AF I/1, IX Nr. 13, S. 155, Anm. 1
Weitere Überlieferungen
- Signatur: StAZH G I 140, fol. 167r-v
- Originaldatierung: 1551 Mai 11 Überlieferung: Zeitgenössische Abschrift
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 29.5 × 43.0
- Sprache: Deutsch
- Signatur: StAZH G I 2, Nr. 77
- Originaldatierung: 1551 Mai 11 Überlieferung: Zeitgenössische Abschrift (Doppelblatt)
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 22.0 × 33.0
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Die Zehntausscheidung, auf die sich das GrossmünsterOrganisation: im vorliegenden Fall bezieht, wird hier irrtümlich auf 974 datiert. Die Datierungsangaben der Zehntausscheidung zwischen St. PeterOrt: und dem GrossmünsterOrganisation: im sogenannten Grossen Rotulus des GrossmünstersOrganisation: (StAZH C II 1, Nr. 1, Stück XIV) sind zwar widersprüchlich, sie ist aber wahrscheinlich bereits auf 946 zu datieren (UBZH, Bd. 1, Nr. 197, S. 88-90; Steiner 1998, S. 62-63). Allerdings findet sich in der deutschen Übersetzung des 16. Jahrhunderts (StAZH G I 100, S. 373-375) zur Datierung auf das 10. Regierungsjahr OttosPerson: der Zusatz des Schreibers: «Anno domini viiijc lxiiijDatum: 0964 ward küng OttoPerson: , der erst deß namens, keyser», woraus sich das Jahr 974 errechnen lässt. Der Schreiber irrte sich allerdings in mehrfacher Hinsicht: Er übersah nicht nur, dass sich die Datierung auf die Königs- statt auf die Kaiserkrönung bezieht und dass OttoPerson: I. 974 bereits verstorben war. Er täuschte sich auch im Krönungsjahr zum Kaiser: OttoPerson: wurde nicht 964, sondern 962 zum Kaiser gekrönt (HLS, Otto I. (der Grosse)).
In der Reformationszeit wurde die Zehntpflicht grundsätzlich in Frage gestellt (vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 116-1; SSRQ ZH NF I/1/3 127-1; SSRQ ZH NF I/1/3 128-1). Die Veränderungen der landwirtschaftlichen Nutzungsformen führten auch zu Unklarheiten und Konflikten wie dem vorliegenden darüber, welche Güter welchen Zehnten schuldig waren. Die Grundherren strebten daher eine möglichst offene Definition der Zehntpflicht und der damit zusammenhängenden Begriffe an (Köppel 1991, S. 382, 411-412).
Bereits am 27. November 1550 hatte das GrossmünsterOrganisation: vor dem Rat gegen Fridli HallerPerson: und Konrad WydlerPerson: geklagt, weil sie den Heuzehnten verweigern würden. HallerPerson: und WydlerPerson: argumentierten, sie und ihre Vorfahren hätten die Güter seit fünfzig Jahren inne und nie Heuzehnten bezahlt. Ein solcher sei auch noch nie von ihnen gefordert worden, was das StiftOrganisation: doch bestimmt getan hätte, wenn es das Recht dazu hätte. Der ZürcherOrt: RatOrganisation: stellte sich in diesem Fall auf die Seite von HallerPerson: und WydlerPerson: , falls das StiftOrganisation: nicht innert gesetzter Frist beweisen könne, dass in den letzten zwanzig Jahre der Heuzehnt «geng und geb» gewesen sei (StAZH G I 2, Nr. 71). Im vorliegenden, umfassenderen Konflikt konnte das GrossmünsterOrganisation: hingegen unter Verweis auf die Zehntausscheidung zwischen dem GrossmünsterOrganisation: und St. PeterOrt: glaubhaft machen, dass ihm alle Zehnten von AlbisriedenOrt: zustehen würden. Den Nichteinzug des Heuzehnten in den letzten Jahren erklärte es mit der Pflichtvergessenheit des damit beauftragen Hofmeiers. In der Folge einigten sich die Pfleger des StiftsOrganisation: und die Leute von AlbisriedenOrt: am 22. Mai 1551 darauf, dass für die nächsten zehn Jahre der Heuzehnt in Geld entrichtet werde. Was Wiese und nicht aufgebrochen sei, gehöre in den Heuzehnten; was aufgebrochen und mit Weiden gebunden sei, gehöre in den grossen Zehnten. Untervogt Hans Felix BockhornPerson: und Fridli HallerPerson: fungierten als Trager und verpflichteten sich, das Geld einzusammeln und es dem Stift zu überbringen. Zwei Nachträge besagen, dass diese Vereinbarung am 25. Mai 1561 und am 1. Juni 1571 um jeweils zehn Jahre verlängert wurde (StAZH G I 2, Nr. 78, S. 1-2). Ein Teil des Heuzehnten wurde jedoch auch dem Meierhof überlassen, mit der Begründung, dass dieser selbst nur wenig Heuwuchs hätte (StAZH G I 2, Nr. 78, S. 3). Am 13. Mai 1561 versuchten die Leute von AlbisriedenOrt: , auch diesen mit Geld abzulösen, was ihnen jedoch vom StiftOrganisation: verweigert wurde (StAZH G I 22, fol. 90v).
Das vorliegende Urteil wurde später in der Zehnten-Offnung vom 10. Juli 1580 als Beleg dafür angeführt, dass im Zehntbezirk von AlbisriedenOrt: ausschliesslich zwei Juchart Acker von Fridli HallerPerson: zehntenfrei seien (SSRQ ZH AF I/1, IX, Nr. 13, S. 152-155, dort S. 154-155).
Editionstext
Anmerkungen
- Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: Das die dorfflüt zuͦ AlbisriedenOrt: von ir erbguͤtern, wenn sy die zuͦ wysgewaͤchs richtend, den howzechenden ußstossen und ufsetzen, ouch der gstiftOrganisation: nit minder werden lassen soͤllend denn den groͤssern zehenden von andren erbuwnen früchten etcAbkürzung.↩
- Auslassung in StAZH G I 2, Nr. 77.↩
- Auslassung in StAZH G I 140, fol. 167r-v.↩
- Auslassung in StAZH G I 140, fol. 167r-v.↩
- Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: genant.↩
- Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: Hans Guldiner.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: und von denen vermeinen.↩
- Auslassung in StAZH G I 2, Nr. 77.↩
- Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: ruͤwige.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: unwiderruͤfflichen.↩
- Auslassung in StAZH G I 2, Nr. 77.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: wellen.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: haben.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: mit.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: ingtragen.↩
- Auslassung in StAZH G I 2, Nr. 77.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: nach Cristi geburt.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: GrossenOrganisation: und Frowen münsterOrganisation: by Sant PetersPerson: KilchenOrt: . Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: GrossenmünsterOrganisation: und FrowenmünsterOrganisation: oder Sant PetersPerson: KilchenOrt: .↩
- Korrektur auf Zeilenhöhe, ersetzt: e.↩
- Textvariante in StAZH G I 140, fol. 167r-v: ZürichOrt: .↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: oder andre veld.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: beschirmt ze werden.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: hinus.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: übersaͤchens.↩
- Korrigiert aus: besonnders.↩
- Korrigiert aus: synem.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; StAZH G I 140, fol. 167r-v: gewaͤsen.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77; G I 140, fol. 167r-v: den wir zuͦ urkundt mit unser stat secret insigel hant lassen bewaͤren.↩
- Textvariante in StAZH G I 2, Nr. 77: Unser gAbkürzung herren burgermeister und ratesOrganisation: urteilbrieff abgschrift, das die dorfflüt zuͦ AlbisriedenOrt: von iren erbguͤtern, wenn sy die zuͦ wyßgwaͤchs richtend, den hüwzehenden usstossen und ufstellen, ouch der gstiftOrganisation: nit minder werden lassen soͤllend, denn den grossen zehenden von andren erbuwnen früchten etcAbkürzung. Anno 1551Datum: 1551.↩
- Gemeint ist die Zehntausscheidung zwischen St. PeterOrt: und dem GrossmünsterOrganisation: von 946 im Grossen Rotulus des GrossmünstersOrganisation: (StAZH C II 1, Nr. 1, Stück XIV) beziehungsweise die deutsche Fassung im Urbar der Stiftsämter (StAZH G I 100, S. 373-375).↩
- Dieser Vermerk bezieht sich auf die Abschrift im Stiftsprotokoll von Hans Jakob FriesPerson: (StAZH G I 30, S. 690-694).↩
Regest